Erst wenig erzielt im heiklen Dossier (ZOL)

Publiziert von VFSNinfo am
Analyse Rita Fuhrers flughafenpolitische Leistung wird zurückhaltend beurteilt

Erst wenig erzielt im heiklen Dossier

Seit zwei Jahren führt Regierungsrätin Rita Fuhrer das heikle Flughafendossier. Was hat sie bislang erreicht? Eine kleine Umfrage.

Als «Chance für einen Neuanfang» pries der Zürcher Regierungsrat im November 2003 die Rochade: Rita Fuhrer übernahm die Zürcher Volkswirtschaftsdirektion und damit das heikle Dossier Flughafen, Ruedi Jeker die Direktion für Sicherheit und Soziales. Jekers glückloses Agieren als «Flughafenminister» hatte ihn beinahe die Wiederwahl gekostet.

Zwei Jahre später sagt Fuhrer, angesprochen auf die hängige Volksinitiative zur Plafonierung des Flughafens Zürich auf maximal 250 000 Flüge pro Jahr: «Wenn die Initiative zusammen mit Wahlen zur Abstimmung kommt, habe ich tatsächlich ein Problem zu bewältigen.» Fuhrers Problem ist allerdings nicht nur das bei der lärmgeplagten Bevölkerung populäre Anliegen einer Flughafen-Plafonierung. Es geht auch um die Frage: Was hat die Volkswirtschaftsdirektorin flughafenpolitisch erreicht?

Staub: «Nichts bewegt»

Peter Staub, als Präsident des Schutzverbandes der Bevölkerung um den Flughafen Zürich ein langjähriger Kenner der Materie, meint lakonisch: «Sie hat nichts bewegt. Auch ihr Ziel, das Vertrauen der Bevölkerung zu erlangen, hat sie nicht erreicht.»
Allerdings müsse man fairerweise berücksichtigen, dass das Flughafendossier äusserst schwierig sei. «Ich habe nie revolutionäre Erwartungen gehegt, aber sie hat die Latte mit dem Anspruch, es besser zu machen als Jeker, selbst hoch gelegt», sagt Staub - und setzt noch eins drauf: «Ihre sture Haltung ist nicht haltbar für eine Regierung, die den Flughafen betreiben will.»

Morf: «Wie Tag und Nacht»

In der Südschneise kommt Fuhrer besser weg: «Sie hat den Anspruch, mehr Transparenz zu bieten, erfüllt», sagt Thomas Morf, Präsident des Vereins Flugschneise Süd - Nein. «Sie geht auf die Leute zu und scheut Diskussionen nicht.» Gemessen an ihrem Amtsvorgänger sei dies ein Unterschied «wie Tag und Nacht.»
Was Morf Fuhrer ankreidet: «Ihre Wirtschafts- und Wachstumsgläubigkeit. Hier würde eine kritische Auseinandersetzung guttun.» Für den Schneiser besonders wichtig: «In der Diskussion um den gekröpften Nordanflug hat Fuhrer die Initiative ergriffen, um die Sache wieder anzukicken.» Nun laufe allerdings nichts mehr, in Bern werde gebremst. Morf erwartet von Fuhrer «es bitzeli mee Druck in Bern». Dass jetzt in der Flughafenpolitik alles auf den hängigen Sachplan Infrastruktur Luftverkehr (SIL) des Bundes abgewälzt werde, sei «Wahnsinn». Frühere Flughafen-Betriebsreglemente habe es auch ohne SIL-Objektblatt Zürich gegeben.

«Gespräche finden nicht statt»

Auch nördlich des Rheins herrscht ein gewisses Unbehagen. Bernhard Wütz, Landrat aus dem süddeutschen Waldshut, will sich zwar nicht in Schweizer Angelegenheiten einmischen. «Ich würde es aber befürworten, wenn man in der Flughafenpolitik mit den unmittelbar Betroffenen im Gespräch bliebe. Solche Gespräche finden nicht statt», sagt Wütz und verweist auf die 80 000 Flüge, die jährlich immer noch über Süddeutschland Kloten ansteuern.

Fazit: Der gordische Knoten Flughafenpolitik bleibt auch zwei Jahre nach Rita Fuhrers Amtsübernahme ungelöst. Ein Neuanfang ist gemacht. Doch auf einen Durchbruch warten wohl auch Zürichs Stadtpräsident Elmar Ledergerber, der Aargauer Regierungsrat Peter C. Beyeler und die Flughafenbetreiberin Unique noch. Sie alle hüllen sich zu Fuhrers flughafenpolitischer Leistung in Schweigen. (ZOL, 17.11.05)