Lufthansa schröpft Schweizer (SonntagsZeitung)

Publiziert von VFSNinfo am
Süddeutsche zahlen bis 146 Prozent viel weniger für Business-Class-Flüge ab Zürich

VON BEAT SCHMID

Alfred K. ist Schweizer, wohnt aber seit ein paar Jahren in Süddeutschland. Wenn er auf Geschäftsreise geht, bucht er seine Tickets in einem grenznahen Schweizer Reisebüro. Seinem Stammreisebüro, wo er schon immer buchte. Für den Retourflug Zürich–Miami über Frankfurt organisierte das Büro ein Business Class-Ticket der Lufthansa für 7997 Franken. Er wunderte sich: Bei der eigenen Preisrecherche kam er auf 3882 Franken. Differenz: 4115 Franken – für den exakt gleichen Flug ab Kloten.

Das ist passiert: Alfred K. loggte sich ins deutsche Buchungssystem ein, das Reisebüro hingegen ins schweizerische. Je nach Wohnland spuckt das System andere Preise aus. Man könnte sich als Schweizer natürlich auch ins deutsche Buchungssystem einloggen, doch das hilft nichts: Am Schluss des Buchungsprozesses muss man das Land angeben, wo man Wohn sitz hat – und wird umgeleitet. Als zusätzliche Kontrolle müssen Adressdaten und Telefonnummer angegeben werden.

Eine Stichprobe der Sonntags Zeitung zeigt, dass die Schikanierung der Schweizer durch die Lufthansa System hat. So kosten Business-Flüge nach Hongkong, Singapur und Kuala Lumpur ebenfalls für Schweizer viel mehr als für Deutsche (siehe Tabelle). Das extremste Beispiel: Fliegt ein Schweizer von Zürich nach Seoul in Südkorea zahlt er 12843 Franken, ein Deutscher dagegen nur 5222 Franken. Differenz: 7621 Franken oder 146 Prozent. Auf an deren Strecken wie etwa Toronto oder Peking zahlen die Schweizer gleich viel wie die Deutschen. Die Lufthansa führt weltweit zwei unterschiedliche Business-Tarife: den teuren Flex und den günstigeren Basic Plus. Der Leistungs unterschied ist gering, das Umbuchen bei Flex ist gratis, bei Basic Plus kostet es 200 Franken.

Wo die Kaufkraft höher ist, kassiert die Lufthansa abDer eigentliche Unterschied ist der Preis, und dieser hängt von der Verfügbarkeit der Sitzplätze ab. Sind sie schnell gebucht, gibt es auch keine billigen Tarife mehr. Besonders ärgerlich ist für Schweizer Geschäftsleute, dass ihr Kon­tingent an günstigen Tickets schneller ausgeschöpft ist als das jenige ihrer süddeutschen Kollegen, die ebenfalls über Zürich fliegen.

Die Lufthansa hat die Preisbeispiele durchgerechnet und kommt auf das gleiche Resultat. «Warum die Kapazitäten an günstigeren Business-Tarifen knapper sind, darauf können wir uns keinen Reim machen», sagt ein Sprecher. Er beteuert: Theoretisch sollten alle Preise gleich sein, egal, in welchem Land man wohne.

Tatsache ist: Die Lufthansa passt die Preise den jeweiligen Märkten an. Dort, wo die Fluggesellschaft kaum Konkurrenz hat oder wo die Leute gutes Geld verdienen, hebt sie die Preise an. Im Jargon der Lufthansa-Offiziellen: «Der Preis ist auch abhängig von der Mitbewerberstruktur sowie der Kaufkraft eines Landes.» Solche Tarifspielchen kann die Muttergesellschaft der Swiss mit anderen EU-Ländern nicht machen. Das verbietet ein EU Reglement. So können auch Österreicher, Italiener und Franzosen zum günstigen Business-Tarif ab Zürich fliegen. Von der Lufthansa ebenfalls geschröpft werden die Liechtensteiner – und die sind auch nicht in der EU.

SonntagsZeitung, 25.02.2007