Der Flughafen lässt nicht jede Meinung zu (TA)

Publiziert von VFSNinfo am
Im Flughafen sind politische Plakate unerwünscht. Bei der Abstimmung zur Flughafeninitiative macht Unique eine Ausnahme. Aber nur für die Gegner.

Von Marc Brupbacher

Flughafen. – Genervt sieht er aus, der Leiter Public Affairs von Unique, Jürg Suter. Er beobachtet die unangekündigte Protestaktion des Wirtschaftskomitees «Pro Flughafeninitiative » gestern aus einiger Entfernung. Das versammelte Grüppchen im Flughafen ist klein. Dennoch rollen die zehn Herren selbstbewusst um Punkt zehn Uhr vor der Bye Bye Bar ihr Propagandaplakat aus. Damit wirbt das Komitee für die Initiative zur Begrenzung der Flugbewegungen vom 25. November. Das Problem: Die Flughafenbetreiberin Unique weigert sich, das Plakat aufzuhängen, obwohl das Komitee dafür ordnungsgemäss bezahlen will. Eine Offerten-Anfrage wurde mit der Begründung abgelehnt, der Aushang von Plakaten mit politischen und religiösen Inhalten sei im Flughafen nicht erlaubt.

Flughafen ist privat

Mit dieser Erklärung hätte das Komitee eigentlich leben können, wie Mitglied Martin Grossenbacher versichert. Nicht aber mit der Tatsache, dass gleichzeitig an zahlreichen Stellen im Flughafen Abstimmungsplakate der IG Flughafen erlaubt sind, die gegen die Flughafeninitiative kämpfen. «Das ist eine Sauerei, selbst wenn Unique als Eigentümerin das Recht dazu hat», schimpft Jack Scheifele, Initiant des Wirtschaftskomitees, dem mittlerweile 60 Unternehmer aus dem Kanton Zürich angehören. Und Martin Grossenbacher fordert: «Auf dem Flughafen sollen im Abstimmungskampf alle Meinungen erlaubt sein, der Flughafen ist ja quasi ein öffentlicher Ort.» In Bahnhöfen könne schliesslich auch jeder Werbung schalten. Mit dieser Argumentation beissen die Komitee-Mitglieder bei Unique aber auf Granit. Denn die Flughafen Zürich AG (Unique) ist ein privates Unternehmen, das innerhalb des gesetzlichen Rahmens tun und lassen kann, was es will. Der Kanton Zürich ist an der Unique nur noch mit 33,33 Prozent beteiligt. «Der Flughafen gehört nicht der Öffentlichkeit, er ist nur öffentlich zugänglich», sagt Uniquesprecherin Sonja Zöchling. Und daher toleriere der Flughafen keine Plakate, welche den Interessen der Passagiere zuwider läuft.

Keine Spur vom Unique-CEO

Zöchling vergleicht die Situation mit einem Autohersteller, der ebenfalls niemals Plakate von Ökoaktivisten aufhängen würde, die das Autofahren verbieten wollen. Aber man wolle ohnehin Plakate mit politischen, religiösen und pornografischen Inhalten vom Flughafen fernhalten. Und was ist mit der IG Flughafen? Dies sei lediglich eine Ausnahme. «Und die IG ist sowieso vielmehr ein Fanclub des Flughafens als ein politische Gruppierung», versucht Zöchling zu relativieren.
Vor der Bye Bye Bar macht sich bei dem kleinen Grüppchen Protestierender langsam Enttäuschung breit. Martin Grossenbacher versucht vergebens Unique-CEO Jürg Felder telefonisch zu erreichen, damit dieser vor Ort erscheint, um das Abstimmungsplakat entgegenzunehmen. Er kommt nur bis zur Sekretärin durch. Als Grossenbacher versucht, das Plakat wenigstens dem Public-Affairs-Leiter Jürg Suter zu überreichen, lehnt auch dieser ab und spöttelt in Richtung der Journalisten: «Es ist gar nicht so leicht, ein effektvolles Bild einer Demonstration zu schiessen, die nur zehn Teilnehmer hat.»*

Rechtliche Schritte werden geprüft

Das Komitee will nun rechtliche Schritte prüfen, um die Plakate doch noch platzieren zu können. Unabhängig von diesem Resultat fordern die Mitglieder von Unique aber schon heute, sich politisch sensibler zu verhalten. Zumal der Flughafen von den meisten als öffentlicher Ort wahrgenommen würde, wo jeder sagen könne, was er wolle.
In der Zwischenzeit wirbt das Komitee «Pro Flughafeninitiative» beim Bahnhof Stadelhofen für sein Anliegen.


Im Flughafen ist nicht jede Meinung erwünscht: Das Plakat links wird toleriert, jenes rechts ist verboten.
BILD MARC BRUPBACHER

Tages-Anzeiger, 17.10.2007, Seite 57, Regionalteil Unterland

Gemäss Wirtschaftskomitee handelte es sich bei der Plakatübergabe um eine Protestaktion und keine Demo. Vielleicht darf an dieser Stelle wieder einmal erinnert  werden, dass an der als Grossdemo angekündigten Veranstaltung der IG-Flughafen (Ein Grounding ist genug) trotz der  angeblich 192\'000 vom Flughafen abhängigen Arbeitnehmern und der Aufforderung des Organisators auch Verwandte und Bekannte mitzubringen um einen "eindrucksvollen Auftritt zu ermöglichen", gerade mal drei Dutzend Arbeitnehmer den Weg zu dieser "Grossdemo" gefunden haben


siehe auch:
«Die Bevölkerung will fliegen» (TA)
Zensur am Flughafen - «So eine Sauerei!» (Medienmitteilung Wirtschaftskomitee)
Wirtschaftsleute fordern Gleichbehandlung von Unique (Wirtschaftskomitee)