Rache der Natur (Leserbriefe TA)

Publiziert von VFSNinfo am
Es ist doch interessant, dass ein einziger Vulkanausbruch in unserer hochtechnisierten Welt in der Lage ist, den ganzen Flugverkehr weltweit lahmzulegen.   Vielleicht sollten wir uns einfach einmal darauf besinnen, dass die Natur trotz allem technischen Fortschritt immer stärker ist als der Mensch, was auch gut ist. Wir sollten uns auch einmal bewusst werden, dass sich die Natur an unseren Freveln mit Naturkatastrophen rächen wird.
Willi Kappeler, Zürich

Staat als Nothelfer.
Kaum ist der Himmel wieder sauber und hat sich die isländische Asche verflüchtigt, kaum sind die Wirtschaftswunden notdürftig geleckt und desinfiziert, gehen die von einem Naturphänomen genarrten Flug- und Tourismusindustrie-Lobbyisten auf die Suche nach Heftpflästerchen zur provisorischen Wundpflege, nach Überbrückungskrediten à fonds perdu. Bei Vater Staat, beim Steuerpflichtigen, da der Planet Erde noch nicht zur Kasse gebeten werden kann und die Uno es bis heute in kindlichem Unverständnis versäumte, eine globale Naturereigniskasse zur Teildeckung von Schäden durch Erdbeben, Hochwasser, Lawinen, Tsunamis, Vulkanausbrüchen mit Ascheauswurf in die Troposphäre und Wirbelstürme (Hurrikan, Taifun, Zyklon) zu schaffen.
Erwin A. Sautter, Zumikon

Das Bellen der Schnecken.
Ach, war das herrlich! Keine dröhnenden Dezibel mehr, die mir schmetternd vom Himmel in die Gehörgänge donnern. Keine Kondensstreifen, die das spärliche, luxarme Frühlingslicht noch weiter dämpfen. Wenn auch noch der Treibstoff für Ottomotoren auf 5 Franken pro Liter gestiegen wäre, dann hätte man überall ungestört die Vögel zwitschern, den Specht hämmern, das Knacken der aufspringenden Blüten und die sich darin verirrenden Bienen summen hören können. Bei solch akustischer Labsal wäre vielleicht bei etwas Übung sogar das Rauschen des wachsenden Grases und das Bellen der Schnecken wahrnehmbar gewesen. Auch für mich, als einer aus keiner Himmelsrichtung betroffenen Nichtschneiser, eine wahrlich himmlische Vorstellung.
Martin Schedle, Zürich

Sparen in der Zeit statt stöhnen.
Jetzt stöhnen die Fluggesellschaften über die Verluste, die sie wegen des Vulkanausbruchs machen. Das nervt total, denn wenn sie Gewinne machen, stöhnen sie nicht. Wenn diese Leute gescheit wären, würden sie in guten Zeiten für solche Situationen Geld auf die Seite legen. Denn es kann immer etwas passieren.
Susanne Elsener, Zürich

Ende der Ruhe.
Das ruhigste Wochenende seit eh und je ist vorbei. Im Minutentakt werden sie wieder über den Mutschellen und den Aargau donnern, auch der Frachtflieger, der jeden Abend mit lautem Getöse nach 23 Uhr über unser Haus fliegt, wird wieder kommen. Danke an den isländischen Vulkan der uns etwas Besinnung gebracht hatte.
Kurt Schaer, Fischbach-Göslikon

Es zählt nur das Geld.
Wie beglückend ruhig und erholsam waren doch die letzten Tage ohne die umweltzerstörende, völlig unnötige und hirnrissige Vielfliegerei: ohne die einkaufsverrückten Damen, die glauben, über das Wochenende zum selbstbefriedigenden Shopping nach New York fliegen zu müssen. Und ohne die Herren, die glauben, ihre Lustknaben in Thailand besuchen zu müssen. Aber schon wird lautstark kritisiert, die Sicherheitsvorkehrungen der Behörden seien unnötig und würden Millionenverluste verursachen. Auch hier zählt, wie bei den Bankern, offensichtlich nur das Geld und der Profit und nicht das Wohlergehen der am Boden hart arbeitenden Mitmenschen, und nicht die Unversehrtheit der Natur sowie von Leib und Leben der mit Flugzeugen reisenden Menschen. Es ist höchste Zeit, der unnötigen und frevelhaften Billig- und Vielfliegerei mit allen politischen, ökologischen und sonstigen Mitteln endlich Einhalt zu gebieten, ansonsten unsere Gesundheit und die Umwelt zugrunde gehen.
Theodor Keller, Winterthur

