Spektakuläre Wendung im Taxistreit (Landbote)

Publiziert von VFSNinfo am
Ausländische Taxis haben keinen Anspruch auf Fahrten zum Flughafen Zürich. Der Taximarkt ist nicht Teil des Freizügigkeitsabkommens. Doch der Bund sieht das anders und will politischen Nutzen daraus ziehen.

Es existiert keine rechtliche Grundlage, auf der Taxibetreiber oder Politiker aus den Nachbarländern gewerbliche Taxifahrten zum Flughafen Zürich verlangen können. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Universität Zürich. Das Bundesamt für Verkehr sagt jedoch, ausländische Taxis hätten gemäss dem Freizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der EU einen Anspruch darauf, während 90 Tagen pro Jahr Passagiere zum Flughafen zu bringen oder dort auf Bestellung abzuholen. 

Experten äussern sich ge­gen­über dieser Zeitung verwundert darüber, dass der Bund den Nachbarländern diesen Anspruch zugesteht. 

Binnenmärkte in der EU 

Ein Taxifahrer ist der Unstimmigkeit auf die Spur gekommen. Rudolf Näpflin von der IG Airport Taxi hat sich in die Materie vertieft und ist dar­auf gestossen, dass in der EU die Taximärkte nicht liberalisiert sind. Er sagt: «Trotzdem verlangt die EU von der Schweiz für ihre Taxifahrer Zugang zum Flughafen Zürich.» 

In einem EU-Handbuch zu Binnenmarkt und Dienstleistungen von 2006 sind unter anderen Taxis und Krankenwagen von der Freizügigkeit ausgenommen. Näpflin gab nach diesem Fund im Namen der IG ein Privatgutachten an der Universität Zürich in Auftrag. 

Das Ergebnis: Der Taximarkt fällt nicht unter das Freizügigkeits-, sondern unter das Verkehrsabkommen. Nur was explizit darin genannt ist, ist auch liberalisiert – das Taxiwesen wird nicht genannt. 

Innerhalb der EU sind die Taxis auch von der Freizügigkeit ausgenommen. «Ein bilaterales Abkommen, das an den EU-Wirtschaftsraum andockt, kann nicht liberaler sein als die Verhältnisse innerhalb des Wirtschaftsraums», sagt ein Experte. Er vermutet, dass der Bundesrat für die Verhandlungen im Fluglärmstreit mit Deutschland «gut Wetter» machen will. 

Kloten muss entscheiden 

Die IG Airport Taxi hat bisher rund 10\'000 Franken ausgegeben für Anwälte und das Gutachten. Nun hofft sie auf Rechtsgleichheit. Die Taxifahrer stellten bei der Stadt Kloten ein sogenanntes Gesuch um Realakt: Sie verlangen, dass die Stadt die ausländischen Taxis vom Flughafen verbannt. Zusammen mit dem Gesuch reichen sie auch das Gutachten ein. 

Marc Osterwalder von der Stadtverwaltung Kloten bestätigt den Eingang des Gesuchs. Der Stadtrat habe sich damit noch nicht auseinandergesetzt, wird dies jedoch bei seiner Junisitzung tun. Kloten bestimmt am Ende über das Taxiregime am Flughafen. Zwar ist das Taxiwesen Sache der Kantone. Im Kanton Zürich ist es aber an die Gemeinden delegiert. 

Daniel Stehula

Der Landbote, 09.06.2012