Flughafen: Dilemma nach Entscheid (TA)

Publiziert von VFSNinfo am
Dass SVP und FDP am Montag ihren «ZFI plus» im Kantonsrat durchbrachten, stürzt CVP und EVP in ein Dilemma: Welche Vorlage sollen sie unterstützen?

Von Liliane Minor

Spätestens am 25. November - wenn sich Regierungs- und Kantonsrat beeilen sogar schon am 17. Juni - werden die Stimmberechtigten entscheiden müssen: über die Volksinitiative, die eine Plafonierung der Flugbewegungen bei 250\'000 und neun Stunden Nachtruhe verlangt, und über den Gegenvorschlag des Kantonsrats, der den Zürcher Fluglärm-Index (ZFI) mit 320\'000 Bewegungen und sieben Stunden Nachtruhe kombiniert. Wie in solchen Fällen üblich, werden die Stimmbürger zu beiden Vorlagen Ja oder Nein sagen können und müssen in einer Stichfrage ihre Präferenz angeben, falls beides angenommen würde. Spannend wird aber nicht nur die Abstimmung. Schon die Frage, wer welche Parolen fasst, wird in den nächsten Tagen und Wochen spannend. Denn nur schon die anstehende zweite Lesung des Gegenvorschlags im Kantonsrat dürfte den am Montag unterlegenen Parteien Kopfzerbrechen bereiten. In dieser Schlussdebatte, die in wenigen Wochen stattfinden soll, wird es um die Stellungnahme des Kantonsrats zur Volksinitiative und zum am Montag beschlossenen Gegenvorschlag, den «ZFI plus», gehen. Und wie eine kleine Umfrage bei den unterlegenen Fraktionen gestern zeigte, sind die Positionen dafür noch keineswegs in Stein gemeisselt.

Sicher ist bisher nur: SVP und FDP werden für den Gegenvorschlag und gegen die Volksinitiative votieren. Und sehr wahrscheinlich ist, dass es keinen Rückkommensantrag der Unterlegenen geben wird, weil SVP und FDP die Hälfte des Kantonsrats stellen.

EVP nicht kategorisch gegen ZFI

Auch CVP und EVP werden die Initiative nicht unterstützen; deren Forderungen gehen ihnen zu weit. Aber was tun mit dem Gegenvorschlag? Ihre Exponenten lehnten sich in der Ratsdebatte vom Montag weit aus dem Fenster, indem sie den «ZFI plus» als untauglich klassierten. Gestern tönte es mindestens aus der EVP-Fraktion schon viel gemässigter. Bestimmt sei noch nichts, aber: «Ich kann mir vorstellen, dass wir sitzen bleiben, wenn es um die Unterstützung des Gegenvorschlags geht», sagt Fraktionspräsident Peter Reinhard. Immerhin enthalte dieser genau die Zahlen, welche die EVP immer gewollt habe: 320\'000 Bewegungen und sieben Stunden Nachtruhe.

Auch die CVP will nochmals eine Gesamtbeurteilung machen. Fraktionspräsident Lucius Dürr bezweifelt aber, dass seine Fraktion die Kröte «ZFI plus» schluckt. Dieser Gegenvorschlag sei dem Volk kaum vermittelbar. «Es ist gut möglich, dass wir beide Vorlagen ablehnen», sagt Dürr, «und auch für die Volksabstimmung die doppelte Nein-Parole beschliessen.» Zum selben Schluss könnten auch die Grünliberalen gelangen, denen die Volksinitiative namentlich wegen der neunstündigen Nachtruhe zu weit geht. «Wir müssen die Situation neu analysieren», sagt Thomas Maier. «Wir glauben aber, dass der ‹ZFI plus› juristisch nicht wasserdicht ist.»

SP könnte für Überraschung sorgen

Unterstützung ist der Volksinitiative nur von den Grünen und der SP gewiss. Freilich: Auch das Ja der SP ist kein uneingeschränktes. Die Partei könnte durchaus für eine Überraschung gut sein, nämlich für ein doppeltes Ja. Noch sei zwar nichts entschieden, sagt SP-Fraktionspräsident Ruedi Lais. «Aber wir halten den ZFI nicht für grundsätzlich falsch. Und der Gegenvorschlag enthält zwei Zahlen, die wir ebenfalls unterstützen können», erklärt er.

Wie auch immer: Mit der Volksabstimmung ist nicht das letzte Wort gesprochen. Denn beim Regierungsrat ist noch eine Behördeninitiative hängig, die 320\'000 Bewegungen und acht Stunden Nachtruhe verlangt. Und über diese muss der Kantonsrat einen referendumsfähigen Beschluss fassen, denn eine Behördeninitiative kann nicht zurückgezogen werden. Viel Hoffnung haben aber selbst deren Initianten nicht, so Peter Staub, Präsident des Flughafenschutzverbands.

Des Weiteren ist eine Behördeninitiative hängig, die den Ausbau des Pistensystems in Kloten grundsätzlich verbieten will. Und es läuft eine Unterschriftensammlung für eine weitere Volksinitiative, welche die Verteilung des Fluglärms fordert.

Tages-Anzeiger, 07.02.2007



siehe auch:
An- und Abflüge in nicht beschränken (NZZ)
So hat der Kantonsrat abgestimmt (VFSN)
Das Papier nicht wert (Leserbriefe TA zum Kantonsratentscheid)
Ein Feigenblatt für die Flughafenturbos (VFSN)
Deutscher Ferien-Hub am Flughafen Kloten (VFSN)
Trotz Einigkeit über Wachstumsgrenzen Chance verpasst (Initiativkomitee)
«Schlag ins Gesicht der Gemeinden» (ZOL)
Kantonsrat gegen feste Begrenzung der Flugbewegungen (NZZ)
Flugbewegungen haben keinen Einfluss auf die Wirtschaft (VFSN)