Umstrittener Pistenausbau (NZZ)

Publiziert von VFSNinfo am
Konsultative Konferenz in Zürich

Die Regionen im Kanton Zürich sind sehr unterschiedlich vom Fluglärm-Staatsvertrag betroffen. Besonders umstritten ist der geplante Ausbau zweier Pisten.

asü. ⋅ Die Zürcher Regierung hat sich bisher erst zurückhaltend zum Staatsvertrag geäussert – mit gutem Grund. Im Gegensatz zu anderen Kantonen, deren Exekutiven sich mit pointierten Forderungen überbieten, divergieren in Zürich regionale Interessen stark. Der Osten empfindet sich als Opfer des Abkommens mit Deutschland und fürchtet deutlich mehr Anflüge in den Abendstunden. Dem Norden und dem Westen drohen mehr Starts. Im Süden, der dank dem gekröpften Nordanflug entlastet werden könnte, herrscht Misstrauen: Der Verein «Flugschneise Süd – Nein» warnt vor Starts über die Pfannenstielregion, die laut seiner Lesart mit geheimer Agenda schrittweise eingeführt werden sollen. Mit anderen Worten: Alle Bürgerorganisationen sind unzufrieden – es erstaunt daher nicht, dass die Regierung klare Worte scheut.

«Den Puls spüren»
Nächste Woche wird eine offizielle Auslegeordnung gemacht. Am Dienstag lädt Volkswirtschaftsdirektor Ernst Stocker (svp.) zu einer konsultativen Konferenz. Laut Flughafengesetz müssen die Gemeinden in Entscheide des Kantons in diesem Dossier einbezogen werden. An der Konferenz ist jeder Bezirk mit zwei bis drei Delegierten vertreten. In einem zweiten Schritt sollen laut Stockers Sprecher Erich Wenziger auch die Bürgerorganisationen einbezogen werden. Es gehe darum, «den Puls zu spüren», den Informations- und Meinungsaustausch zu ermöglichen.

Die bisherigen «Puls-Messungen» lassen schon eine eindeutige Diagnose zu: Im Zentrum des Verteilkampfs in Zürich stehen die geplanten Verlängerungen der Pisten 28 und 32. Sie sollen ausgebaut werden, damit auch schwere Langstreckenflugzeuge auf ihnen landen bzw. starten können. Der Osten, der Westen und der Norden bekämpfen den Ausbau; die gleiche Allianz, die 2011 mit der Behördeninitiative scheiterte, die ein grundsätzliches Pistenausbauverbot etablieren wollte.

CVP ortet Chancen
Dem Flughafen werfen die Pistenausbau-Gegner Desinformation vor. Die mehrmals wiederholte Aussage, dass die Verlängerungen für die Umsetzung des Staatsvertrags zwingend seien, stimme nicht, wird moniert. Der Flughafen räumt ein, dass Pistenverlängerungen nicht explizit im Staatsvertrag erwähnt seien. Er hält aber fest: «Um den Vertrag umsetzen zu können und dabei die heutigen Kapazitäten aufrechtzuerhalten, sind sie unumgänglich.» Dank den Verlängerungen würde der Flughafen über zwei voneinander unabhängige Pisten verfügen, was die Komplexität des Systems am Boden verringern und Kapazitätsverluste vermeiden würde.

Politisch werden diese Pläne noch zu reden geben. Der Kantonsrat kann das Geschäft blockieren; nur seine Zustimmung wäre referendumsfähig. Allerdings arbeiten flughafennahe Kreise bereits an einer Initiative, mit der sie im Falle eines Kantonsrats-Neins den Ausbau einfordern wollen.

SP, Grüne und EVP haben bereits Ablehnung postuliert. Die CVP hofft auf einen Kuhhandel. In einer Fraktionserklärung schlug sie vor: «Zürich übernimmt für den nationalen Flughafen mehr Fluglärm, dafür erhalten wir den Brüttener Bahntunnel – subito.»

NZZ, 15.09.2012