Kommentar: Unnötiges Schaulaufen (NZZ)

Publiziert von VFSNinfo am
Keine zwei Jahre nach der Abstimmung zur Plafonierungsinitiative und zum Gegenvorschlag wird das Zürcher Volk im September schon wieder in Flughafenfragen an die Urne gerufen.   Volksrechte in Ehren, aber diese erneute Bemühung des Stimmbürger ist unnötig und wird keinem einzigen Lärmgeplagten zu einer Verbesserung der Situation verhelfen. Dafür ist der Kantonsrat nur zur Hälfte verantwortlich. Die illusorische «Fairflug»-Volksinitiative hat das Parlament deutlich und zu Recht abgeschmettert, die Initianten bestätigten aber gestern, dass sie nicht an einen Rückzug denken.

Die Verteilungs-Initiative ist nicht realisierbar und man kann bereits heute ohne Gefahr prognostizieren, dass sie chancenlos bleiben wird. Anders ist die Ausgangslage bei der Behördeninitiative für ein Pistenmoratorium. Hier hat die Ratsmehrheit offenen Auges eine weitere, letztlich nutzlose Stellungnahme durch die Stimmbürger provoziert. Das vorsorgliche Verbot für Änderungen am Pistensystem dürfte mehr Stimmen machen als «Fairflug». Ja, sogar eine Annahme scheint in der nach wie vor aufgeheizten Stimmungslage rund um den Flughafen nicht unmöglich.

Abgesehen davon, dass es ohne Kenntnis der künftige Entwicklungen keinen Sinn macht, eine Pistenverlängerung voreilig zu verhindern, würde auch ein Ja des Zürcher Volkes nichts an der Überflüssigkeit des Begehrens ändern. Erstens hat es keinerlei bindenden Charakter. Der neue Passus im Flughafengesetz würde den Regierungsrat einzig dazu verpflichten, in Bern seinen Einfluss gegen allfällige Pistenverlängerungen geltend zu machen. Zweitens hat die Regierung schon heute die Möglichkeit, Pistenausbauten zu unterbinden. Sie kann dank der gesetzlich garantierten Sperrminorität im Flughafen-Verwaltungsrat verhindern, dass Unique entsprechende Ausbaugesuche stellt. Drittens ist auch das letzte Wort des Volkes in dieser Frage seit langem garantiert. Veränderungen am Pistensystem sind gemäss Flughafengesetz so oder so dem Souverän vorzulegen.

All dies ist altbekannt und es stellt sich die Frage, warum sich der Kantonsratsmehrheit trotzdem für die unnötige Zusatzschlaufe im politischen Prozess entschieden hat. Der Verdacht liegt nahe, dass es sich hier um ein flughafenpolitisches Schaulaufen der Volksvertreter handelt. In den nächsten zwei Jahren stehen Erneuerungswahlen auf kommunaler und kantonaler Ebene an und die Moratoriums-Befürworter wollten die Gelegenheit nicht auslassen, mit einem in der Praxis nutzlosen aber politisch potenziell wirksamen doppelten Rittberger ein paar zusätzliche Stimmen zu generieren.

NZZ, 23.02.2009


siehe auch:
Für Pistenausbau-Verbot - gegen Plafonierung (NZZ, 23.02.2009)
Von Freude bis Enttäuschung (ZOL, 23.02.2009)
Denkverbot ist destruktiv (ZSZ, 24.02.2009)
Der Kantonsrat will keine Pistenverlängerungen (NZZ, 24.02.2009)
Freude im Osten, Frust im Süden (Schaffhauser Nachrichten, 24.02.2009)
Von Freude bis Enttäuschung (ZOL, 24.02.2009)
Pistenausbau unerwünscht (ZU, 24.02.2009)