CDU macht Anflug auf Kloten zum Wahlkampf-Thema (NZZ am Sonntag)

Publiziert von VFSNinfo am

CDU-Generalsekretär fordert massive Verschärfung der Anflug-Verordnung - Flughafen-Chef Josef Felder ist alarmiert

Mit der Forderung nach einer drastischen Limitierung der Anflüge auf Kloten macht die CDU in Süddeutschland Wahlkampf. Flughafen-Chef Josef Felder bezeichnet die CDU- Forderungen als beunruhigend.

Im Fluglärmstreit mit Deutschland droht der Schweiz neues Ungemach. Die CDU legt sich im Hinblick auf die Bundestagswahlen vom kommenden 18. September auf Positionen fest, deren Umsetzung eine massive Verschärfung der deutschen Flugverordnung bedeuten würde. Nach dem gegenwärtigen Stand der Umfragen werden CDU und CSU zusammen mit dem Koalitionspartner FDP wahrscheinlich die Wahlen gewinnen. Für die zurzeit laufenden Verhandlungen zwischen Berlin und Bern über eine neue Regelung der Anflüge auf den Flughafen Zürich würde dies aus Schweizer Sicht nichts Gutes bedeuten: CDU-Generalsekretär Volker Kauder fordert eine deutliche Reduktion der Fluglärmbelastung über dem Südschwarzwald.

«Kein Wahlkampfgetöse»

Volker Kauder vertritt den süddeutschen Wahlkreis Rottweil-Tuttlingen im Bundestag und gilt als die rechte Hand der Kanzlerkandidatin Angela Merkel; seit Anfang Jahr ist er Generalsekretär der Partei. In einem Brief an eine Bürgerinitiative schrieb Kauder vor zwei Wochen, dass CDU und CSU folgende Entlastungen für die süddeutsche Bevölkerung verlangten: Die Anzahl Anflüge über süddeutschem Gebiet sei auf 60 000 Bewegungen zu begrenzen. Neben der Nachtflugsperre sei auch an Wochenenden ein Verbot für Nordanflüge zu erlassen - und zwar von Freitag 21 Uhr bis Montag 7 Uhr. Darüber hinaus verlangen CDU und CSU laut Kauder, dass der letzte verbliebene Warteraum über süddeutschem Gebiet, Rilax bei Donaueschingen, über die Schweiz zu verlegen sei. Und der bisher durch die Schweizer Flugsicherung Skyguide kontrollierte süddeutsche Luftraum müsse entweder in deutsche Hände oder an eine binationale Organisation übergehen.

Volker Kauder war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Ein Parteisprecher verwies auf Wahlkampftermine und fügte an, als Abgeordnetem des Wahlkreises Rottweil-Tuttlingen liege Kauder «das Thema» - gemeint sind die Belastungen durch die Nordanflüge - schon seit längerem am Herzen. Auskünfte erteilte hingegen Siegfried Kauder, der Bruder des CDU- Generalsekretärs. Siegfried Kauder ist Bundestagsabgeordneter für den Kreis Schwarzwald-Baar, der von Anflügen auf den Flughafen Zürich betroffen ist. Er bestätigte, dass die CDU die Zahl der Nordanflüge auf 60 000 pro Jahr limitieren und an den Wochenenden gar keine Nordanflüge mehr dulden wolle. Siegfried Kauder betonte, dass diese Positionen «kein Wahlkampfgetöse» seien. Der Fluglärm sei ein Dauerthema für die CDU. «Ich freue mich, dass mein Bruder die Position der CDU in die künftige Regierung tragen wird», sagt Siegfried Kauder. Er kommentiert die laufenden Verhandlungen zwischen Berlin und Bern mit folgenden Worten: «Die Regierungen Deutschlands und der Schweiz verhandeln derzeit über unsere Köpfe hinweg. Es ist eine Unverschämtheit, dass ich als betroffener Bundestagsabgeordneter nicht einbezogen werde. Nach dem 18. September wird sich dies ändern.» Die Forderungen der CDU gehen ausserordentlich weit. Zurzeit legt die deutsche Verordnung fest, dass der Flughafen Zürich werktags zwischen 21 und 7 Uhr und an den Wochenenden von 20 bis 9 Uhr nicht von Norden her angeflogen werden darf. Eine zahlenmässige Beschränkung der Anflüge gibt es jedoch nicht, so dass mehr als 100 000 Nordanflüge pro Jahr durchgeführt werden. Auf dem Flughafen Zürich wurde die Position der CDU mit grosser Sorge zur Kenntnis genommen. «Die Forderungen der CDU im Hinblick auf die Bundestagswahlen sind beunruhigend», sagt Flughafen-Chef Josef Felder. Er unterstreicht, dass eine weitere Verschärfung der deutschen Verordnung weitreichende Folgen hätte und «für die interkontinentale Verkehrsdrehscheibe der Schweiz und der grenznahen Region Süddeutschlands absolut unhaltbar» sei.

Freude in Hohentengen

Der Sprecher des Bundesamts für Zivilluftfahrt, Daniel Göring, weist lediglich darauf hin, dass in Deutschland Wahlkampf sei. Ob die Forderungen der CDU Auswirkungen auf die Verhandlungen zwischen Berlin und Bern hätten, werde man sehen. Ende März hatte Bundesrat Leuenberger bei der Übernahme der Swiss durch die Lufthansa angekündigt, dass mit Deutschland «binnen Jahresfrist» eine neue Regelung der Anflüge auf den Flughafen Zürich ausgehandelt werden solle.

Martin Benz (CDU), Bürgermeister der von Fluglärm betroffenen grenznahen Gemeinde Hohentengen, freut sich schon auf den Regierungswechsel in Berlin: «Das Bewusstsein innerhalb der CDU für das Thema Fluglärm ist gestiegen. Mit Volker Kauder haben wir jemanden, der unsere Anliegen in die künftige Regierung trägt.»

NZZ am Sonntag, 28.08.05



Kommentar VFSN:
Darum braucht es den gekröpften. Nordanflug dringendst, da Deutschland immer mehr fordern wird.