Strafuntersuchung gegen Luftfahrt-Direktor (NZZ)

Publiziert von VFSNinfo am

Verdacht auf Vermögensdelikte

Raymond Cron, der Direktor des Bundesamtes für Zivilluftfahrt, ist ins Visier der Basler Justiz geraten. Gegen ihn wird wegen Verdachts auf Vermögensdelikte zum Nachteil seines früheren Arbeitgebers ermittelt. Cron ist geständig, hält aber an seinem Amt fest. Verkehrsminister Leuenberger hat ihm am Montag das Vertrauen ausgesprochen.

Gegen Raymond Cron, den Direktor des Bundesamtes für Zivilluftfahrt (BAZL), wird wegen Verdachts auf Vermögensdelikte zum Nachteil seines früheren Arbeitgebers, des Baukonzerns Batigroup, ermittelt. Ausgelöst durch eine Anzeige von Batigroup, wo man bei der internen Revision auf finanzielle Unregelmässigkeiten gestossen war, eröffnete die Staatsanwaltschaft Basel- Stadt Mitte Oktober eine Strafuntersuchung, wie Mediensprecher Peter Gill auf Anfrage bestätigte. Im Zuge der Ermittlungen wurde das Verfahren auf weitere Personen ausgedehnt, unter ihnen Cron. Ein Kadermitglied des Finanzwesens wurde vorübergehend in Untersuchungshaft genommen (vgl. NZZ vom 19. 11. 05).

Beschränktes Rechtsempfinden

Cron informierte am Montag in einer schriftlichen Erklärung über die Vorkommnisse. Er habe zwischen Januar 2002 und Juli 2003 als Spartenleiter der Batigroup verschiedene Male seine Kompetenzen überschritten. So habe er ihm unterstellten Mitarbeitern, die sich überdurchschnittlich engagiert hätten, in einer Phase sehr hoher Arbeitsbelastung Sonderprämien ausgerichtet, und zwar ohne Zustimmung des Unternehmens. Die Summe belaufe sich auf 180 000 Franken und stamme aus zwei nicht verbuchten Eingängen sowie aus zwei der Batigroup zu Unrecht belasteten Rechnungen. Bei ihm selber seien 4000 Franken verblieben.

Später am Tag stand Cron in Begleitung seines Anwalts den Medien Red und Antwort, wodurch die Konturen des Geschehens etwas schärfer wurden. So stellte sich heraus, dass Cron nicht «ohne Zustimmung», sondern gegen den klaren Willen des Unternehmens die Bonuszahlungen ausgerichtet hatte. Obschon sein Arbeitgeber eine andere Auffassung vertreten habe, sei er der Ansicht gewesen, dass die Sonderprämien für insgesamt sieben Mitarbeiter richtig seien, führte Cron aus. Weiter übernahm er die Verantwortung dafür, dass die Buchungen nicht korrekt vorgenommen worden waren. Er sei überzeugt gewesen, im Interesse des Unternehmens zu handeln. Denn nur so hätten aus seiner Sicht ein überdurchschnittlicher Einsatz der Mitarbeiter sichergestellt, Projektverzögerungen verhindert und damit grösserer Schaden zulasten des Unternehmens abgewendet werden können.

Wie Cron vor den Medien ausführte, will er zum damaligen Zeitpunkt nicht bemerkt haben, dass sein eigenmächtiges Handeln gesetzeswidrig war. Hingegen verfügte er offenbar über genügend Rechtsempfinden, um einzusehen, dass er nicht Gelder für sich selber abzweigen sollte. Dass dennoch 4000 Franken auf seinem Konto verblieben sind, begründete er damit, dass dieses Geld nach Ausrichtung der Bonuszahlungen übrig geblieben sei und er nicht gewusst habe, wie er die Summe der Batigroup zurückgeben könne. Dass er etwas Falsches getan habe, sei ihm erst bewusst geworden, als sich die Staatsanwaltschaft bei ihm gemeldet habe.

Cron rechnet mit Verurteilung

Der BAZL-Direktor zeigte sich an der Pressekonferenz reumütig und zerknirscht. Er habe einen groben Fehler gemacht, den er heute zutiefst bedaure, wiederholte er. Er habe sich bei seinem früheren Arbeitgeber entschuldigt und die Staatsanwaltschaft lückenlos über das Vorgefallene informiert. Cron rechnet mit einer Verurteilung. Nach Ausführungen seines Anwalts steht dabei der Tatbestand der Veruntreuung im Vordergrund; zu rechnen sei allenfalls mit einer bedingten Freiheitsstrafe von einigen Monaten.

Trotz seiner schwierigen Situation hält Cron, der sein Amt als BAZL-Direktor im Mai 2004 angetreten hat, an seinem Posten fest. Die Frage, ob er als Gesetzesbrecher noch ein glaubwürdiger Amtsdirektor sein könne, beantwortete er damit, dass er den Fehler nicht als Chef des BAZL begangen habe und die Angelegenheit somit nichts mit seiner jetzigen Tätigkeit zu tun habe. - Ob sich Cron auf seinem exponierten Posten wird halten können, wird sich weisen. Vorläufig darf er zumindest auf Rückendeckung durch Verkehrsminister Moritz Leuenberger zählen. Dieser hat Cron am Montag das Vertrauen für seine Amtsführung ausgesprochen und seine Kompetenz und sein Engagement auch für die zukünftige Führung des BAZL als wichtig und nötig bezeichnet. (NZZ, 21.11.05)

Mehr zum Thema
Hauptausgabe Tageschau SF1 vom 21.11.2005
Film (Real Player), Dauer 2:31