Südbaden macht Front (Südkurier)

Publiziert von VFSNinfo am
Der Bundestag soll heute nach dem Willen der Bundesregierung die Neuausrichtung der Flugsicherung beschließen. Aus dem Südwesten weht den Befürwortern der Grundgesetzänderung ein zunehmend scharfer Wind entgegen.

Waldshut/Stuttgart – Hektisch ging es in den Fraktionen und im Verkehrsausschuss des Bundestages in den letzten Tagen noch zu. Die Grundgesetzänderung, die der Bundestag heute Nachmittag mit Zweidrittelmehrheit beschließen soll, war in fast allen Fraktionen heftig umstritten. Mit Ausnahme der Linken, deren rund 50 Abgeordnete als einzige wohl geschlossen gegen das Vorhaben votieren werden, versuchten die südbadischen Abgeordneten von CDU und SPD mehr oder weniger heftig, ihre Kollegen noch umzustimmen. Und auch bei Birgit Homburger (Konstanz) und Ernst Burgbacher (Trossingen), deren FDP ebenfalls Zustimmung zu dem Gesetz signalisiert hat, war die Verärgerung groß, weil das Verkehrsministerium eine Antwort auf eine Anfrage der Fraktion zur Luftraumnutzung und Kontrolle über den Südwesten hinausgezögert habe. Sie wollen heute voraussichtlich alle gegen die Grundgesetz-Änderung stimmen.

Die drei südbadischen CDU-Abgeordneten Siegfried Kauder, Thomas Dörflinger und Andreas Jung, die die Landkreise Schwarzwald-Baar, Waldshut und Konstanz vertreten, hatten schon im April 2006 gegen ein derartiges Privatisierungsgesetz gestimmt. Es war mit ihr Verdienst, dass Bundespräsident Horst Köhler dieses Gesetz damals nicht unterzeichnete. Für Siegfried Kauder, von Haus aus Jurist, ist die geplante Gesetzesänderung verfassungswidrig. Er verweist auf Artikel 24 des Grundgesetzes. Danach dürfen Hoheitsrechte wie die Flugsicherung nur „auf zwischenstaatliche Einrichtungen übertragen" werden, keineswegs auf Privatunternehmen.

Mit Nein wollen auch die beiden südbadischen SPD-Abgeordneten Rita Schwarzelühr-Sutter (Waldshut) und Peter Friedrich (Konstanz) stimmen. „Solange es keine faire Lastenverteilung bei den An- und Abflügen Zürichs gibt, bin ich strikt dagegen", sagte Schwarzelühr-Sutter gegenüber dieser Zeitung. Sie sei sich auch mit ihrem Kollegen Peter Friedrich darin einig, dass das „Pfand" der Flugsicherung im Streit mit der Schweiz „nicht aus der Hand gegeben werden darf".

Die Diskussion dürfte freilich auch nach der heutigen Bundestagsentscheidung weitergehen. Hintergrund ist eine brisante Aussage vor dem Bundesverkehrsausschuss Ende April in Berlin. Dort hatte Dieter Kaden, Vorsitzender der Deutschen Flugsicherung, erklärt, der Luftwarteraum Rilax sei am 18. Mai 2000 nicht allein wegen des Schweizer Flughafens Zürich-Kloten eingerichtet worden, sondern auch wegen anderer Flughäfen wie München und Genf. Der CDU-Landtagsabgeordnete Guido Wolf (Tuttlingen), der sich schon der Unterstützung von 14 weiteren Chefs südwestdeutscher Stadt- und Landkreise mit mehr als 2,6 Millionen Menschen und deren Bürgervertretern sicher sein kann, hat einen Antrag an die Landesregierung gerichtet. Wolf, von Kadens Äußerungen überrascht, will wissen, ob Stuttgart hiervon Kenntnis hatte und welche Flugbewegungen registriert sind. Nach der Antwort wird Wolf eine Debatte im Innenausschuss des Landtags beantragen. Guido Wolf betont: „Ich will endlich Klarheit!"

Südkurier, 28.09.2009


Kommentar VFSN: „Solange es keine faire Lastenverteilung bei den An- und Abflügen Zürichs gibt, bin ich strikt dagegen", sagte Schwarzelühr-Sutter. Wo sie recht hat, hat sie recht! Die Lastenverteilung ist wirklich extrem unfair: 66% des Fluglärms wird von deutschen Flugzeugen verursacht - aber nur 2% des Lärms fällt in Süddeutschland an.