Unique: Von den harschen Reaktionen überrascht (NZZ)

Publiziert von VFSNinfo am

Präsident und CEO von Unique zum Flughafenkonflikt

Die Flughafenverantwortlichen sind nach der Präsentation des Gesuchs für ein vorläufiges Betriebsreglement erneut stark in Kritik geraten. Im Gespräch nehmen Unique- Verwaltungsratspräsident Andreas Schmid und CEO Josef Felder Stellung zu den Vorwürfen und äussern sich über mögliche Strategien zur Beilegung des Konflikts und zur Problematik der Verspätungen. Die Fragen stellten Adrian Krebs und Matthias Saxer.

Als Betreiberin eines «Shoppingcenters» hat Unique gewiss Freude an den Verspätungen, Passagiere haben so länger Zeit, Geld auszugeben.

Josef Felder: Wir sind in erster Linie ein Flughafen und überhaupt nicht zufrieden mit der derzeitigen Situation der Verspätungen. Die Ursachen liegen sehr tief. Wir beginnen jeden Tag mit Verspätungen. Durch die deutsche Verordnung haben wir eine reduzierte Kapazität am Morgen, das führt zu Folgeverspätungen. Aber wir haben noch viele Hausaufgaben zu lösen am Flughafen.

Welche?

Felder: Es ist nach dem Grounding der Swissair ein Vakuum entstanden bei der Verknüpfung der verschiedenen Partner am Flughafen, und dieses müssen wir als Betreiberin füllen. Wir haben dazu im Oktober 2003 das sogenannte «Airport-Steering» eröffnet. Dieses Steuerungsinstrument fasst sämtliche Partner zusammen, um Koordination und Kommunikation optimal zu gestalten.

Gibt es einen Konflikt zwischen der Sicherheit und dem Vermeiden von Verspätungen?

Andreas Schmid: Dieser Konflikt besteht, aber er ist für uns verbindlich gelöst. Sicherheit hat immer oberste Priorität.

Ist der Hauptgrund für die Verspätungen nicht der extreme Spardruck, zum Beispiel bei den Sicherheitskontrollen?

Schmid: Sparen hat nichts mit den Verspätungen direkt zu tun. Bei der Sicherheitskontrolle wurde der Mitteleinsatz 2003 um lediglich 10 Prozent vermindert, die Anzahl Passagiere hat aber um 30 Prozent abgenommen.

Haben auch die längeren Wege zum Dock E nichts damit zu tun?

Felder: Für die Flugzeuge sind die Wege kürzer geworden. Nach Abschluss der Bauarbeiten am Airside Center werden die Wege auch für die Passagiere wieder kürzer und komfortabler sein.

Betroffenheit grösser als angenommen

Sie haben diese Woche ein neues Betriebsreglement vorgestellt, die Reaktionen waren mehrheitlich negativ, sind Sie überrascht?

Schmid: Wir haben gelernt, mit diesen Reaktionen umzugehen. Es überrascht uns, wie harsch sie ausfielen und dass sie rund um den Flughafen negativ waren. Die Ursache ist, dass wir wegen der deutschen Verordnung die Bevölkerung rund um den Flughafen belärmen müssen. Die negativen Rektionen treffen uns insofern, als dass wir nichts durch die Hintertür einführen, sondern Transparenz schaffen wollen. Das Reglement ist ein Kompromiss zwischen den Interessen der Bevölkerung und der Wirtschaft beziehungsweise der Verkehrsnachfrage.

Der Zürcher Stadtrat ist im Unique-Verwaltungsrat vertreten. Stadtrat Neukomm hat besonders heftig reagiert. Wurde Stadtpräsident Ledergerber im Unique-Verwaltungsrat überstimmt?

Schmid: Ich kann und will keine Interna aus dem Verwaltungsrat bekannt geben. Es ist verständlich, dass sich die Stadt Zürich vehement gegen Südanflüge wehrt. Es befremdet aber doch sehr, mit welcher negativen Vehemenz («arrogant, zynisch, dumm», Red.) Stadtrat Robert Neukomm reagiert hat.

Sie betonen immer, der Flughafen könne nicht gegen die Mehrheit der Bevölkerung betrieben werden. Haben Sie die Mehrheit noch hinter sich?

Schmid: Die Betroffenheit ist heute weit grösser und breiter. Zum heutigen Zeitpunkt würden wir in einer Abstimmung keine Mehrheit der Zürcher Bevölkerung erhalten. Das ist das Resultat davon, dass wir heute «politisch» fliegen und nicht so, wie es betrieblich und siedlungspolitisch sinnvoll wäre.

Viele Kritiker verlangen eine Plafonierung der Flugbewegungen, überlegen Sie sich einen solchen Schritt zur Beruhigung der Situation?

Schmid: Mit Plafonierung finden Sie keine Mehrheiten. Es geht um die Frage: «Verteilen oder konzentrieren von Fluglärm?». Wir sind seit Beginn der Diskussion klar für eine Nordausrichtung des Flugbetriebs.

Warum fehlt dann ausgerechnet der gekröpfte Nordanflug im neuen Betriebsreglement?

Felder: Der gekröpfte Nordanflug ist für uns die Alternative zu den zusätzlichen Ostanflügen und den neuen Südanflügen. Wir können nichts in das neue Betriebsreglement aufnehmen, das nicht geprüft ist. Und diese Prüfung obliegt der Flugsicherung Skyguide und dem Bundesamt für Zivilluftfahrt.

Schmid: Der Bundesrat hat im Oktober 2003 versprochen, er wolle den gekröpften Nordanflug vorantreiben, so dass dieser als Alternative in den Mediationsprozess eingebracht werden kann.

