Beyeler wird beim Fluglärm laut (AZ)

Publiziert von VFSNinfo am
Mehrfache Vorwürfe, die Aargauer Regierung wehre sich zu wenig gegen den Fluglärm, führten beim Verein Gekröpfter Nordanflug Nein in Würenlingen zum Eklat. Baudirektor Peter C. Beyeler schlug auf den Tisch und wies diese Polemik scharf zurück.

Hans Lüthi

Zuerst sah alles nach einer braven Information über den Fluglärm aus, wie es sie im Würenlinger Mehrzweckbau Weissenstein schon oft gegeben hat. Regie führte auch diesmal der Verein Gekröpfter Nordanflug Nein, der wieder einmal ein paar Pflöcke einschlagen wollte. Das scheint auch dringend nötig, denn das Interesse schwindet wie derzeit die Blätter an den Herbstbäumen. Füllten früher noch 300 bis 400 Personen die Halle, kamen diesmal nur 70 bis 80 Interessierte, die zudem fast alle in einer kommunalen Funktion tätig sind. Vielen ist der Sachplan Infrastruktur Luftfahrt (SIL) zu abstrakt und weit entfernt. Im Nordaargau verbreitet sich die Meinung, der Fluglärm sei ja in der Wirklichkeit nicht so schlimm. Denn: Viele Gemeinden profitieren von den Sperrzeiten der deutschen Verordnung.Starke Zunahme beim Nachtlärm

Über solche Reaktionen der Bevölkerung «kann ich nur staunen», sagt Vereinspräsident Kurt Schmid, der als Lengnauer Gemeindeammann mit dem Schlimmsten rechnen muss. Obwohl die Absichten des Bundesamtes für Zivilluftfahrt (Bazl) und des Flughafens Zürich klar sind, werden viele Leute erst erwachen, wenn die Jets künftig jede Nacht von 22 bis 24 Uhr über das Surbtal donnern. In sämtlichen Varianten ist genau das vorgesehen. Die sachlichen und ausgezeichneten Informationen durch Baudirektor Peter C. Beyeler und Projektleiter Hans-Martin Plüss machten klar, dass keine Entwarnung möglich ist. Der Flughafen will von heute 270 000 auf 350 000 Starts und Landungen pro Jahr wachsen, der nächtliche Verkehr wird sich verdoppeln. Immer noch in den Plänen ist der gekröpfte Nordanflug per GPS von 6 bis 7 Uhr - zur völligen Entlastung der am lautesten reklamierenden Südschneiser.

Flugzeuge steigen zu wenig steil

Was die Aargauer in den Fluglärm-Schneisen am Mutschellen, im Zurzibiet und im Raum Baden noch beschäftigen wird, sind die immer grösseren Flugzeuge. Weil diese weniger steil steigen können, vergrössert sich der Lärmteppich massiv, in Zukunft verstärkt in den Regionen Baden, Brugg und Fricktal. Schuld daran ist ausgerechnet die Swiss, die von ihrem Heimflughafen aus mit den lärmigsten Maschinen in alle Welt fliegt.

Massive Kritik an der Regierung

Weil es für die Aargauer beim Fluglärm künftig schlecht aussieht, sprach Kurt Schmid von einer Ohrfeige aus Bern. Den Gemeinden Schneisingen, Lengnau und Siglistorf drohen Planwert-Einschränkungen, was die künftigen Bauzonen und die Entwicklung behindert. Die Surbtalroute sei von der Regierung zu früh akzeptiert worden, jetzt drohe eine inakzeptable Doppelbelastung. Weckflüge am frühen Morgen von 6 bis 7 Uhr und Schlafkiller am Abend bis um Mitternacht seien eine Horrorvorstellung, meinte Grossrat Kurt Wyss (CVP, Leuggern). «Wir sind im Aargau auf der Verliererstrasse, die Regierung muss mit dem Kanton Zürich und mit dem Bazl härter verhandeln», betonte Wyss. Von den acht Forderungen des Vereins Gekröpfter Nordanflug Nein sei bisher keine erfüllt worden, kritisierte Schmid, die Regierung müsse mehr Haltung zeigen. Sie übernehme ja nicht einmal die Anliegen aus der Bevölkerung, meinte Alt-Nationalrat Anton Keller und schlug damit in die gleiche Kerbe.

Heftige Reaktion von Beyeler

Ob dieser frontalen Attacke platzte Regierungsrat Beyeler der Kragen: «Was soll diese Polemik, wir werden versuchen, Druck zu machen, aber der Entscheid liegt beim Bazl in Bern», rief er in doppelter Lautstärke in den Saal und schlug auf den Tisch. Dank konsequenter und kompetenter Arbeit habe der Aargau immerhin erreicht, dass das Bazl den gekröpften Nordanflug auf Sicht abgelehnt habe. Wer nicht einverstanden sei, solle doch eine Fluglärm-Demonstration in Bern organisieren: «Für eine politische Wirkung braucht es dazu 5000 Personen», spielte Beyeler den Ball zurück. Eine Regierung könne nicht einfach illusorische Forderungen stellen, sonst verliere sie rasch ihre Glaubwürdigkeit und werde in Bern nicht mehr ernst genommen, argumentierte Beyeler. «Darum stellen wird nur Forderungen auf, die wir sachlich begründen können», rechtfertigte der Baudirektor den politischen Weg. Der Aargau habe keine rechtlichen Mittel, «aber dank einer konsequenten Haltung hört man in Bern auf uns», versicherte er.

Der Einsatz in Bern habe Wirkung gezeigt, aber jetzt werde es schwieriger, sagte Nationalrat Hans Killer (SVP, Untersiggenthal). Wichtig sei eine breite Mitwirkung, «dann bekommen wir mehr Gewicht», heisst Killers Aufruf an die Bevölkerung.

Aargauer Zeitung, 16.10.2009


Kommentar VFSN: Die "Horrorsvorstellung" ist im Süden längst und leider immer noch Realität. Mit dem Untrschied, dass im Süden über zehnmal mehr Menschen ganz massiv mehr Lärm haben. Sieh dazu: Neu durch Fluglärm Betroffene: Südanflug kontra GNA (VFSN)