Lufthansa: Die Swiss zum Aldipreis (TA)

Publiziert von VFSNinfo am
Die Schweizer Fluglinie wird immer rentabler und expandiert munter. Dennoch zahlt ihre deutsche Mutter immer noch bloss 100 Millionen für sie.

Das Geschäftsmodell der Swiss sei «ein voller Erfolg», jubiliert Lufthansa-Chef Wolfgang Mayrhuber in einer gestern verschickten Medienmitteilung. Die Schweizer Fluggesellschaft sei «sehr gut» unterwegs. Und die Synergien aus der Integration in die Lufthansa seien auch deutlich höher als erwartet. 330 Millionen Franken betrugen sie alleine im Jahr 2006.

So hoch erfreut ist Mayrhuber sicherlich auch, weil er weiss, dass er die helvetische Fluglinie zum Schnäppchenpreis bekommen hat. Nur gerade 100 Millionen Franken wird er für das Unternehmen mit seinen 73 Jets und 6500 Mitarbeitenden bezahlen. Dies jedenfalls ist der Stand von heute. Mit anderen Worten: Mayrhuber hat den Kaufpreis mit den Synergien im letzten Jahr bereits mehr als hereingeholt. Oder mit dem Gewinn der Swiss von 118 Millionen im ersten Quartal 2007. 

Der endgültige Kaufpreis hängt davon ab, wie sich die so genannten Besserungsscheine entwickeln. Diese hatten die Deutschen am 22. März 2005 den Swiss-Grossaktionären für den Kauf der Schweizer Airline als Entgelt in die Hand gedrückt. Ihr Wert hängt davon ab, wie gut sich der Aktienkurs von Lufthansa im Vergleich zu jenem von British Airways, Air-France-KLM und Iberia entwickelt. Dabei wurden die Kurse der Konkurrenten zu einem Index zusammengefasst.

Nur wenn die Lufthansa-Titel bis Ende März 2008 um 50 Prozent besser abschnitten als der Vergleichsindex würden die Deutschen für ihre Schweizer Tochter einen wirklich ansehnlichen Betrag bezahlen: 460 Millionen Franken. 70 Millionen haben sie den kleinen Anteilseignern vor längerem überwiesen. Im besten Fall würden am Tag der Schlussabrechnung nun nochmals 390 Millionen an die ehemaligen Grossaktionäre fliessen – also unter anderen an den Bund, die UBS, der Kanton Zürich, die Credit Suisse und Amag-Gründer Walter Haefner. Nochmals eine Maschine mehr Bereits bei einem (immer noch sehr eindrücklichen) Abstand zu den Mitbewerbern von 40 Prozent bekämen die Alt-Eigner bloss noch 265 Millionen, bei 30 Prozent 170, bei 20 Prozent nur noch 120 Millionen. Aktuell liegt der Lufthansa-Kurs 11 Prozent über jenem der Konkurrenz. Bleibt der Kurs auf diesem Niveau, bekommen die Grossaktionäre 24 Millionen. Verglichen mit den 2,5 Milliarden, welche diese im 2001 investiert haben, ein Klacks.

In der Lufthansa-Zentrale in Frankfurt bestätigt man die Zahlen. Ein schlechtes Gewissen hat man aber nicht. «Damals wollte ja keiner in die Swiss investieren», kommentiert Sprecherin Stefanie Stotz. Zudem müsse man auch sehen, dass es der Schweizer Fluglinie heute auch dank der Lufthansa wieder so gut gehe. So habe sie dank Integration in den Konzern von tieferen Versicherungsprämien und tieferen Einkaufspreisen profitiert. «Die Hälfte des operativen Gewinns der Swiss kam letztes Jahr dank der Integration in die Lufthansa zu Stande», meint Stotz weiter.

So oder so: Ende Juni geht die Swiss nun ganz in den Besitz des deutschen Riesen über. Alle Verkehrsrechte hätten gesichert werden können, teilten die beiden Unternehmen heute mit. Und sie stellten klar, dass die Swiss eigenständig bleiben und ihren Sitz in der Schweiz behalten werde. Auch der Flughafen Zürich werde als drittes Drehkreuz des Lufthansa-Konzerns weiter ausgebaut. Als erstes erweitert die Swiss ihre Flotte um weitere 3 Maschinen, nachdem sie vor einigen Monaten bereits den Ausbau um 5 Jets bekannt gegeben hatte. Die 3 neuen A340-300 ersetzen 2 ältere Airbus 330. Die dritte Maschine wird als Reserve angeschafft. Mit dem nochmaligen Ausbau schafft die Swiss rund 150 weitere Stellen beim fliegenden Personal.


Verschenkt!

Kommentar von Von Stefan Eiselin.

Die Übernahme der Swiss durch die Lufthansa war die einzig vernünftige Lösung. Allein wäre die Schweizer Airline nie auf einen grünen Zweig gekommen – die Hypothek des hastigen Starts und das Desinteresse des Aktionariats waren einfach zu gross.

Ärgerlich ist aber, dass die staatlichen Grossaktionäre beim Verkauf total unprofessionell gehandelt haben. Der Bund und der Kanton Zürich haben ihre Aktien für ein Butterbrot hergegeben. Das investierte Steuergeld hat dadurch eine sehr magere Rendite abgeworfen, der Gewinn fällt in Frankfurt an.   Klar, dass es der Swiss einmal so gut gehen würde wie jetzt, das ahnte niemand. Doch bei jedem anderen Deal sichert sich der Verkäufer für diesen Fall ab: Er lässt sich am Erfolg beteiligen. Das ist nicht geschehen. Vom Aufwärtstrend der Swiss profitieren die Alt-Aktionäre und die Steuerzahler kaum etwas.

Tages-Anzeiger, 22.06.2007


Kommentar VFSN: Wäre es nicht langsam Zeit, dass die Schweiz eine VO gegen diesen deutschen Hub auf schweizer Boden, der zudem vor allem von deutschen Flugzeugen angeflogen wird, erlässt?