Skyguide agiert auf nationaler Ebene, gesteuert wird der Flughafen aber weitgehend von der Kantonsregierung. Von dieser hört man derzeit nichts. Fühlen Sie sich von der Politik im Stich gelassen?

Schmid: Wir spüren die Unterstützung des Regierungsrats und fühlen uns von ihm nicht im Stich gelassen.

Finanzielle Entschädigung genügt nicht

Werden die Südanflüge durch die Installation des Instrumentenlandesystems (ILS) auf der Piste 34 zunehmen?

Felder: Ja, das ist richtig, durch die stufenweise Inbetriebnahme des ILS auf Piste 34 gibt es mehr Anflüge am Morgen und am Abend, aber im gleichen Zeitfenster wie bisher. Wenn dann im Oktober 2005 das ILS auf Piste 28 in Betrieb genommen wird, gibt es eine teilweise Rückverlagerung auf den Ostanflug.

Häufig wird der hohe Anteil an Transitpassagieren kritisiert.

Felder: Wir haben keine feste Vorstellung, wo dieser liegen soll. Er lag 2003 bei 34 Prozent und damit deutlich tiefer als in Swissair-Zeiten, im Jahr 2000 lag er auf einem Niveau von 44 Prozent.

Hat Unique beim Anfechten des Staatsvertrags vor dem Verwaltungsgericht in Mannheim den eigenen Gutachtern zu sehr vertraut?

Felder: Wir haben eine weltweit anerkannte, renommierte Anwaltspraxis engagiert und sind gut beraten.

Schmid: Wir sind juristisch beraten, aber wir müssen unsere politische und kommunikative Sensibilität erhöhen.

Wer berät Sie denn politisch?

Schmid: Wir wollen aus gemachten Fehlern lernen und haben uns deshalb entschieden, innerhalb des Unternehmens eine eigene Fachstelle für politische Fragen einzurichten, um besser und direkter informiert zu sein über die Befindlichkeit der Politik. Das Problem der Immissionen können wir nicht juristisch, sondern nur politisch lösen. Und hier haben wir in der Vergangenheit Fehler begangen. Uns wurde zu Recht gesagt, dass wir in vielen politischen Bereichen zu wenig sensibel gewesen seien, und diese Sensibilität wollen wir verbessern.

Felder: Die Aufgabe des Fachstellenleiters Stefan Aeschimann, der früher für Verkehrsminister Ogi tätig gewesen war, besteht darin, die Geschäfte des Kantonsrats sowie des National- und Ständerats zu verfolgen und uns aufzuzeigen, wo für uns Handlungsbedarf entsteht.

Kann diese Aufgabe nicht von den Politikern im Unique-Verwaltungsrat wahrgenommen werden?

Schmid: Das Unternehmen hat nicht immer eine Interessenidentität mit der Stadt und/oder dem Kanton. Deshalb wollen wir hier mit der klaren Sprache des Unternehmens sprechen.

Wollen Sie auch die süddeutsche Bevölkerung und die Nachbarkantone besser einbinden?

Schmid: Heute müssen wir die Bevölkerung rund um den Flughafen einbinden. Die Betroffenheit hat sich mit der Einführung des Südanflugs stark vergrössert. Wir suchen formell und informell die Einbindung Süddeutschlands.

Die deutsche Seite ist sehr skeptisch bezüglich einer Teilnahme am bevorstehenden Mediationsverfahren. Was würde passieren, wenn sich der Hauptbetroffene nicht einbinden liesse?

Schmid: Wenn sie nicht teilnehmen würden, wäre das für die Umsetzung eines definitiven Betriebsreglementes sehr, sehr schwierig.

Könnte man die deutschen Nachbarn für erlittenen Fluglärm auch finanziell entschädigen?

Schmid: Mit finanzieller Entschädigung alleine können wir die Probleme sicher nicht lösen. Das gegenseitige Vertrauen ist stark gestört, das kann man nicht einfach mit Geld wiederherstellen. Das Mediationsverfahren ist dazu besser geeignet. Erst nachher muss man über Entschädigungsfragen sprechen.

Neue Flüge nach Washington und Dauha

Könnte Unique ohne die Swiss weiterexistieren?

Felder: Wenn wir eine interkontinentale Drehscheibe bleiben wollen, brauchen wir eine Fluggesellschaft, welche die Verknüpfung der Kurz-, Mittel- und Langstreckenflüge mit Zürich gewährleistet. Das kann nicht einfach irgendjemand ersetzen. Unser Anliegen ist es, der Schweizer Bevölkerung und Wirtschaft möglichst viele Direktverbindungen anzubieten. Die weggefallenen Swiss-Destinationen konnten in Europa zu 50 Prozent ersetzt werden. Im Juni wird die Verbindung nach Washington durch United Airlines wieder aufgenommen, neu wird Katar Airways eine Verbindung nach Dauha anbieten. Jeder Flug von und nach Zürich stärkt die Bedeutung des Drehkreuzes Zürich und damit auch der Swiss.

Wie hoch ist der derzeitige Anteil von Swiss am Umsatz und an den Flugbewegungen?

Felder: Bei den Einnahmen generiert die Swiss 25 Prozent, und bei den Flugbewegungen sind es 56 Prozent.

Können Sie etwas sagen zum Betriebsergebnis von Unique im Jahr 2003?

Schmid: Nein, nur so viel: Management und Mitarbeiter haben in einem wirtschaftlich und betrieblich schwierigen Umfeld gute Arbeit geleistet.

NZZ, 21.02.2004

"