«Herr Leuenberger, verordnen Sie den Gekröpften!» (AZ/MLZ)

Publiziert von VFSNinfo am

Rund 5000 Südschneiser demonstrierten in Zürich gegen das neue Flugregime - und für Nordanflüge über den Aargau

Zum fünften Mal demonstrierten die Schneiser am Samstag gegen die Südanflüge. Rund 5000 Kundgebungsteilnehmer forderten in Zürich die rasche Einführung des gekröpften Nordanflugs.

Andreas Schürer

Die Farbe Gelb dominierte am Samstag Nachmittag die Zürcher Innenstadt. Rund 5000 Schneiser marschierten einheitlich ausgestattet mit Mützen und Leibchen, Armbändern, Ballonen und Trillerpfeifen durch die Bahnhofstrasse zum See. Viele kamen mit Kinderwagen.

Die Demonstration, organisiert vom Verein Flugschneise Süd-Nein (VFSN), stand unter dem Motto «Unsere Geduld hat Grenzen - wir wollen endlich Taten sehen». Die zentrale Forderung: Der gekröpfte Nordanflug soll im Frühling 2006 eingeführt werden - als Ersatz für die Süd- und die zusätzlichen Ostanflüge.
Die Südanflüge seien staatlich verordneter Terror, sagte VFSN-Präsident Thomas Morf in seiner Rede. Das Volk werde von der Obrigkeit zu Gunsten fremder Firmen und Staaten verraten und verkauft. Den Bundesrat forderte Morf auf, endlich Rückgrat zu zeigen und sich gegenüber Deutschland für die Interessen der Schweizer Bevölkerung einzusetzen. «Herr Leuenberger, verordnen Sie den gekröpften Nordanflug!», forderte Morf. Die Flughafenbetreiberin Unique mahnte Morf, den «Grössenwahnsinn von 420 000 Flugbewegungen» zu begraben. Das von Unique im Betriebsreglement 6 beantragte Dual Landing, koordiniertes Landen von Osten und Süden, sei inakzeptabel - genauso wie mehr Südstarts und der Wide Left Turn.

«Kein Goldküsten-Problem»

Der Zürcher Stadtrat Robert Neukomm sprach sich für eine nachhaltige Flughafenpolitik aus. Die Südanflüge müssten rasch abgeschafft werden, forderte auch er. Besonders stark betroffen seien Gebiete, die bereits Schwerverkehrsemmissionen tragen müssten: Opfikon, Dübendorf und Schwamendingen. «Die Südanflüge sind nicht ein Goldküsten-Problem», so Neukomm.
Der Grünliberale Nationalrat Martin Bäumle forderte den gekröpften Nordanflug, kombiniert mit einer Beschränkung der Flugbewegungen auf maximal 320 000 pro Jahr. Seine Forderung ist unter den Südanflug-Gegnern umstritten. Einerseits wurde an der Demo für die vom VFSN unterstützte radikalere Initiative geworben, die eine Plafonierung auf 250 000 Bewegungen fordert. Andererseits waren auch Stimmen zu hören, die von gesetzlichen Beschränkungen grundsätzlich nichts halten.

FDP-Nationalrat Filippo Leutenegger, wie an anderen Schneiser-Demos auch am Samstag an vorderster Front dabei, ortet vor allem im «ausgebrochenen Kantönligeist» eine Gefahr für den Flughafen Zürich-Kloten. Der Kanton Aargau zum Beispiel wehre sich, obwohl nur etwa 1000 Haushalte vom gekröpften Nordanflug betroffen wären, sagte Leutenegger am Rande der Demonstration. Ein Machtwort aus Bern wäre angebracht, findet Leutenegger.

UNIQUE BRAUCHT GELD

Die Flughafenbetreiberin Unique sucht private Investoren, die das Risiko bei Lärmklagen für den Flughafen-Zürich übernehmen, bestätigte Unique-Sprecher Andreas Siegenthaler einen Artikel der «SonntagsZeitung». Die Lösung mit Privaten soll bei einer allfälligen Fluglärm-Entschädigung eine Finanzierungslücke verhindern.

Unique hatte den entsprechenden Lärm-Fonds des Flughafens Zürich an den Bund übertragen wollen. Der Bundesrat hatte diese Möglichkeit aber im Dezember 2004 abgelehnt. Bislang gibt es keine höchstrichterlichen Entscheide zu Fluglärmentschädigungen. Mögliche Kosten werden auf bis zu 1,2 Milliarden Franken geschätzt. Der Lärm-Fonds ist gemäss Unique-Geschäftsbericht 2004 mit 116,3 Millionen Franken geäufnet. Im ersten Halbjahr 2005 kamen 23,8 Millionen Franken dazu.

Auf den Flughafen-Zürich kommen aber noch weiter neue Ausgaben zu. Laut Siegenthaler kosten die Umbauten nach einem Schengen- Beitritt der Schweiz einen «zweistelligen Millionenbetrag». Zudem laufen die Flughafen-Läden nicht so gut wie erhofft. Unique versucht nun an neue Gelder zu kommen: Auch ankommende Passagiere sollen zollfrei einkaufen können. Ein erster Vorstoss war vom Ständerat aber abgelehnt worden. (sda)

© Aargauer Zeitung / MLZ; 05.09.2005