Der Manipulation beschuldigt (AvU)

Publiziert von VFSNinfo am
Region Bürgerprotest Fluglärm Ost reicht Aufsichtsbeschwerde ein

Daten zur Anzahl von Fluglärm betroffener Personen sollen im SIL-Prozess manipuliert worden sein.

Cathrin Jerie

Der Bürgerprotest Fluglärm Ost (BFO) hat beim Bundesrat eine Aufsichtsbeschwerde einge­reicht. Damit will der BFO dem Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) und dem Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) gewisse Behauptungen verbieten. So soll die im SIL-Prozess diskutierte Betriebsvariante «J optimiert» nicht mehr als jene Variante bezeichnet werden, die weniger Personen mit Fluglärm belastet als die Varianten «E optimiert» und «E DVO». Diese Aussage sei nachweislich «falsch und irreführend», meint der BFO.

Falsch, weil die Modellrechnungen Fehler in den Berechnungen nicht berücksichtigen würden, erklärt Kurt Stocker vom BFO. «Als Naturwissenschaftler war ich überrascht, dass die Modellrechnungen die Ungenauigkeiten nicht berücksichtigen.» Das Problem der Modelle liege darin, dass sie die Situation für das Jahr 2030 berechnen und viele Faktoren wie beispielsweise technische Neuerungen an Flugzeugen und Anflugrouten noch nicht bekannt sind. Diese Faktoren würden als Fehler in einer gewissen Abweichungsbreite in den Modellen dargestellt.

Fehler nicht berücksichtigt

«Das ist wie bei einem Kostenvoranschlag eines Handwerkers», erklärt Stocker. Wenn ein Handwerker seine Arbeiten für 7\'000 bis 13\'000 Franken anbiete und ein anderer für 6\'000 bis 10\'000 Franken offeriere, könne immer noch der erste Handwerker günstiger sein. «Je nachdem, in welchem Bereich der Kostenskala die Arbeiten ausgeführt werden, beläuft sich die Rechnung des vermeintlich günstigeren Handwerkers auf 10\'000 Franken und jene des teureren auf 9\'000 Franken.» Gleich verhält es sich bei den Berechnungen für die von Fluglärm betroffene Anzahl Personen, meint Stocker. Eben diese Ungenauigkeiten habe das Bazl aber nicht berücksichtigt und behaupte aufgrund der nicht bereinigten Zahlen, dass bei der Variante «J optimiert» weniger Personen von Fluglärm betroffen sein sollen.

Vorwurf der Manipulation

«Das ist Manipulation», sagt Stocker. Berücksichtige man die Fehler der Modellrechnungen, ergebe sich nämlich kein Unterschied in der Anzahl von Fluglärm betroffener Personen. Weil die Bevölkerungszahl aber nach Ansicht des BFO der einzige Unterschied sei, welcher für die Variante «J optimiert» spreche, müssen die Fehler berücksichtigt werden. Denn damit ergebe sich eine neue Ausgangslage: Bei der Variante «J optimiert» sind dann plötzlich nicht weniger Personen als bei den anderen Varianten von Fluglärm betroffen.

Neben der Lärmbelastung der Bevölkerung sei die Variante «J optimiert» mit weiteren Nachteilen verbunden. «Der ganze Flugbetrieb wird gedreht», sagt Stocken Dies führe zu einer «dramatischen Verschiebung» der Flüge in den Osten. Neu würde von 10 bis 16 Uhr über den Osten geflogen. Ein weiterer Nachteil sei, dass die Pisten 28 und 32 ausgebaut werden müssten. Die Investitionen dafür würden sich auf gegen zwei Milliarden Franken belaufen, meint Stocken Überdies seien die Lärmbelastungen durch den Flugverkehr in der Nacht im Variantenvergleich unterschlagen worden. «Das Bazl kommt wegen unserer Beschwerde in Erklärungsnotstand», ist Stocker überzeugt. Denn bei der Stellungnahme, welche das Amt dem Bundesrat als Aufsichtsbehörde abgeben müsse, seien die bemängelten Modellrechnungen zu thematisieren.

Nach bewährten Methoden
Daniel Göring, Leiter Kommunikation beim Bazl, bestätigt, dass von der Aufsichtsbeschwerde Kenntnis genommen wurde. «Inhaltlich können wir keine Stellung beziehen.» Göring hielt aber fest, dass die Unterlagen im SIL-Prozess nach wissenschaftlich bewährten Methoden erstellt und transparent dargestellt worden seien.

AVU, 10.03.2010, Seite 1



siehe auch:
Nicht glaubhaft (Leserbriefe AvU)

Kommentar VFSN:

Die angesprochenen Ungenauigkeiten würden sich im Süden wie im Osten gleichermassen auswirken (z.B. lautere oder leisere Flugzeuge): Steigt die Zahl der tatsächlich Betroffnen im Osten, steigt sie selbstverständlich auch im Süden.
Der Süden ist dreimal dichter besiedelt als der Osten. Der gesunde Menschenverstand müsste eigentlich genügen um zu erkennen, dass ein Anflug im Süden mehr Menschen belastet als ein Anflug im Osten. Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte:



Die Bevölkerungsdichte (Quellen: GIS-Zentrum des ARV, Statistisches Amt des Kantons Zürich):

Absturzkorridor Ost:

Absturzkorridor Süd: