Swiss-Pilot rastet über Funk wegen Verspätung aus (Blick)

Publiziert von VFSNinfo am
«Zum Chotzä z Züri!»

Weil die Starterlaubnis für sein Flugzeug zu spät kommt, flippt ein Swiss-Pilot aus und lässt seinen Ärger an der Fluglotsin aus. Die Fluggesellschaft nimmt ihn in Schutz.

Immer wieder kommt es am Flughafen Zürich zu Flugverspätungen. Das unter anderem, weil die Maschinen lange auf die Starterlaubnis warten müssen. Einem Swiss-Piloten wurde das letzten Sonntag zu viel, wie in einem Mitschnitt des Funkverkehrs zu hören ist. Um 12.05 Uhr hätte das Flugzeug bereits Richtung Palma de Mallorca abfliegen sollen.

Um 12.16 Uhr stand es immer noch am Gate. «What the hell is happeningzhere?» (Was zur Hölle passiert hier?), fragt der Pilot die Fluglotsin auf Englisch, der offiziellen Aviatik-Funksprache.

Die Fluglotsin antwortet, sie wisse es nicht. «Ich nehme an, Ihre Firma macht irgendetwas mit dem Flugplan. Aktuell ist Ihr Slot von 12.57 bis 13.12 Uhr.»
«Huere Drecksplatz»

Daraufhin platzt dem Piloten der Kragen, und er schimpft auf Schweizerdeutsch: «Es isch e Kataschtrophe. Mir händ foif Slots, mir sind immer parat, und entweder bringt ois de Flughafe nöd use. Es isch eifach wider mal zum Chotze da z Züri. Echt! Ich ha d Schnauze voll vo dem huere Dräcksplatz, Tschuldigung.»

Die Lotsin fasst sich kurz: «Sehr professionell.»

Der Pilot macht seinem Ärger weiterhin Luft: «Ja, ihr au! Ich bin ready now for 30 minutes. 30 Minute simmer parat und de Slot wird permanent umegschobe. Wänn mir parat sind, staht eine hinedrah. Me chunt eifach nie weg vo dem Platz, obwohl me parat isch. Das isch au sehr professionell, danke!»

Die Fluglotsin beendet die Diskussion und sagt am Ende «Wenn Sie Diskussionsbedürfnis hend, dann lütet Sie doch a.» Das Flugzeug darf dann um 12.47 Uhr starten und landet mit einer halbstündigen Verspätung in Spanien.

Swiss verteidigt den Piloten

Für den Piloten hat der Ausraster ein Nachspiel. «Der Vorgesetzte wird Kontakt mit dem Piloten aufnehmen und den Vorfall besprechen», sagt eine Swiss-Sprecherin zur «Aargauer Zeitung». Dass er aber auf die Verspätung so reagiert habe, könne man verstehen.

«Die Verärgerung über die Verspätungssituation ist nachvollziehbar und dass er sie zum Ausdruck gebracht hat, menschlich», heisst es. Schliesslich habe Pünktlichkeit für ihn eine hohe Priorität und die Beschwerde sei nicht gegen die Person im Kontrollzentrum gerichtet gewesen, «sondern Ausdruck von Ärger übers Gesamtsystem». Nur die für andere Piloten öffentliche Funkfrequenz und die Wortwahl seien nicht angebracht gewesen.

Blick, 11.10.2018




Kommentar VFSN:
Wir dachten immer, unabdingbare Voraussetzung für den Pilotenjob sei Nervenstärke. Wer von uns musste in seinem Arbeitsleben nicht schon mal eine halbe Stunde sinnlos warten? Unter diesen Umständen könnte man fast denken, dass es sich beim Ausraster um eine bestellte Einlage handelte die auch noch den Medien zugespielt wurde, die den Fall eine Woche lange in den Schlagzeilen hielten. Und überall stiess der Ausraster auf Verständnis. Passt zum medialen Trommelfeuer für eine Kapazitätserhöhung in Zürich.
Wie viel Verständnis würden wir (150\'000 Betroffene) bekommen, wenn wir uns derart unflätig beim Flughafen beschweren würden? Und das nicht wegen einer einmaligen Wartezeit von 30 min während der Arbeitszeit, sondern weil wir jeden zweiten Abend 30 Minuten Verspätung beim Einschlafen haben, dafür aber 1-3 Stunden früher als gewollt geweckt werden - und das seit 15 Jahren. P.S. Es handelte sich nicht um einen Flug der für den Wirtschaftsraum Zürich relevant gewesen wäre. Nein, ein Ferienflug nach Mallorca, mit vielen deutschen Umsteigern und Schweizern die ihr Feriengeld dank Billigflügen im Ausland ausgeben….

siehe auch: Das Gegenbeispiel, plötzlich haben Piloten Zeit, sogar sehr viel Zeit: Piloten beharren auf ihren First-Class-Sitz (Blick)