Standpunkte Daniel Jositsch

Publiziert von VFSNinfo am

Antworten auf den Fragenkatalog vom 3. Oktober 2009

Daniel Jositsch, Rechtsanwalt / Strafrechtsprofessor / Nationalrat SP


VFSN: Was ist aus Ihrer Sicht das Hauptproblem am Flughafen Zürich?
DJ: Der fehlende Staatsvertrag mit Deutschland. Der Flughafen liegt rund 10 km von der Landesgrenze entfernt und hat Nordausrichtung. Entsprechend kann eine Regelung ohne Staatsvertrag mit Deutschland nie wirklich befriedigend ausfallen. Ausserdem kann Deutschland ohne staatsvertragliche Bindung seine DVO jederzeit ändern, und wir müssen uns einfach anpassen. Ein solcher Zustand ist unhaltbar.

VFSN: Wie kann der Zürcher Flughafen umwelt- und bevölkerungsschonend betrieben werden?
DJ: Priorität hat die Regelung der staatsvertraglichen Situation mit Deutschland. Aktuell wird eine Belastungsabklärung erstellt und anschliessend finden Verhandlungen statt. Gleichzeitig erwarten wir im Frühling 2010 das Urteil des Europäischen Gerichtshofs. Ich glaube, dass mit aller Kraft in diese Richtung gearbeitet werden muss. Der Regierungsrat hat in seiner Legislaturplanung das Ziel, gute Aussenbeziehungen zu schaffen. Leider hat man das bisher bezüglich Flughafenproblematik zu wenig gemacht.
Ausserdem muss eine Begrenzung des Wachstums angestrebt werden. Ich habe mich für eine Begrenzung der Flugbewegungen und den Ausbau der Nachtruhe ausgesprochen. Bekanntlich hatten diese Anliegen aber keinen politischen Erfolg. Jetzt muss zuerst der Anspruch auf 7 Stunden Nachtruhe bedingungslos umgesetzt werden (wird zur Zeit noch auf dem Rechtsweg blockiert). Entsprechend bin ich auch gegen einen Pistenausbau.
Schliesslich erhoffe ich mir vom gekröpften Nordanflug, sofern er eingesetzt werden kann resp. darf, eine gewisse Entlastung. Aber, soweit mir bekannt ist, liesse auch damit nur eine teilweise Entlastung erreichen.
Aus meiner Sicht müsste auch über eine engere Zusammenarbeit der Flughäfen Basel und Zürich nachgedacht werden. Basel hat noch Kapazititäten und könnte Zürich entlasten.

VFSN: Soll der Flughafen ohne Grenzen wachsen können und wo sehen Sie allenfalls welche Grenze?
DJ: Ein grenzenloses Wachstum ist aus meiner Sicht falsch. Dieses bringt automatisch mehr Belastung. Es ist wesentlich zweckmässiger, zur Entlastung den Bahnverkehr und die Anbindung mit anderen Flughäfen zu forcieren. Ausserdem ist der Flughafen und damit seine Zulieferer stark von der Lufthansa und ihrer Politik betreffend Zürich abhängig. Dadurch entsteht ein Klumpenrisiko. Das sollte man nicht noch forcieren.

VFSN: Soll der Flugverkehr kanalisiert oder verteilt werden?
DJ: Der Flughafen hat eine Nordausrichtung, weshalb ein entsprechendes Schwergewicht des Flugverkehrs flughafentechnisch vorgegeben ist. Die aktuelle Situation ist aufgrund des fehlenden Staatsvertrags mit Deutschland unbefriedigend und bringt zusätzliche Belastungen mit sich. Dieses Problem lässt sich nur lösen, wenn wir die Kapazität begrenzen, wofür es bisher keine politischen Mehrheiten gibt, oder Alternativen wie den gekröpften Nordanflug oder vermehrte Kooperation mit Basel forcieren. Eine gewisse Begrenzug ergibt sich erzwungenermassen durch die Einhaltung der geltenden Nachtruhe und die Ablehnung eines Pistenausbaus.

VFSN: Wie stellen Sie sich zur Behördeninitiative II, die ein Verbot von –Neu- und Ausbauten von Pisten fordert?
DJ: Unterstütze ich.

VFSN: Wie stellen Sie sich zum konstruktiven Referendum mit Gegenvorschlag des VFSN, welches im Fall eines Ausbauverbotes die Verlagerung des Luftverkehrs in dicht besiedelte Gebiete verhindern möchte?
DJ: Unterstütze ich

VFSN: Was ist Ihre Meinung zu modernen Technologien im Flugverkehr?
DJ: Moderne Technologien, die weniger Lärmbelastung für die Bevölkerung bringen, sind positiv. Die entsprechenden Fortschritte müssen aber der Bevölkerung zugute kommen und nicht durch einen Anstieg der Flugbewegungen kompensiert werden.


siehe auch:
Ernst Stocker, SVP