VFSN-Aktion auf dem Bundesplatz: Eine Nacht ohne Angst! (VFSN)

Publiziert von VFSNinfo am

Bern, 21.06.2006

Seit 16:57 Uhr versuchen Südanfluggegner in einer Blitzaktion auf dem Bundesplatz ein Camp zu errichten.

Sie bitten um Asyl, um endlich, nach 966 Nächten, einmal eine Nacht lang ohne Angst schlafen zu können. Seit dem 30.Oktober 2003 erleben sie jeden Morgen um 6 Uhr die Bedrohung der landenden Interkontinentalmaschinen im Tiefflug über ihren Hausdächern.

Im Gespräch am Lagerfeuer möchten sie auf ihre Probleme aufmerksam machen. Sicherheitsprobleme, Rechtsverweigerung und der gekröpfte Nordanflug als sinnvolle Alternative zu den Südanflügen und den zusätzlichen Ostanflügen werden thematisiert.

Pressemitteilung VFSN

16:59 Uhr: Das gelbe Zelt steht. Einer kleinen Gruppe von Südanfluggegnern in "Zivil" gelang es das Zelt sowie erste Bänke und Tische blitzschnell und unbemerkt aufzustellen.

17:01 Uhr: Die Schneiser marschieren auf. In Gelb.

17:10 Uhr: Alles ist eingerichtet. Auch die Schneiserfahne ist gehisst. Die Aktion ist bis jetzt perfekt gelungen!

17:21: Die mobile Kochstelle läuft bereits auf Hochtouren. Menü: Schneiserrisotto.

18:15 Uhr: Diverse Parlamentarier sind unserer Einladung zum Risotto-Essen gefolgt
.

20:50 Uhr: Sie sind immer noch da.

Auch die Farbe der Strassentafel wurde dem Event angepasst. Waren das die Schneiser?

22:00 Uhr. Ende der Aktion. Leider wurden die Südanflugegner aufgefordert bis um 22 Uhr den Platz zu verlassen. Der Rechtsstaat wird absolut kleinlich durchgesetzt. Sie durften auch nach 996 Tagen keine Nacht ohne Angst verbringen. Sie fordern alle Politiker auf, den Rechtsstaat mit derselben Konsequenz auch in der Südschneise durchzusetzen!



siehe auch:
Südanfluggegner landen auf dem Bundesplatz (ZOL)
Das sagen unsere Mitglieder zur Aktion auf dem Bundesplatz (VFSN)


Pressemitteilung VFSN:

In der südlichen Anflugschneise auf den Flughafen Kloten werden wir seit dem 30. Oktober 2003  jeden Tag von Tieffliegern bedroht - wir haben Angst!
Wir leiden seit 966 Tagen. Deshalb wollen wir auf dem Bundesplatz wenigstens eine Nacht ohne Angst verbringen.
Wir suchen den Dialog und werben um Verständnis für unsere Anliegen.
Wir sind machtlos gegen die Willkür des Staates.


Die Statistik zeigt auf, dass 60% der Flugzeugabstürze  beim Landeanflug erfolgen  und dies auf den letzten 6 Kilometern vor dem Pistenanfang. Bei den Südanflügen liegen in dieser Zone u.a. die dicht besiedelten Wohnquartiere von Schwamendingen. Das kinderreichste Quartier der Stadt Zürich mit 28\'000 Einwohnern wird in 200 - 250  Metern über Boden überflogen. Die Menschen erleben die Jets im Tiefflug als tägliche Bedrohung - sie haben Angst.

Die Südanflüge wurden am 23. Juni 2003 vom BAZL genehmigt. Der Sicherheitsbericht (Safety Case Document) lag aber erst am 8. Oktober 2003 vor. Darin wurden 13 Risiken als unakzeptabel, 11 als tolerierbar und 10 als akzeptabel eingestuft. Am 23. Oktober 2003 teilte das BAZL mit, dass die Südanflüge sicher durchführbar seien, wenn drei Dutzend flankierende Massnahmen getroffen werden. Am 30. Oktober 2003 fanden die ersten Südanflüge statt.

Generell kann festgestellt werden, dass für den Südanflug diverse Sicherheitslimiten auf das gerade noch zulässige Minimum reduziert wurden. Damit  werden die Vorschriften eingehalten, aber der Bevölkerung am Boden macht es Angst, wenn sie weiss, dass der kleinste Piloten- oder Fluglotsenfehler zu einem „kontrollierten Flug in den Boden“ (CFIT accident) führen kann.

Laut Statistik ist einmal alle zehn Jahre mit einem Absturz im der Nähe des Flughafen Kloten zu rechnen. Ein Absturz in das dicht besiedelte Gebiet im Süden von Zürich, mit katastrophalen Auswirkungen für die Bevölkerung wird sich früher oder später ereignen - es ist nur eine Frage der Zeit.
Wie bei einem Raser, ist im Falle der Südanfluge ein „eventual vorsätzlicher Tatbestand“ gegeben. 

