«Last Call» für Stellungnahmen zum künftigen Flugbetrieb (NZZ)

Publiziert von VFSNinfo am
Bazl-Chef Peter Müller ist zuversichtlich, mit Deutschland eine gangbare Lösung für den Anflug auf den Flughafen Zürich zu finden

Mit der öffentlichen Auflage des Objektblattes für den Flughafen rückt mehr Rechtssicherheit im Zürcher Unterland näher. Wie das Flugregime aussehen wird, hängt jedoch weiter von einer Einigung mit Deutschland ab.

sho.  Der Begriff Objektblatt ist irreführend: In Wahrheit handelt es sich um ein Ringbuch mit 72 Seiten, knapp die Hälfte mit Text, dazu 15 Karten und ein Anhang. Am Montag gibt das Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) das Objektblatt des Sachplans Infrastruktur (SIL) für den Flughafen Zürich in die öffentliche Anhörung. Nicht nur Behörden, Verbände und Lärmgeplagte, alle Bewohner der Schweiz können bis am 29. Oktober ihre Meinung kundtun. Seit 2004 haben Experten, Politiker und Betroffene um die Festlegungen gerungen. Generelles Ziel dieser Planung ist es, für den Flughafen ein Korsett zu schneidern, das in der Region mehr Rechtssicherheit schaffen soll – für Hausbesitzer, Behörden und Anwohner. Inhaltlich ist das Objektblatt seit einem halben Jahr, seit dem Vorliegen des Schlussberichts zum SIL-Prozess, bekannt.

Vieles bleibt im Fluss

Für den Flugbetrieb sind drei Varianten festgelegt: Eine entspricht nahezu dem heutigen Betrieb. Die zweite setzt voraus, dass die Anflugbeschränkungen über Deutschland mindestens stark gelockert werden. Die dritte erfordert zusätzlich die Verlängerung der Piste 10/28 Richtung Rümlang und der Piste 14/32 nach Norden. Der Begriff Korsett gibt wiederum ein schiefes Bild, weil nach der Variante geflogen werden soll, für welche jeweils die technischen und rechtlichen Voraussetzungen gegeben sind. Fix ist die Abgrenzungslinie, ausserhalb deren in Zukunft keine übermässigen Belastungen gemäss Lärmschutzverordnung mehr zulässig sind.

Einiges bleibt also im Fluss, wie Bazl-Direktor Peter Müller am Freitag an einem Mediengespräch in Bern erläutert hat. Das gilt auch für eine Regelung mit Deutschland. Dort ringe man offenbar um eine Position, stellte er fest. Jedenfalls hat, nachdem die Schweiz Ende April ihre Haltung offengelegt hat, kein zweites Gespräch stattgefunden. Müller sprach von wohlwollenden Signalen aus Berlin und einem ehrlichen Willen der deutschen Regierung, eine Lösung zu finden. Dem stehe die starre Haltung der süddeutschen Landkreise gegenüber. Diese erhalten das Objektblatt auch zugestellt, können aber offiziell an der Anhörung nicht teilnehmen. Die deutsche Seite hat es seinerzeit abgelehnt, im SIL-Prozess mitzumachen. Laut Müller ist überdies am 9. September das Urteil des EU-Gerichts zur Klage der Schweiz gegen die deutschen Anflugbeschränkungen zu erwarten.

Beim gekröpften Nordanflug bleibe man am Ball, meinte der Bazl-Chef. Je konkreter man werde, desto mehr zeige sich allerdings, dass die Umsetzung keineswegs so einfach sei, wie das seine Promotoren behaupteten. Dass eine Lösung für den Flughafen doch eher nördlich des Rheins zu suchen ist, hat mit der von Deutschland selber geforderten Lärmanalyse zu tun. Ihre die Schweizer Haltung stützenden Resultate könne man nicht einfach wegwischen, so Müller. Das Objektblatt zeige überdies, dass der Flughafen kein Monster sei, das unbegrenzt wachsen könne. Müller verwies auf den Verzicht auf Parallelpisten. Ausserdem werde man bei der Nachtflugsperre nicht hinter die seit Juli geltende strenge Regelung zurückgehen. Zu reden dürfte jedoch die Absicht geben, im Ausnahmefall Flüge zwischen 23.30 und 00.30 Uhr zuzulassen.

Klarheit erst in Jahren

Gleichzeitig mit dem Objektblatt wird der Teil Flughafen des Zürcher Richtplans aufgelegt. Geplant ist, dass der Bundesrat beides 2012 genehmigen kann. Dann dauert es rund zwei Jahre, bis ein definitives Betriebsreglement für den Flughafen vorliegt, das noch gerichtlich angefochten werden kann.

NZZ, 21.08.2010


Link zu den Faktenblättern (zuunterst auf der Seite)


siehe auch:
Flughafenpolitik für jedermann (NZZ, 17.08.2010)
SIL-Objektblatt für den Flughafen Zürich geht in öffentliche Anhörung (BAZL, 20.08.2010)
Auch der Richtplanentwurf zum Flughafen liegt auf (NZZ, 23.08.2010)
Steuerungsgruppe Fluglärmforum Süd bietet Mustereinsprache (ZOL, 07.09.2010)