Gemeinden lancieren neue Idee für den Flugplatz Dübendorf (TA)

Publiziert von VFSNinfo am
Der Bund hat gestern bekräftigt, dass der Flugplatz künftig in erster Linie der Geschäftsfliegerei dienen soll.

Das Seilziehen um die Zukunft des Flugplatzes Dübendorf geht in die nächste Runde. Gestern hat der Bundesrat die planungsrechtlichen Grundlagen dafür gelegt, dass der Flugplatz künftig von der zivilen Fliegerei genutzt werden kann. Er hat die notwendigen Änderungen des Sachplans Militär und des Sachplans Infrastruktur Luftfahrt genehmigt. Damit hat er einerseits das benötigte Gelände für den geplanten Innovationspark freigegeben, anderseits festgelegt, dass «das zivile Flugfeld Dübendorf in erster Linie dem Geschäftsreiseverkehr dienen und für Werkflüge sowie Sport- und Freizeitflüge offenstehen soll», wie es in einer Medienmitteilung des Bundes heisst. Nach Ansicht des Bundesrats ist die zivilaviatische Nutzung sinnvoll, da neue Flugplätze in der Schweiz kaum mehr realisierbar seien.

Ganz anderer Meinung sind die Anrainergemeinden Dübendorf, Volketswil und Wangen-Brüttisellen. Sie haben sich bisher strikt gegen die Businessfliegerei in Dübendorf ausgesprochen. Und das wollen sie auch weiterhin tun. Lagere der Flughafen Zürich wie geplant einen Teil der Privat- und Geschäftsfliegerei nach Dübendorf aus, so sei das eine reale Bedrohung der Lebensqualität im Glattal, schreiben die drei Gemeinden in einer Medienmitteilung: «Wir sind entschlossen, gemeinsam gegen diese Bedrohung vorzugehen.»

Es bleibt aber nicht allein beim Widerstand. Um den Plänen entgegenzutreten, schlagen die Gemeinden einen Kompromiss vor: Dübendorf soll zum «historischen Flugplatz mit Werkflügen» werden. «Wir möchten den Flugplatz und die Piste erhalten», sagt der Dübendorfer Stadtpräsident Lothar Ziörjen (BDP), «aber wir wollen die Nutzung beschränken.» So soll beispielsweise die Ju-Air weiter fliegen dürfen, ebenso die Rega und die Luftwaffe. Und auch die bisherigen Werkstätten, die deren Flugzeuge warten und reparieren, sollen bestehen bleiben, weshalb auch alle damit im Zusammenhang stehenden Flüge erlaubt würden. Zjörien kann sich sogar vorstellen, dereinst im Innovationspark weitere aviatische Betriebe anzusiedeln; auch dafür wären Flüge erlaubt. Eines ist für die drei Gemeinden hingegen weiter tabu: «Wir wollen keine Geschäfts- und Freizeitfliegerei.»

Wie viele Flugbewegungen der Kompromissvorschlag beinhalten wird, kann Ziörjen noch nicht sagen: «Sicher weniger als mit der Geschäftsfliegerei.» Der Bund geht in seiner Grobplanung für die zivile Nutzung von rund 28\'500 Starts und Landungen pro Jahr aus.

Walker Späh sucht das Gespräch

Ob der Plan der Gemeinden eine Chance hat, ist derzeit schwer abzuschätzen. Zjörien sagt: «Ich bin optimistisch.» Immerhin sitze man im selben Boot mit dem Regierungsrat.

Tatsächlich hat die Zürcher Regierung beim Bund bereits mehrfach Vorbehalte gegenüber einem Businessflugplatz Dübendorf geäussert. Gestern teilte sie mit, sie wolle den Kompromissvorschlag der Gemeinden prüfen. Viel Zeit bleibt nicht, schon Ende Jahr muss das Resultat dem Bund vorliegen. Für Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh (FDP) ist es allerdings schon ein positives Zeichen, dass der Bund dem Kanton und den Gemeinden überhaupt zusätzlich Zeit eingeräumt hat. Positiv sei auch, dass die Gemeinden sich bewegten und einen Kompromissvorschlag erarbeiten wollten. «Ich werde nun intensiv das Gespräch mit allen Beteiligten suchen, um auszuloten, ob es eine Möglichkeit der Annäherung gibt», sagte Walker Späh gestern dem TA. «Was dabei herauskommt, kann ich aber noch überhaupt nicht abschätzen.»

Inhaltlich wollte sich Walker Späh zum Konzept des historischen Flugplatzes nicht äussern, dafür seien noch zu wenig Details bekannt. Grundsätzlich habe der Regierungsrat nach wie vor Fragezeichen gegenüber den Auswirkungen eines zivilaviatischen Flugbetriebs in einem so dicht besiedelten Gebiet und so nah am Flughafen Kloten.

Einfach dürfte es der Vorschlag jedenfalls nicht haben. Denn der Bund hat seine Strategie, die Geschäftsfliegerei von Kloten nach Dübendorf auszulagern, mehrfach bekräftigt, zuletzt im luftfahrtpolitischen Bericht Lupo.

«Gemeinden kommen zu spät»

Und schon vor zwei Jahren hat der Bund einen Rahmenvertrag mit einem möglichen Betreiber für den Flugplatz abgeschlossen, der Flugplatz Dübendorf AG. Dies nach einem ausführlichen Bewerbungsverfahren. Entsprechend zeigte sich Urs Brütsch, Geschäftsführer der Flugplatz Dübendorf AG, gestern etwas irritiert über den Vorschlag der Gemeinden: «Es ist fragwürdig, so spät noch ein solches Konzept einzureichen.» Grosse Chancen räumt er dem Vorschlag nicht ein. Dieser entspreche nicht dem Willen des Bundes, berücksichtige die Interessen der Geschäftsfliegerei nicht und sei kaum wirtschaftlich umsetzbar.

Den Entscheid des Bundesrats nimmt Brütsch «mit Genugtuung» zur Kenntnis; nun hoffe er, dass der Bund «weiter Stehvermögen beweist».

Bundesratsbeschluss wegweisend

Ähnlich klingt es auch von der im Juli dieses Jahres gegründeten IG Dreifachnutzung Flugplatz Dübendorf. Der Bundesratsbeschluss sei «wegweisend», heisst es in einer Medienmitteilung. Auf Anfrage des TA sagte Geschäftsführer Martin Arnold, er könne sich nicht vorstellen, dass der Kompromissvorschlag der Gemeinden umsetzbar sei: «Die Geschäftsfliegerei fristet in Kloten ein Randdasein. Wo soll sie hin, wenn sie dort wegmuss?»

Enttäuscht vom Bundesrat ist die IG Zivilflugplatz Dübendorf Nein. Die Vorstellungen des Bundes stünden «in starkem Widerspruch zu den Entwicklungsvorstellungen des Kantons und der Gemeinden», schreibt die IG. Zudem nehme der Bund Sicherheitsbedenken nicht ernst. Der Kompromiss hingegen gebe Anlass zur Hoffnung.

Tages-Anzeiger, 31.08.2016


siehe auch: Flugplatz Dübendorf: Bund passt Planungen für den Innovationspark und die Aviatik an (BAZL)