Seit dem 30. Oktober 2003 wird die ganze Pfannenstielregion und Teile der Agglomeration Zürich mit über 200\'000 Menschen jeden Tag ab 6 Uhr in Angst und Schrecken versetzt. Die Flugzeuge befinden sich zum Teil nur 200 Meter über den Dächern der Wohnhäuser. An einen ruhigen und stressfreien Schlaf, geschweige denn an  Ausschlafen ist dann nicht mehr zu denken. Bei schlechter Sicht oder Biesenlagen wird zudem auch nachts bis 0.30 Uhr von Süden angeflogen. Für mehr als 200\'000 Menschen bleiben dann nur fünfeinhalb Stunden Schlaf, in denen sie keine Angst haben müssen - für Kinder eine Katastrophe und auch für Erwachsene eine unzumutbare Situation.

Südanflüge wurden im Oktober 2003 handstreichartig per Notrecht eingeführt, da eine rechtliche Grundlage fehlte. Allfälligen Beschwerden wurden zum vornherein jede aufschiebende Wirkung entzogen. Bis heute hielt man es nicht für nötig über Tausende von hängigen Beschwerden gerichtlich zu entscheiden. Was wir hier erleben ist Rechtsverweigerung mit System. In der Zwischenzeit wurde ein 30 Millionen teures Instrumentenlandesystem gebaut - für Landeanflüge deren Rechtmässigkeit  nicht entschieden ist.
 
Die Begründung, mit der 2003 Notrecht angewandt und die Südanflüge eingeführt wurden, ist inzwischen hinfällig. Es gibt alternative Anflugmöglichkeiten.
Der gekröpfte Nordanflug über Schweizer Gebiet ist flugtechnisch kein Problem - wie auch das BAZL einräumt. Er verletzt keine internationalen Bestimmungen.
Er würde sehr viel weniger Menschen und diese mit viel weniger Fluglärm belasten als die Süd- und zusätzlichen Ostanflüge. Der Endanflug erfolgt von Norden, wo die letzten 6 Kilometer über kaum bewohntes Gebiet führen. Der gekröpfte Nordanflug kann nicht nur die Südanflüge, sondern auch die Ostanflüge während der deutschen Sperrzeiten ersetzen. Deshalb verlangen heute nicht nur der Kanton Zürich, sondern auch die Kantone Thurgau und St. Gallen dessen rasche Einführung.

Der Einführung des gekröpften Nordanfluges stehen einzig politische Motive im Weg.
Wir fordern etwas Mut und Taten statt Worte von unseren Behörden!



Kloten am Gotthard?

Wir brauchen nicht nur den Alpenschutz, auch die Bevölkerung rund um den Flughafen braucht Schutz vor einer uferlosen Zunahme und Ausdehnung der Immissionen.

Wie würden die Urner und Tessiner Bevölkerung wohl reagieren, wenn eine private Firma, die ihren Profit mit Tunnelgebühren erwirtschaftet drei neue Röhren am Gotthard forderte?  Gestützt auf zweifelhafte Gutachten würde der Bedürfnisnachweis für einen solchen Ausbau erbracht. Dass der Schwerverkehr für die Schweizer Wirtschaft wichtig ist, wird niemand anzweifeln, und Arbeitsplätze würden auch geschaffen. Deshalb würden die Behörden den Ausbau unterstützen und jede Begrenzung als wirtschaftsfeindlich ablehnen. Neue Zufahrtswege würden durch bisher schwerverkehrsfreie Regionen gebaut - per Notrecht. Die Bevölkerung wäre machtlos, denn ihren Beschwerden würde keine aufschiebende Wirkung gewährt. Erst nach der Fertigstellung der neuen Autobahnen würde ein Gericht über deren Rechtmässigkeit entscheiden - genau so ist es geschehen in der Zürcher Flughafenregion.

Tatsache ist, dass niemand glaubt, dass der Verkehr am Gotthard  unbeschränkt wachsen  kann und soll. Die Schweiz unternimmt gewaltige Anstrengungen um den Schwerverkehr auf der Strasse zum Wohl der Bevölkerung zu reduzieren. Warum sollen für den Luftverkehr andere Gesetze gelten? Wir brauchen Schwerverkehr und wir brauchen Luftverkehr, beide sind wichtig für die Wirtschaft, an beiden hängen Arbeitsplätze, beide verursachen Immissionen und belasten die Bevölkerung. Mit der Alpenschutzinitiative hat das Schweizer Volk seinen Willen bekundet die Umwelt vor diesen Immissionen zu schützen. Auch die Bevölkerung rund um den Flughafen braucht Schutz vor einer uferlosen Zunahme und Ausdehnung der Immissionen.

Pressemitteilung als PDF (48 kB)