Stete Zunahme der Umsteiger (ZOL)

Publiziert von VFSNinfo am
Für vier von zehn Passagieren, die den Zürcher Flughafen frequentieren, ist dieser weder Ausgangs- noch Zielpunkt ihrer Reise. Mit billigen Tarifen kurbelt die Swiss diese Entwicklung munter an.

Seit dem Swissair-Grounding im Herbst 2001 haben in Zürich nie mehr so viele Passagiere das Flugzeug gewechselt wie im laufenden Jahr. 36,4 Prozent betrug der Anteil der Umsteiger in den vergangenen elf Monaten, im November waren es sogar 39,8 Prozent. Es ist dies das Resultat einer konstanten Entwicklung, die seit dem Verkauf der Swiss an den Lufthansa-Konzern anhält. Noch 2004 konnte die Flughafenbetreiberin Unique gerade mal 28 Prozent Umsteiger ausweisen.
In absoluten Zahlen ist der Zuwachs noch beeindruckender: Aus 4,8 Millionen Transferpassagieren (2004) sind mittlerweile 7,8 Millionen geworden (2008): Eine Steigerung um 62 Prozent.

Für die Swiss überlebenswichtig

Als Home-Carrier und Betreiberin des Drehkreuz-Verkehrs ist die Swiss für diese Entwicklung nahezu im Alleingang besorgt. Genaue Zahlen zur Verteilung ihrer Passagierströme publiziert die Airline zwar nicht. Swiss-Sprecher Jean-Claude Donzel erklärt jedoch, der Anteil der Umsteiger liege in normalen Jahren zwischen 50 und 55 Prozent. In wirtschaftlichen Krisenzeiten wie 2009 gehe es allerdings eher in Richtung 60 Prozent. Wenn die Schweizer konjunkturbedingt weniger fliegen, müsse man sich die Kunden eben wo anders her holen. «Für uns ist dies durchaus sinnvoll, ja sogar überlebenswichtig.» Das grosse Streckennetzwerk der Swiss liesse sich ohne Umsteigepassagiere niemals aufrechterhalten.
«Allein auf die Lokalpassagiere aus dem Grossraum Zürich gestützt, könnten wir maximal drei bis vier Interkontinentalstrecken anbieten», so Donzel weiter. Zu den wenigen Strecken, die dann noch rentabel zu bedienen wären, gehören Zürich-New York und Zürich-Hongkong. Daneben gibt es aber auch zahlreiche Kurzstrecken, auf denen die Flugzeuge ohne Transfer-Reisende weitgehend leer blieben. Darunter fallen laut Donzel die Inlandstrecken Zürich-Genf und Zürich-Lugano, aber auch die Verbindung Zürich-Stuttgart. Und er macht auch keinen Hehl daraus, dass die Umsteiger zum Teil mit sehr günstigen Tarifen nach Zürich gelockt werden, um hier die grossen Airbus A330- und A340-Maschinen zu füllen.

Paradoxe Spielregeln

Die ökonomischen Spielregeln bedingen paradoxerweise, dass ein Flug von Berlin via Zürich nach Miami deutlichgünstiger ist als nur die Strecke Zürich-Miami. Denn nur über einen günstigen Preis lassen sich Reisende zu einem Umweg bewegen. Die Schweizer Passagiere subventionieren folglich die günstigeren Tickets der Umsteiger. Doch Donzel verteidigt diese Praxis, die jede Fluggesellschaft mit Hub-System weltweit anwende. «Ohne diese Umsteigepassagiere wären wir schlicht nicht in der Lage, der Schweizer Bevölkerung und vor allem der Schweizer Wirtschaft ein solches Streckennetz anzubieten.»

Keine Angst bei Unique

Noch geht die Rechnung auf. Insofern ist die Entwicklung mit den Jahren 1998 bis 2001 nicht zu vergleichen. Damals mussten die ausländischen Beteiligungsgesellschaften der Swissair, zusammengeführt in der «Qualiflyer Group», deren Langstreckennetz mit den eigenen Passagieren alimentieren. Während die Swissair für gutes Geld Langstreckentickets verkaufen konnte, schlitterten die französischen und belgischen Partner in den Ruin.
Auch am Zürcher Flughafen ist man ob der jüngsten Zahlen nicht beunruhigt. «Für uns gibt es keine definierte Obergrenze beim Anteil der Transferpassagiere», betont Unique-Sprecherin Sonja Zöchling. Die Anzahl richte sich schlicht nach Angebot und Nachfrage. Umsteigepassagiere seien für den Airport attraktiv, obwohl sie nicht die vollen Passagiergebühren bezahlen. «Ein solcher Passagier benützt nicht die gesamte Infrastruktur und hält sich nur im nicht öffentlichen Bereich auf», erklärt Zöchling. Welche Ausgaben ein Transfer-Reisender beim Zwischenstopp in Zürich tätigt, hat man bei Unique bis heute allerdings nicht eruiert. Auf die gesamte Passagiermenge gerechnet, betrugen die Ausgaben pro Kopf dieses Jahr 41,10 Franken. Im November, mit besonders vielen Umsteigern, waren es immerhin bereits 43,20 Franken.

ZOL, 19.12.2009, Seite 5


Kommentar VFSN: Der einzige wirklich grosse Profiteur eines grenzenlos wachsenden Flughafens ist die deutsche Swiss