Armee ärgert Dübendorf mit Privatfliegerei (TA)

Publiziert von VFSNinfo am
Während der Euro 08 wird der Militärflugplatz für Privatflugzeuge geöffnet. Damit sorgt die Luftwaffe bei den Anstössergemeinden für rote Köpfe. Man fühlt sich hintergangen.

Von Walter von Arburg

Dübendorf. – Während der Euro dürfen zivile Flugzeuge auf dem Militärflugplatz Dübendorf landen. Die Luftwaffe hat dazu grünes Licht gegeben. Wie Luftwaffensprecher Jürg Nussbaum erklärt, hat das Militär damit einem Gesuch des Flughafens Kloten entsprochen. Weil dort während der Fussball-Europameisterschaften mehr Flugzeuge landen als üblich, wird der Platz knapp. An jenen Tagen, an denen die Kapazitäten tatsächlich erschöpft sind, sollen Privatflugzeuge nach Dübendorf ausweichen. Allerdings bleibt es nicht wie bei den letzten beiden World Economic Forums (WEF) lediglich beim Parkieren von Flugzeugen in Dübendorf. Nussbaum bestätigt einen Bericht der NZZ, wonach in Dübendorf auch Passagiere abgefertigt werden. «Weil der Platz auch in Dübendorf knapp ist, können dort pro Tag aber maximal zehn Flugzeuge landen.» Bis gestern sei erst ein einziger Jet angemeldet, wiegelt Nussbaum ab.

Schlechte oder keine Information?

Dazu hat er allen Grund. Denn mit der Bewilligung hat Bern die Behörden im Glattal aufgeschreckt. Diese wehren sich gegen jede Form der Zivilfliegerei in Dübendorf, die über den Rahmen der Rega und der Ju-Air hinausgeht. Sie wollen unter allen Umständen verhindern, dass die Privatfliegerei Klotens dereinst nach Dübendorf verlegt wird.
Entsprechend argwöhnisch werden alle Entwicklungen auf dem Militärflugplatz beobachtet.
«Dass während der Euro Flugzeuge hier abgestellt werden, hat uns die Luftwaffe am 16. Mai in einem Communiqué mitgeteilt», sagt Dübendorfs Stadtpräsident Lothar Ziörjen (DP). Im Schreiben habe es aber nur geheissen, dass Geschäftsflugzeuge landen könnten. Erst jetzt habe er aus der Presse erfahren, wie viele Flugzeuge es sein könnten und dass auch Passagiere abgefertigt würden. «So geht man unter guten Partnern nicht um.» Die Anstössergemeinden seien korrekt informiert worden, betont Nussbaum. Er räumt aber ein, dass die lokalen Behörden nicht in die Entscheidungsfindung involviert worden waren. «Das unterblieb, weil es sich hier im Gegensatz etwa zum Madonna-Konzert um eine Angelegenheit von nationalem Interesse handelt.» Diese Argumentation löst bei Volketswils Gemeindepräsident Bruno Walliser (SVP) nur Kopfschütteln aus. «Wenn der Flugplatz wegen des WEF für Staatsleute geöffnet wird, ist das in Ordnung. Wenn hier aber irgendwelche Prominente aussteigen, dann verstehe ich nicht, worin das nationale Interesse liegt.» Das sei mit seinem Staatsverständnis nicht mehr vereinbar. «Die Uefa kassiert Millionen, der Staat aber muss alle Kosten tragen.» Wie sein Dübendorfer Kollege ärgert sich auch der Volketswiler Gemeindepräsident darüber, wie die Luftwaffe kommuniziert. «Ich habe aus dem Radio vom Vorhaben erfahren. Mit einer solchen Informationspolitik verspielt das Militär unseren Goodwill. »

Die Vertrauensbasis zerstört

«Das Militär hält sich nicht mehr an die Spielregeln», findet auch Wangen-Brüttisellens Gemeindepräsident Rolf Berchtold (SVP) enttäuscht. Im Schreiben aus Bern habe weder gestanden, wann geflogen werde, noch wie viel. «Das ist umso bedauerlicher, als dass die Zusammenarbeit mit dem Flugplatz bisher gut funktionierte. » Für Berchtold ist klar, dass man so nicht einfach wieder zur Tagesordnung übergehen kann. Von unüberlegten Reaktionen will er indessen nichts wissen. «Wir werden uns beraten und dann entscheiden, was wir unternehmen wollen.» Alle drei Gemeindeoberhäupter betonen, dass ein klärendes Gespräch mit den Verantwortlichen des Flugplatzes nun unabdingbar sei. Oder wie es Lothar Ziörjen formuliert: «Eine unüberlegte Reaktion zerschlägt bloss unnötig Geschirr. Aber wir müssen die Situation zuerst klären und das Vertrauen wieder herstellen, bevor wir wieder zusammenarbeiten können.»
«Mit seiner Informationspolitik verspielt das Militär unseren Goodwill.»

Tages-Anzeiger, 29.05.2008, Regionaltiel Oberland, Seite 51



siehe auch:
Neue zivile Pläne trotz Militärpräsenz bis 2014 (NZZ)
Flugplatz Dübendorf wird während der EM zivil genutzt (NZZ)