Das neue deutsche Kabinett als Chance (NZZ)

Publiziert von VFSNinfo am
Zentrale Figuren der schwarz-gelben Regierung sind der Schweiz gewogen

Zur Zeit des schwarz-roten Kabinetts Kanzlerin Merkels war das Verhältnis zwischen Bern und Berlin ziemlich unterkühlt. Die neue Formation mit den Liberalen bietet die Chance zu einer markanten Klimaverbesserung.

Ulrich Schmid, Berlin

Auszug:

Die vergangenen vier Jahre werden nicht als die Kulmination schweizerisch-deutscher Freundschaft in die Annalen eingehen. Der Steuerstreit und die Auseinandersetzung um die Anflugschneise über Süddeutschland zum Flughafen Zürich sorgten inhaltlich, in der Form ungehobelter, hauptsächlich innenpolitisch motivierter Äusserungen von Finanzminister Steinbrück für erhebliche Verstimmung. Der letzte Besuch Angela Merkels in der Schweiz im April 2008 war von einer bei solchen Anlässen selten konstatierten Kühle geprägt. Die Schweiz, so ein damals verbreitetes Gefühl, lief Gefahr, der traditionell gutnachbarlichen Beziehung verlustig zu gehen.

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Konzentration auf den Süden
Peter Ramsauer, der designierte Verkehrsminister, ist Bayer, und auch wenn Bayern den Österreichern im Allgemeinen näherstehen als der Schweiz, verstrahlen sie doch jenen typisch süddeutschen Charme, der Schweizer Seelen nachhaltiger erwärmt als preussische Nüchternheit. Offiziell wird Ramsauer wie seine Ministerkollegen in spe erst am Mittwoch vereidigt und ist deshalb gehalten, zu Fragen wie dem Streit um Fluglärm und Kerosinverschleiss noch keine Stellungnahme abzugeben. In seinem Büro macht man allerdings klar, dass der 55-jährige Träger des Bundesverdienstkreuzes generell ein «Freund der Alpenländer» ist und natürlich auch mit der Schweiz einen freundschaftlichen Ton pflegen wird. Vor allem aber ist Ramsauer mit einem grossen und einflussreichen Bewunderer der Schweiz eng befreundet, mit dem ehemaligen CSU-Chef und Kanzlerkandidaten der Union Edmund Stoiber. Stoiber ist der politische Ziehvater Ramsauers. In diesem Habitat gedeiht keine billige, effekthascherische Feindschaft.

Ramsauers Vorgänger, der ostdeutsche Sozialdemokrat Wolfgang Tiefensee, war zwar ein ausgesucht höflicher Mensch, doch von der Schweiz wusste er naturgemäss nicht eben viel, und seine politischen Bemühungen waren primär – und verständlicherweise – auf die verkehrstechnische Erschliessung des nordöstlichen Raumes angelegt. Ramsauer wird zweifellos wieder die Alpenländer vermehrt ins Auge fassen.

NZZ, 27.10.2009