In der Privatwirtschaft gelandet (Sonntagszeitung)

Publiziert von VFSNinfo am

Arthur Rutishauser über die konsequente Haltung der Lufthansa gegenüber der Swiss

Hohe Verluste, Krach mit den Gewerkschaften und wieder eine Flottenreduktion, die noch etwas weiter geht als bisher bekannt. Dazu Piloten, die lieber auf die Schaffung von Arbeitsplätzen verzichten, als mehr zu arbeiten. Und der CEO behauptet an der Pressekonferenz, man habe nie gesagt, dass die Swiss dieses Jahr schwarze Zahlen schreibt, aber in zwei Jahren werde alles besser. Das gewohnte Bild. Ist denn nichts geschehen, seit klar ist, dass die Swiss von der Lufthansa übernommen wird?

Operativ geht es erst langsam voran. Die Integration der Vielfliegerprogramme erweist sich als komplizierte, kostspielige Informatikübung. Die Reservationssysteme sind nicht kompatibel, was bedeutet, dass die Buchungszentrale der Lufthansa die Flüge der Swiss nicht auf dem Bildschirm hat und umgekehrt. Nun werden Spezial-Bildschirme in den Buchungszentralen aufgestellt, an denen die Flüge des Partners gebucht werden können. In der Praxis werden die nur benützt, wenn der eigene Flieger ausgebucht ist. Behoben ist das Problem dank neuer Software erst in zwei Jahren.

Was das Netzwerk betrifft, werden die Verbindungsflüge in die grossen Hubs der Lufthansa ausgebaut, und die Lufthansa-Passagiere müssen nicht mehr im Keller des geschlossenen Terminal B auf den Bus warten, der sie zum Flugzeug bringt, sondern können am Terminal A übers Fingerdock bequem ins Flugzeug einsteigen. Ein Quantensprung für die Lufthansa am Zürcher Flughafen. Diese neue Regelung ist für die Swiss gefährlich, denn die Gefahr besteht, dass noch mehr Verkehr aus Zürich nach München und Frankfurt verlagert wird.

Basel und Genf werden de facto aufgegeben, aus der Swiss wird die Air-Zürich. An beiden Orten hat die Swiss den Kampf gegen Easyjet verloren. Trotz jahrelanger Verankerung schaffen es die Schweizer nicht, sich im Europaverkehr gegen die Neueinsteiger aus England durchzusetzen. Auf der Langstrecke ist es nicht besser. Der Swiss-Grossaktionär Novartis lässt seine Mitarbeiter Langstreckenflüge bei der Lufthansa via München buchen, die Verbindung nach Zürich ist gekappt.

Und klar ist, Geld aus Frankfurt gibts für die Swiss keines. Wenn die Schweizer neue Flugzeuge wollen, dann müssen sie die selber finanzieren. Also verkauft die Swiss die letzten Flugzeuge, die sie noch besitzt und ersetzt sie durch gemietete. Und die sind zudem so veraltet, dass sie von British Airways ausgemustert werden. Dafür kann man behaupten, der Cashflow sei positiv, und keiner merkt, dass die Swiss nur noch davon lebt, dass sie in Raten das Tafelsilber verkauft.

Ist also die Übernahme durch die Lufthansa ein Flop, haben uns die Deutschen über den Tisch gezogen und realisieren den Plan, den sie schon immer gehabt haben, nämlich die Swiss zum Zulieferer für die grossen Hubs in Frankfurt und München zu degradieren? Man kann es auch anders sehen. Mit der Entscheidung, dass die zwei zusätzlichen Langstreckenflugzeuge die nächsten zwei Jahre nicht nach Zürich kommen, weil die Piloten nicht kooperieren, kehrt endlich der Geist ein, der für ein privatwirtschaftliches Unternehmen unerlässlich ist. Eine unrentable Riesenflotte hat die Swissair in die Knie gezwungen. Eine viel zu grosse Flotte hat dazu geführt, dass die Swiss drei Milliarden Franken verbrannt hat.

Wer gedacht hat, mit der Integration der Swiss in die Lufthansa brächen für die Schweizer Luftfahrt gemütlichere Zeiten an, der sieht sich getäuscht. Die Konzernzentrale der Lufthansa hat kein Geld für die Befindlichkeiten der Piloten. Das ist gut so. Wäre das Motto der Deutschen, «wir investieren nicht in Verluste», auch bei der Gründung der Swiss angewandt worden, hätte die Schweiz auch heute noch eine eigenständige Fluggesellschaft. (Sonntagszeitung, 28.08.05)


Kommentar VFSN:
Seit Jahren wird behauptet (teure, mit Steuergeldern bezahlte "Studien" kommen zum gleichen Schluss), dass die Schweizer Wirtschaft nur dank dem Hub und den Direktverbindungen überlebensfähig ist. Die Realität sieht offenbar anders aus, wie das Beispiel des Swiss-Grossaktionärs Novartis zeigt...