«Wir müssen am gleichen Strick ziehen» (ZOL)

Publiziert von VFSNinfo am
Dübendorf - Der Gesamtstadtrat informierte die Bevölkerung über die Südanflüge

Der Dübendorfer Stadtrat hat der Bevölkerung von Gockhausen, Geeren und Stettbach eine Information zur Südanflugsituation versprochen. Rund 100 Personen folgten der Einladung.

Die letzte öffentliche Information des Stadtrates Dübendorf zur Situation um die Südanflüge fand am 22. Juni 2005 statt. Damals wurde der Bevölkerung das Resultat der Befragung durch das Institut Oliva vorgestellt. Gleichzeitig wurden an diesem Anlass Unstimmigkeiten innerhalb des Stadtrates publik. Dass es zu den Unstimmigkeiten gekommen sei, beruhe darauf, dass der Stadtrat noch nicht über den Bericht Oliva beraten hätte und so keine konsolidierte Stellungnahme möglich war. Am heissen Sommerabend vom 22. Juni war die Diskussion sehr emotional, so wurden einzelne Voten mit Pfiffen und Buhrufen quittiert.

Sachlich kühle Stimmung

Nicht so der Anlass vom vergangenen Dienstagabend in der Turnhalle. Die Stimmung im Raum hat sich anscheinend der Wetterlage angepasst und blieb mehrheitlich kühl und sachlich. Dazu beigetragen hat sicherlich der kompakte Auftritt des komplett anwesenden Stadtrats.

Seit dem 30. Oktober 2003 werden die Gemeinden südlich des Flughafens Zürich-Kloten täglich um 6 Uhr durch Passagierflugzeuge geweckt. Eine Massnahme, die vom Bund unter Notrecht bewilligt wurde, da sich Deutschland weigerte, weitere Anflüge aus der Nordausrichtung über ihrem Gebiet zu tragen. Der Kampf gegen die Südanflüge, die hei schlechtem Wetter auch abends durchgeführt werden, wird auf allen möglichen Ebenen vorangetrieben.

Auf politischer Ebene steht natürlich die Exekutive Dübendorfs in der Pflicht. Als Vorsteher des Gremiums begrüsste der Stadtpräsident Heinz Jauch die Anwesenden.
«Die illegalen - und ich betone - illegalen Südanflüge müssen wieder verschwinden und der Wide-Left-Turn darf nicht eingeführt werden», eröffnete Jauch sein Referat. Dies sei die klare und einheitliche Haltung des Stadtrats und im Positionspapier vom 14. November 2002 festgehalten. Zudem erklärte Jauch, dass die Stadt Dübendorf in der Task Force Fluglärm UFF) und im Fluglärmforum Süd vertreten sei. Kernaussagen des Stadtrates, die deckungsgleich sind mit denjenigen des Fluglärmforums und der TFF sind:

  • ein Betriebsreglement für den Flughafen, das ohne Südanflüge und Wide-Left-Turn auskommt;
  • schnellstmögliche Einführung des gekröpften Nordanflugs;
  • eine Plafonierung der Flugbewegungen auf dem Flughafen Kloten bei 320000;
  • keine Pistenverlängerung;
  • eine garantierte Nachtruhe von 22 bis 7 Uhr.

Anderer Meinung ist die so genannte Plafonierungsinitiative, die die Flugbewegungen auf 250000 festsetzen will. Ebenso zielt der Gegenvorschlag des Regierungsrates in eine andere Richtung. Dieser will die Zahl der «durch Fluglärm stark gestörten Personen» verringern. Die Ausführungen des regierungsrätlichen Gegenvorschlags wurden von den Einwohnerinnen und Einwohnern von Geeren, Gockhausen und Stettbach mit Murren quittiert. Auch der Stadtrat zeigt sich nicht vollends von dieser Lösung überzeugt: «Skepsis ist angebracht», sagte Jauch. Stossend an beiden Vorschlägen sei, dass sie keine Lösung in der Südanflugproblematik bringen.

Erleichtertes Bauen

«Ich musste mein Referat kurzfristig abändern», erklärte Lothar Ziörjen, da am Tag der Veranstaltung in einer Pressemitteilung vom Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) die Spielregeln geändert wurden. Bislang war Gockhausen in einem Gebiet, dessen Bauprojekte dem Kanton vorgelegt werden mussten. «Seit heute müssten diese Auflagen nicht mehr befolgt werden», erklärte Ziörjen.

