Scharf bewachte Zürcher Flughafen-Plädoyers vor Berner Richtern (NZZ)

Publiziert von VFSNinfo am
Auftakt zu den mehrtägigen öffentlichen Verhandlungen zur Legitimität der Südanflüge und zusätzlicher Ostanflüge

In Bern haben unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen Verhandlungen über die Legitimität der Süd- und Ostanflüge begonnen. Der Auftakt verlief friedlich.

Adrian Krebs, Bern · In Bern hat man offenbar wüste Vorstellungen von den Ausmassen des Lärmkonflikts um den fernen Zürcher Flughafen. Die Teilnehmer an der gestern gestarteten öffentlichen Verhandlung vor Bundesverwaltungsgericht haben sich mit einem Polizeiaufgebot konfrontiert gesehen, das normalerweise nur am Leben bedrohten Schwerverbrechern oder Zeugen zuteil wird. Als die rund 50 Beteiligten und die knapp 10 Zuschauer (inklusive 4 Journalisten) dann die Metalldetektoren durchschritten hatten und im Saal sassen, taten sie dies aber sehr gesittet und ohne dass die Beamten in Zivil auch nur ansatzweise hätten an ein Einschreiten denken müssen.

«Keine Rechtsverweigerung»

Auf dem Programm des fünfköpfigen Richtergremiums unter der Leitung von Abteilungspräsident Lorenz Kneubühler und Instruktionsrichterin Kathrin Dietrich stand zunächst eine kurze Vorstellungsrunde der Teilnehmer und ihrer Repräsentanten. Aufseiten der 80 Beschwerdeführer waren gut 30 Vertreter anwesend, von der Beschwerdengegnerin Unique sowie den Vorinstanzen des Bundes und den Beobachtern von Swiss und Skyguide ein rundes Dutzend. Gegenstand der maximal sechstägigen Verhandlungen sind das vorläufige Betriebsreglement von 2003, Verfügungen des Bazl aus den Jahren 2003 und 2005 und die Plangenehmigungen für das Instrumentenlandesystem auf die Südanflugpiste 34 sowie zusätzliche Abrollwege für die Ostanflugpiste 28.

Wichtigster Inhalt der genannten Erlasse ist die Zulassung von Südanflügen (2003) sowie zusätzlicher Ostanflüge (ab 2001 beziehungsweise 2003). Sie wurden Hals- über Kopf verfügt, weil Flughafen und Bund nach der Verhängung der einseitigen deutschen Anflugverbote 2003 keine Alternative zu den neuen oder forcierten Flugstrassen sahen. In den vergangenen sechs Jahren hatten vor allem die Flughafen-Kritiker in der Südschneise immer wieder politisch motivierte Rechtsverweigerung moniert. Diesen Vorwurf wollte Kneubühler in seinen einleitenden Ausführungen nicht auf dem Bundesverwaltungsgericht sitzen lassen. Neben der Instruktionsrichterin seien ständig ein bis zwei Gerichtsschreiber mit dem Fall beschäftigt gewesen. Die rechtliche Komplexität, die hohe Zahl der Beschwerdeführer sowie die häufig wechselnden Reglemente und Erlasse hätten die Tätigkeit des Gerichts sehr zeitaufwendig gemacht, sagte Kneubühler.

Gleiches Recht für alle?

In der darauf folgenden Sachverhaltsdebatte enthielten sich beide Seiten fast ausnahmslos der Möglichkeit zu Bemerkungen und Anträgen auf Änderungen am vorgesehenen Vorgehen. Deshalb konnte früher als geplant das erste Plädoyer über die Bühne gehen.

Isabelle Häner, die Anwältin zahlreicher Gemeinden im Osten des Flughafens, darunter Winterthur und Bassersdorf, gliederte ihr Referat in neun Punkte. Die markantesten Forderungen betrafen die Einführung des gekröpften Nordanflugs, eine achtstündige Nachtruhe, einen Plafond bei maximal 320\'000 Bewegungen jährlich auf dem Flughafen Zürich und eine Gleichbehandlung aller Anwohner rund um den Flughafen. Dieser Punkt dürfte noch zu reden geben, sind doch die Südanflug-Gegner der Meinung, dass dünner besiedelte Gebiete für Belärmung de iure vorzuziehen sind.

NZZ. 24.11.2009, Seite 17


siehe auch:
Öffentliche Verhandlungen Flughafen Zürich (VFSN)
Kein Lärm, keine Flugzeuge (SF Tagesschau)
Alles oder nichts (NZZ)
Flughafen Zürich am Pranger (NZZ)
Eine grössere Geduldsprobe für die Richter (ZSZ)
Showdown im «National»-Säli (NZZ)
Sind Südanflüge zulässig? (NZZ)
Südanflug-Urteil in Sichtweite (ZSZ)
Eine unglaubliche Geschichte - Chronologie der Südanflüge - aktualisiert 3.11.2009 (VFSN)