Leisere Flugzeuge dank höheren Gebühren? (NZZ)

Publiziert von VFSNinfo am
Der Kantonsrat diskutiert am Montag neue Lärmtarife – Regierung und Flughafen begrüssen das Anliegen

Technologischer Fortschritt hat dazu geführt, dass heute 90 Prozent der Flugzeuge in Zürich frei von Lärmgebühren landen dürfen. Nun fordert ein Postulat im Kantonsrat eine Anpassung des Reglements, um den Trend zum leiseren Flugzeug zu verstärken.

Adrian Krebs

Einst brachte jeder Start die Kommunikation in der Flughafenregion zum erliegen. Die Lärmteppiche einer Boeing 747 oder einer Caravelle waren derart ohrenbetäubend, dass Lehrer den Unterricht und Stammtisch-Gäste ihre Gespräche unterbrechen mussten.

Um diese unhaltbaren Zustände zu verbessern, führte der Flughafen 1980 ein Lärmgebührenmodell für Düsenflugzeuge ein. Die lautesten Maschinen in der Klasse 1 hatten zusätzlich zur gewichtsabhängigen Landegebühr 800 Franken in die Flughafenkasse zu entrichten, die leisesten in der Klasse 5 blieben kostenfrei. Seit der Einführung wurde das Gebührenmodell nur einmal revidiert. Im Jahr 2000 erhöhte man die Abgabe für die Lautesten auf 1000 Franken. Mittlerweile ist das Modell ein Opfer des eigenen Erfolgs geworden. Dank seinen Anreizen und dem ständigen technischen Fortschritt fliegen heute knapp 90 Prozent der Flugzeuge in Zürich in der Klasse 5 und gebührenfrei.

Umstrittener Automatismus

Damit sind nicht nur die Anreize für den Einsatz noch leiserer Flugzeuge stark gesunken, sondern auch die Einnahmen aus den lärmabhängigen Gebühren: «Innerhalb der letzten 10 Jahre hat der Ertrag um rund die Hälfte auf 5 bis 6 Millionen Franken jährlich abgenommen», sagt Priska Seiler Graf. Die Klotener SP-Kantonsrätin hat deshalb vor gut zwei Jahren gemeinsam mit Unterzeichnern aus GP und CVP ein Postulat eingereicht, das eine neue Klasseneinteilung und damit eine Erhöhung der Landegebühren verlangt, damit sie ihre ursprüngliche lenkende Wirkung zurückerhalten.

Im zweiten Teil des Postulats will Seiler gleich auch Pflöcke für die Zukunft einschlagen. Sie fordert dort eine rollende Anpassung der Lärmklassen-Einteilung, die dafür sorgt, dass immer mindestens 50 Prozent der Flugzeuge gebührenpflichtig sind. Bei der Beratung im Rat wird wohl vor allem dieser Punkt zu reden geben. Die SVP steht einer Anpassung grundsätzlich zwar ebenfalls positiv gegenüber, will aber keinen Automatismus. Deshalb hat SVP-Kantonsrat Lorenz Habicher einen Ablehnungsantrag formuliert. Seiler zeigt sich in diesem Punkt kompromissbereit: Über die automatische Anpassung könne man durchaus noch diskutieren.

Höhere Gebühr senkt ZFI

Die Regierung hat ihre Bereitschaft, das Postulat entgegenzunehmen, bereits signalisiert. Sie hat alles Interesse an einer Gebührenerhöhung, weil damit die Zahl der stark Fluglärm-belästigten Anwohner indirekt vermindert werden könnte. Deren Zahl ist im Zürcher Fluglärm-Index (ZFI) entscheidend. Da dieser bereits 2008 den gesetzten Richtwert überschritten haben dürfte, muss die Regierung Massnahmen prüfen. Eine Gebührenerhöhung war schon bei der Lancierung des ZFI als mögliches Instrument erwähnt worden. Die Flughafen Zürich AG reagiert ebenfalls positiv. Man habe grosses Interesse an einem möglichst lärmgünstigen Flottenmix, erklärt Sprecherin Jasmin Bodmer. Deshalb sei eine Gebührenerhöhung ständiges Thema, aber eine allfällige Anpassung sei bisher nicht beschlossen.

Postulantin Seiler Graf hat derweil schon das nächste Eisen im Feuer. Um den Mittelzufluss zum Flughafen-Lärmfonds zu sichern, fordert sie in einem weiteren Vorstoss gemeinsam mit SP-Kollegen neben der Erhöhung für Flugzeuge eine Verdoppelung der Lärmgebühren für Passagiere auf 10 Franken.

NZZ, 21.10.2009