«Südschneiser» vor Gericht (AZ)

Publiziert von VFSNinfo am
23 Leute sind mit einer Kette untereinander verbunden und stehen so eine Stunde quer über Fahrbahn und Trottoir einer Brücke. Friedliche Demo oder Nötigung? Die Frage beschäftigte das Gericht.

«Südschneiser» werden sie gemeinhin geheissen, die Zürcher über deren Häupter seit Herbst 2003 wegen der Südanflüge auf Kloten ein Teil jener Maschinen donnert, die bis dahin den Flughafen von Norden her über deutsches Gebiet angeflogen hatten.

Der Verein «Flugschneise Süd Nein» (VFSN) mit 4700 Mitgliedern führt jeden ersten Sonntag eines Monats an der Wiege des Übels, auf dem Flughafenareal, eine Mahnwache durch. An einem Dienstag im Juli letzten Jahres aber hatte Thomas Morf als Präsident des Vereins eine Handvoll seiner Getreuen zwecks Kundgebung in den Aargau geführt.

Gedenkdemo am 1000. Tag

Mit einem Flugblatt «Wenn Deutschland keinen Luftverkehr will, wollen wir keinen Strassenverkehr aus Norden» machten sich 23 Männer und Frauen am 25. Juli 2006, am «1000. Tag seit Einführung der illegalen Südanflüge», von 06.04 bis 07.08 Uhr morgens auf der Grenzbrücke zwischen Kaiserstuhl und Hohentengen breit.

Als Kantonspolizei und Grenzwache auftauchten, wurde die Demo abgebrochen. Ein rundes Jahr später waren allen 23 Teilnehmern Strafbefehle des Bezirksamtes Zurzach wegen Nötigung ins Haus geflattert. Thomas Morf wurde zu einer bedingten Geldstrafe von 15 Tagessätzen à 200 Franken sowie 1200 Franken Busse verknurrt, die weiteren 22 Demonstranten zu Geldstrafen zwischen 400 und 1250 Franken, verbunden mit Bussen zwischen 300 und 600 Franken.

Alle Verurteilten erhoben Einsprache, und so musste der Fall vor Gericht verhandelt werden. Im Einzelrichterverfahren beschäftigte sich am Montag Präsident Cyrill Kramer mit 21 Beschuldigten. Zwei Einsprecher waren entschuldigt, da sie gerade in Marokko in den Ferien weilen, wohin sie kaum mit dem Velo oder Auto gefahren sein dürften, was aber ein anderes Thema ist.

Das grosse Schweigen

Richter Kramer vernahm die Beschuldigten einzeln. Das heisst, er versuchte es, blieb aber weitestgehend erfolglos, denn ausser Thomas Morf machten allesamt eisern vom Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Bedingungslos leisteten sie den Instruktionen ihres Anwalts Gehorsam. Dieser forderte erwartungsgemäss für alle Mandanten Freisprüche.

Der 54-jährige Thomas Morf stand dem Richter als einziger Red’ und Antwort. Er habe es zwar nicht als nötig erachtet, für die friedliche Demonstration eine Bewilligung einzuholen, sei sich sonst aber keiner Schuld bewusst. «Es war keine Vollsperrung. Die Kette, war nur auf einer Seite am Geländer befestigt und wir haben jeden, der passieren wollte, durchgelassen.»

Morfs Anwalt betonte denn auch, in den Akten sei kein einziges Opfer aufgeführt. Weder habe eine Sperrung, noch eine Behinderung bestanden, und es gebe weder objektive noch subjektive Beweise dafür, dass jemand am Durchfahren gehindert worden sei, weshalb die Unschuldsvermutung gelte und Morf freizusprechen sei. «Mein Mandant akzeptiert jedoch zivilrechtlich sein Verschulden an der Herbeiführung des Strafverfahrens und verzichtet auf eine Prozessentschädigung.» Die Urteile werden am Mittwoch eröffnet. (mz/rmm/pbl)

azonline, 12.11.2007


siehe auch:
Bericht auf Tele M1