Pistenausbau unerwünscht (ZU)

Publiziert von VFSNinfo am
Flughafen - Kantonsrat stimmt Behördeninitiative überraschend deutlich zu

Keine Plafonierung der Flugbewegungen, aber auch keine neuen oder längeren Pisten: Der Kantonsrat spricht sich in der Flughafenpolitik für den Status quo aus.

Oliver Steimann

Es ist eine politische Kursänderung, die vieles auf den Kopf stellen könnte. An seiner gestrigen Doppelsitzung hat der Zürcher Kantonsrat mit 100:64 Stimmen eine Behördeninitiative von 42 Gemeinden gutgeheissen, die ein absolutes Planungs- und Bauverbot für das Pistensystem am Flughafen fordert.

Damit wäre die vom Bund und der Kantonsregierung ins Auge gefasste Verlängerung der Ostpiste 28 nicht mehr realisierbar. Da nach dem Entscheid sogleich das Referendum ergriffen wurde – notwendig sind dafür nur 45 Stimmen –, wird es voraussichtlich am 27. September zur Volksabstimmung kommen.

Hitzige Debatte

Dem Entscheid ging eine lange, stellenweise hitzige Debatte voraus. Im Zentrum der Diskussion stand die Frage, ob eine Pistenverlängerung dazu dienen könnte, mit neuen Betriebskonzepten weniger Anwohner zu belasten – oder ob man Unique und der Swiss mehr Kapazität verschaffen würde.

Eine Niederlage bedeutete das Abstimmungsergebnis nicht nur für Volkswirtschaftsdirektorin Rita Fuhrer, sondern auch für den Verein Flugschneise Süd – Nein (VFSN), der im Vorfeld mit viel Einsatz gegen das Bauverbot gekämpft hatte. Im Osten des Flughafens wurde der Entscheid hingegen äusserst positiv aufgenommen. Der Volksabstimmung sehe man mit Freude entgegen, erklärte Fritz Kauf, Co-Präsident von Bürgerprotest Fluglärm Ost (BFO).

Auch Hanspeter Lienhart, Präsident der IG Nord, zeigte sich sehr zufrieden: «Mit dem Baustopp wird die Bevölkerung vor übermässigem Lärm geschützt, die Gemeinden erhalten raumplanerische Sicherheit, und der Flughafen behält trotzdem seine wirtschaftliche Bedeutung für die Region und die Schweiz.» Das Pistenmoratorium schaffe ein Gegengewicht zur expansiven Luftfahrtpolitik der Regierung, lasse dem Flughafen aber dennoch Wachstumsperspektiven offen.



KOMMENTAR

Ein starkes Zeichen

Das Unterland hat einen Etappensieg realisiert – und zwar in einer Königsetappe. Die Behördeninitiative 2, die einen Ausbau der Piste 28 verhindern will, hat überraschend deutlich die erste Hürde genommen. Für einmal gewichteten alle Unterländer Volksvertreter – mit einer Ausnahme – die Interessen der Anwohner höher als diejenigen ihrer Parteien.

In der hart geführten Debatte kam mehrfach zum Ausdruck, dass auch den Unterländer Politikern die Existenz des Flughafens keineswegs gleichgültig ist. Mit ihrem Ja haben die Unterländer Kantonsräte aber einer Expansion zu jedem Preis eine klare Abfuhr erteilt. Mit der Unterstützung der von 42 Gemeinden lancierten Behördeninitiative haben sie zu erkennen gegeben, dass sie mit der regierungsrätlichen Flughafenpolitik nicht (mehr) einverstanden sind.

Wohl nicht zu Unrecht ist gestern moniert worden, dass die Region im Osten des Flughafens zum «Lärmabfallkübel» zu verkommen droht. Mit Deutschland stehen die Zeichen für eine baldige Einigung im Fluglärmstreit schlecht, über das neue Betriebsreglement mit einer siebenstündigen Nachtruhe hat das Bundesverwaltungsgericht noch immer nicht befunden, der Zürcher Fluglärmindex, ZFI, den niemand versteht, ist zum Ärgernis geworden, weil er die Entwicklungsmöglichkeiten der Gemeinden stark beschränkt und den Anwohnern nichts bringt.

Nicht ohne Wirkung dürfte auch die extreme Haltung im Süden des Kantons gewesen sein. Das kategorische Nein, einen Teil der Immissionen zu übernehmen, hat bei der Abstimmung unterschwellig mitgespielt.

Ein Pistenausbau ist aber nicht für alle Zeiten begraben. Immerhin hat Bern zu erkennen gegeben, dass es sich nicht über den Willen der Zürcher Bevölkerung hinwegsetzen will und ein allfälliges Nein bei einer Volksabstimmung akzeptieren würde.

Patrick Huber

ZU, 24.02.2009



Kommentar VFSN: Kann man es noch deutlicher sagen um was es bei dieser Initiative wirklich geht?


siehe auch:
Für Pistenausbau-Verbot - gegen Plafonierung (NZZ, 23.02.2009)
Kommentar: Unnötiges Schaulaufen (NZZ) (NZZ, 23.02.2009)
Von Freude bis Enttäuschung (ZOL, 23.02.2009)
Denkverbot ist destruktiv (ZSZ, 24.02.2009)
Der Kantonsrat will keine Pistenverlängerungen (NZZ, 24.02.2009)
Freude im Osten, Frust im Süden (Schaffhauser Nachrichten, 24.02.2009)
Von Freude bis Enttäuschung (ZOL, 24.02.2009)