Deutschland will Zürcher Flughafen stärker beschränken als eigene Airports (TA)

Publiziert von VFSNinfo am
Die Süddeutschen in der Schneise zum Flughafen Zürich haben werktags eine um bis zu 10 Stunden längere Nachtruhe als ihre Landsleute um deutsche Flughäfen. Dieses Ungleichgewicht soll noch grösser werden.

Eine breite Front von süddeutschen Politikern bewirkte kürzlich einen Marschhalt im Ratifizierungsprozess des Fluglärmstaatsvertrages zwischen Deutschland und der Schweiz. Einen bedeutenden Punkt in der Diskussion nehmen die Zeitfenster ein, in denen Flugzeuge deutsches Gebiet überfliegen dürfen. Ein Blick auf die Betriebszeiten der deutschen Airports zeigt, dass sich manch ein deutscher Anrainer wohl die Finger lecken würde, könnte er die heutige und die geplante süddeutsche Ruhe geniessen. Deutlich wird, dass die nördlichen Nachbarn der Schweiz in dieser Hinsicht striktere Auflagen machen wollen als in ihrem eigenen Land üblich. Drei deutsche Flughäfen operieren gänzlich ohne zeitliche Restriktionen.

In Zürich dürfen die Flugzeuge laut Betriebsreglement unter der Woche von 6 bis 23.30 Uhr starten und landen. Der Staatsvertrag hätte für die grenznahen Deutschen zur Folge, dass ihr Gebiet von 6.30 bis 18 Uhr vom Fluglärm beeinträchtigt würde. Die heute geltende einseitige Verordnung bestimmt die Ruhezeit an Werktagen von 21 bis 7 Uhr und am Wochenende von 20 bis 9 Uhr. Ein Dokument des Bundesamts für Zivilluftfahrt (Bazl), das Tagesanzeiger.ch/Newsnet vorliegt, macht deutlich, dass die Anwohner der deutschen Flughäfen nirgends von vergleichbaren Ruhezeiten ausgehen dürfen.

Keine Sperrzeiten in Köln, Nürnberg und Hannover

Von den Zürcher Ruhezeiten können beispielsweise die Anwohner der Flughäfen Köln, Nürnberg und Hannover nur träumen. Diese drei Flughäfen geniessen aus betrieblicher Sicht die luxuriösesten Bedingungen in Deutschland: Sie kennen keinerlei Sperrzeiten. Köln verzeichnet 134\'000 Flugbewegungen jährlich, in Nürnberg sind es 67\'700 und in Hannover 66\'263.

Der Pannenflughafen Berlin Brandenburg kann noch immer nicht angeflogen werden. Ist es aber so weit, werden die Maschinen einschliesslich Verspätungen und vorzeitigen Landungen von 5 bis 24 Uhr starten und landen. Das geplante Verkehrsaufkommen beläuft sich auf zirka 230\'000 Flugbewegungen pro Jahr (im Jahr 2011 waren es in Zürich 279\'001).

Grösster deutscher Flughafen zwei Stunden länger offen

Ebenfalls je am Morgen und in der Nacht eine Stunde länger offen ist Frankfurt am Main. Der hessische Flughafen zählt jährlich mit 487\'000 Flugbewegungen am meisten Starts und Landungen in Deutschland. Es sind nahezu doppelt so viele wie in Zürich. Das Drehkreuz München verzeichnet jährlich 405\'000 Flugbewegungen und ist damit der zweitgrösste deutsche Flughafen. Dort dürfen die Maschinen von 5 bis 24 Uhr starten und landen.

Der Düsseldorf International Airport verzeichnet jährlich rund 221\'700 Starts und Landungen. Auf seinen Pisten darf von 6 bis 23.30 Uhr gestartet werden, Landungen sind dort bis um 23 Uhr erlaubt. Auch die Anwohner der Stuttgarter Pisten können von den Zürcher Restriktionen nur träumen. Ihr Flughafen mit 137\'000 Flugbewegungen wird von 6 bis 24 Uhr betrieben. Dieselben Betriebszeiten gelten für den Hamburger Flughafen mit 158\'000 Starts und Landungen.

Tages-Anzeiger, 23.01.2013