Experten im Dienst der Wirtschaft.
Auch ich fühlte mich um 24 Jahre zurückversetzt; es ist, als wäre es gestern gewesen, als die unsichtbare Wolke von Tschernobyl sich an der Schweiz vorbeibewegte. So hiess es jedenfalls beschwichtigend. Doch das musste korrigiert werden. Und flugs wurden die Grenzwerte angehoben. Jetzt durfte man die Strontium-Käsli und den Cäsium-Honig aus dem Tessin und anderswo getrost geniessen. Dank den Experten, die alles genau berechnen können, im Dienste unserer Wirtschaft und unser aller Wohlstand.
Silvia Jäger, Zürich

Zynismus überall.
Es sei geradezu zynisch von denen, wenn die wirtschaftlichen und finanziellen Aspekte über die Sicherheit gestellt würden, meinte ein deutscher Minister zum Flugverkehr. Endlich sprachs ein Politiker aus. Doch warum nur hier? Wo verhält es sich im öffentlichen Raum denn anders? Vielleicht in der Finanz- und Wirtschaftswelt, in der übrigen Verkehrs- und Energiepolitik? Kaum. Einziger Unterschied: Die Zerstörung ist dort nicht so konkret sichtbar und die Ursache nicht so einfach nachzuweisen.
Diana Bach, Zürich

Keine Reserven trotz gutem Geschäft.
Die Swiss möchte also Schadenersatz für die kurzfristig erlittenen Verluste. Das fehlte gerade noch. Die Swiss heisst zwar so, ist aber gar nicht swiss. Was die Swiss verdient – und sie ist eine Goldgrube –, geht doch zum grössten Teil zur Lufthansa ins Nachbarland. Hat man trotz sonst bestem Geschäftsgang eigentlich keinen Franken Reserve, falls einmal etwas schiefläuft?
Werner Dinkelacker, Zürich

Nicht lernfähig.
Das Management von Flughafen Zürich AG und das deutscheUnternehmen «Swiss» sind anscheinend nicht lernfähig. Beide wollen private Unternehmen sein, verlangen aber bei kleinstem geschäftlichem Gegenwind sofort nach Staatshilfe. Wo bleibt da das unternehmerische Risiko? Läuft ein Geschäft gut, hat niemand etwas dagegen, dass schöne Gewinne erzielt werden, tritt das Gegenteil ein, so hat das Unternehmen selbst den Verlust zu tragen. Diese klare ökonomische Grundregel ist jedem Unternehmer klar, nur nicht der Flugindustrie, die in den letzten Jahrzehnten dauernd durch Steuergelder finanziert werden will, obwohl sie längst privatisiert wurde. Die Öffentlichkeit wurde aber noch nie informiert, dass eine dieser Luftfahrtfirmen Rückzahlungen an den Staat erstattet hat, nachdem sich die Wirtschaftslage wieder gebessert hatte. Bei einer solchen Entwicklung werden Investoren und Aktionäre zu Nutzniessern und nicht der dumme Staat, der zahlt, wenn Verluste anstehen. Viele Schweizer unterstützen dieses arrogante Verhalten der Luftfahrt, da sie diese immer noch als Elite-Industrie ansehen. Doch ist sie das noch? Mit ihrer Billigpreisstrategie und dem immer lausigeren Service ist sie längst zu einem Busunternehmen der Lüfte verkommen. Da deshalb die Flüge kaum noch kostendeckend sind, muss der Staat um Finanzhilfen angefleht werden. Darum muss die gesamte Flugindustrie dringend reorganisiert werden, die Banken lassen grüssen.
Max Siegel, Riedt-Neerach

Tages-Anzeiger, 21./24./28.04.2010



siehe auch:
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