Gutachten Oliva wird eingesetzt

Rita Bernoulli erklärte wie schon am 22. Juni, die Eckdaten des Gutachtens. das vom Büro Carl Oliva aufgrund einer Bevölkerungsbefragung erstellt worden war. Als Resultat wurde festgestellt, dass die subjektiv wahrgenommene Belastung durch Fluglärm bei der Bevölkerung bei 63,3 Dezibel über die Dauer von 16 Stunden (Leg16) liegt. Weiter habe der Stadtrat das Gutachten dem Bazl, der Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Zürich, dem Bundesamt für Umwelt (Bafu; ehemals Buwal) und dem TFF eingereicht. Als Kulminationspunkt bezeichnete Bernoulli die Einbringung der Studie im SIL-Koordinationsprozess.

Noch keine Lärmbelastungswerte

Ziörjen wiederum wies darauf hin, dass noch keine Lärmbelastungswerte pro Grundstück vorlägen. «Wenn der Belastungswert aus der Studie Oliva angewendet wird, haben wir mit dem Baurecht ein Problem», meinte Ziörjen. Dann könnten zwar Neubauten nach den verschärften Richtlinien erstellt werden. Aber Sanierungen oder Renovationen wären kaum möglich.

Ein ähnliches Bild zeichnete Finanzvorstand Martin Bäumle. Die Stadt plane, eine «vorsorgliche Entschädigungsforderung für Liegenschaften» einzureichen. Es sei möglich, für eine vor-übergehende Störung Entschädigungsforderungen zu stellen. Da Entschädigungsforderungen innerhalb von fünf Jahren verjähren, sei es jetzt angebracht, eine Unterbrechung der Frist zu beantragen. Die Stadt Dübendorf stellt hiezu auf ihrer Internetseite die nötigen Formulare zur Verfügung.

Kein Rechtsmittel gegen SIL

Im Anschluss an die Referate konnten Fragen gestellt werden. So wollte jemand wissen, ob bei der Studie Oliva nur die Morgenanflüge oder auch die vermehrt auftretenden Abendanflüge einberechnet wurden. Rita Bernoulli er-klärte, dass nur die Morgenanflüge in die Studie einbezogen wurden.

Der Gockhauser Konrad Tönz fand, dass die Südanflüge nicht mehr wegzubringen seien. «Der Stadtrat sollte sich darauf konzentrieren, dass es nicht schlimmer wird», malte er schwarz. Jauch war da anderer Meinung.

Urs Eigenmann wollte sich versichern, ob gegen den Sachplan Infrastruktur Luftfahrt, der vom Bundesrat genehmigt wurde, tatsächlich keine Rechtsmittel ergriffen werden könnten. Dies wurde von Jauch bestätigt. Gleichzeitig verwies Eigenmann auf die Tatsache, dass die Südanflüge mit einem nicht existierenden Notrecht eingeführt wurden und keinem gültigen Richtplan entsprächen. Jauchs Replik war von heftigem Schulterzucken begleitet: «Der Staat verlangt von uns, dass wir uns gesetzeskonform verhalten. Selber tut er etwas anderes.» Eigenmann bohrte nach und erklärte, dass der Richtplan behördenverbindlich sei. Ob diese Verbindlichkeit für das Bazl auch gelte. «Genau diese Frage habe ich selber auch», erklärte Jauch.

«Die Südanflüge sind illegal»

Eine Anwohnerin fragte nach, ob es etwas bringen würde, wenn man die Bundessteuern auf ein Sperrkonto einzahlen würde. Bäumle riet von dieser Art von Ungehorsam ab. «Der Bund würde den Kanton und dieser uns mit dem Eintreiben der Steuergelder beauftragen.» Somit hätte die Stadt Dübendorf den Aufwand und müsste womöglich das Geld vorschiessen. Ein Volant wünschte von jedem Stadtrat zu wissen, wie er bei der Plafonierungsinitiative abstimmen würde. Jauch holte für seine Kollegin und Kollegen die Kastanien aus dem Feuer, indem er die Frage in globo für den Stadtrat beantwortete.

«Wir sind für eine Plafonierung bei 320000»

Den Anwesenden Einwohnerinnen und Einwohnern von Stettbach, Gockhausen und Geeren war die Verzweiflung mit der Südanflugsituation anzumerken. So fragte einer: «Ab welcher Grösse ist man berechtigt, etwas Rechtswidriges zu machen?» Jauch: «Eigentlich ab keiner. Wir kämpfen mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln. Lassen sie uns gemeinsam am gleichen Strick ziehen, nur so erreichen wir unsere Ziele.» (brü) (ZOL, 02.03.06)