Regierung lobbyiert für Unique (Landbote)

Publiziert von VFSNinfo am
Die Zürcher Regierung macht in Bern Stimmung gegen ein Gesetz, das die Stellung der Hauseigentümer bei Lärmklagen stärkt. Und verärgert damit bürgerliche Parlamentarier.

ZÜRICH – Der Nationalrat diskutiert aller Voraussicht nach am Montag ein Gesetz, das ganz im Interesse der lärmgeplagten Hauseigentümer in der Nähe von Flughäfen, Strassen und Bahnen ist. Es verbessert ihre rechtliche Position bei Entschädigungsklagen. Neu sollen sie vorgängig benachrichtig werden, wenn die Betreiber von Infrastrukturanlagen diese intensiver oder anders nutzen wollen, sodass die Lärmbelastung zunimmt. Unique müsste beispielsweise bei einer Änderung des Betriebsreglements für den Flughafen Kloten all jene Immobilienbesitzer kontaktieren, deren Häuser neu übermässig beschallt würden. Zudem sorgt das Gesetz dafür, dass auch die Mieter profitieren, wenn Geld an die Eigentümer fliesst. Die Besitzer müssen die Entschädigung weiterreichen, wenn die Mieter vor der Änderung eingezogen sind.

Die Vorlage geht zurück auf eine Parlamentarische Initiative, die der Zürcher Nationalrat Rolf Hegetschweiler (FDP) 2002 nach Einführung der Südanflüge eingereicht hat. Die zuständige Nationalratskommission hat sie im Frühling ohne Gegenstimme verabschiedet.

Doch nun wird hinter den Kulissen mächtig Stimmung gemacht gegen das Gesetz – unter anderem von Seiten des Zürcher Regierungsrats. Regierungspräsidentin Rita Fuhrer (SVP) schickte den Zürcher National- und Ständeräten innerhalb weniger Tage zwei Briefe. Wohl wissend, «dass dies nicht eben den politischen Gepflogenheiten entspricht», wie es im Schreiben heisst, das dem «Landboten» vorliegt. Darin lässt Fuhrer, die als Regierungsvertreterin im Verwaltungsrat von Unique sitzt, kein gutes Haar an der Gesetzesrevision. Die Verfahren seien zu aufwendig und kompliziert, führten nicht zum Ziel und hätten für Unique «gravierende finanzielle Konsequenzen». Zudem sei noch nicht absehbar, welche Kosten auf die Gemeinwesen oder die SBB zukommen, wenn bestimmte Strassen oder Bahnlinien stärker genutzt werden sollen.

Die Intervention der Regierung so kurz vor der Debatte im Nationalrat erstaunt, hat sie sich doch schon im letzten Herbst während der Vernehmlassung ihre Meinung äussern können. Sie brachte damals die gleichen Argumente vor wie heute, die notabene jenen von Unique ziemlich ähnlich sind.

Hauseigentümer verstimmt

Das magistrale Lobbying gegen ein Gesetz, von dem Hauseigentümer und Mieter profitieren, kommt vor allem bei jenen Nationalräten nicht gut an, die im Hauseigentümerverband (HEV) aktiv sind. Für SVP-Nationalrat Robert Keller, der die Vorlage mit ausgearbeitet hat, ist klar, dass «Frau Fuhrer in dieser Frage die Interessen der Zürcher Regierung und des Flughafens» vertritt. Auch Initiant Rolf Hegetschweiler ist nicht glücklich über das Engagement. «Mich stört, dass sich die Zürcher Regierung einseitig für eine Organisation einsetzt, die sich sehr gut selber wehren kann.» Hegetschweiler ist wie Keller Vorstandsmitglied des HEV Schweiz.

Keller fühlt sich durch die Kritik der Regierung in die Ecke der Flughafengegner gestellt – zu Unrecht. Niemand in der nationalrätlichen Kommission sei gegen einen funktionierenden Flughafen. «Das neue Gesetz wäre für die Flughafenbetreiberin Unique sogar eine Chance, um in der Bevölkerung breitere Akzeptanz zu finden.»

Auch Parlamentarier ausserhalb des HEV fühlen sich vor den Kopf gestossen. Nationalrätin Barbara Marty Kälin (SP) stört das Vorgehen der Regierung, es sei eine Vermischung der Gewalten. «Sie konnte sich in der Vernehmlassung äussern. Der Entscheid wird auf nationaler Ebene gefällt.» Marty Kälin kritisiert auch den Inhalt. Die Regierung habe die Argumente des Flughafens tel quel übernommen. «Aber die Regierung ist nicht Vertreterin des Flughafens, sondern der Bevölkerung, die sie gewählt hat.»

«Genau prüfen»

Es gibt allerdings auch Nationalräte wie Filippo Leutenegger (FDP), die offen sind für das Anliegen der Regierung und von Economiesuisse, die sich gestern ebenfalls zum Gesetz vernehmen liess. Er werde die Argumente über das Wochenende genau prüfen müssen, sagt er. Schliesslich vertrete er nicht nur die Interessen der Hauseigentümer, sondern auch des Wirtschaftsstandorts Zürich, so der Herausgeber einer Zeitschrift, die sich an Hausbesitzer wendet.

Rita Fuhrer war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

RETO FLURY

Landbote, 28.09.2007, Seite 19


siehe auch:
Unique Verwaltungsrätin Rita Fuhrer lobbyiert gegen Bevölkerung (VFSN)