«Schlag ins Gesicht der Gemeinden» (ZOL)

Publiziert von VFSNinfo am
Der Gegenvorschlag «ZFI Plus» löst kaum Begeisterung aus. Volkswirtschaftsdirektorin Rita Fuhrer zeigte sich hingegen sehr zufrieden. Oliver Steimann Die Flughafeninitiative mit ihren Forderungen von maximal 250 000 Flugbewegungen und einer neunstündigen Nachtruhe wird definitiv zur Abstimmung kommen, ein möglicher Rückzug ist vom Tisch. Felix Jaccaz vom Initiativkomitee gab sich unmittelbar nach der Kantonsratssitzung kämpferisch: «Der Zürcher Fluglärmindex (ZFI) hat überhaupt keine Wirkung.» Man sei daran, den Abstimmungskampf zu planen, und werde in Kürze auch Wahlempfehlungen veröffentlichen. Eine erste gab Jaccaz bereits gestern ab: «Rita Fuhrer will die Dinge mit dem ZFI bloss beobachten - solche Leute können wir nicht in der Regierung gebrauchen.»

Weniger an Fuhrer als an der bürgerlichen Mehrheit im Parlament störte sich Schutzverbandspräsident Peter Staub (FDP): «Ich bin masslos enttäuscht. Insbesondere von den Unterländer Kantonsräten auf der bürgerlichen Seite.» Der Gegenvorschlag sei ein «Gummigesetz», das nichts bringe. Nachdem man jahrelang auf einen Kompromiss hingearbeitet habe, sei dies «ein Schlag ins Gesicht der Gemeinden». Eine Abstimmungsempfehlung abzugeben, werde nun sehr schwierig: «Das wird eine Zerreissprobe - für mich persönlich ebenso wie für den Verband.»
Schwer enttäuscht zeigte man sich auch beim Bürgerprotest Fluglärm-Ost (BFO). Der Rat habe sich unüberlegt dem Druck der Flughafenlobby gebeugt, hiess es in einem Communiqué. Dieses «Nachplappern» sei Papageien-Politik und zeige, «dass die Hörigkeit gegenüber der Parteileitung wichtiger ist, als die eigene Bevölkerung zu vertreten». Etwas moderater äusserte sich Thomas Morf, Präsident des Vereins Flugschneise Süd - Nein (VFSN): «Es ist zwar sicher nicht das, was wir wollten. Wichtig ist jedoch, dass nach der Abstimmung überhaupt mal eine Zahl für einen Plafond feststeht.» Es gelte nun, darauf hinzuarbeiten, dass die Stimmbürger am Ende kein «doppeltes Nein» in die Urne legten.  

«Überrumpelungsversicherung»  

Beim Komitee Weltoffenes Zürich nahm man den Ratsentscheid mit Befriedigung zur Kenntnis. Geschäftsführer Thomas Koller bezeichnete den «ZFI Plus» als «eine schlaue Lösung, da sie eine Notbremse enthält, falls das Wachstum dem ZFI davonläuft». Es sei dies quasi eine «Überrumpelungsversicherung» für die Bevölkerung.
Genau davon will man am Flughafen selbst aber weiterhin nichts wissen. «Wir sind gegen jede Form einer Plafonierung», so Unique-Sprecherin Sonja Zöchling. Man habe vom Bund den klaren Auftrag, einen nachfrageorientierten Flughafen zu betreiben, «und das heutige Pistensystem lässt ohnehin maximal 350 000 Flugbewegungen zu». Seitens der Swiss tönt es ähnlich. «Als Home-Carrier sind wir von jeder Beschränkung am stärksten betroffen», erklärte Swiss-Sprecher Franco Gullotti. «Die Initiative lehnen wir klar ab, aber auch der Gegenvorschlag befriedigt uns nur teilweise.» Immerhin werde darin der Tatsache Rechnung getragen, dass eine Verlängerung der Nachtflugsperre für die Fluggesellschaften nicht tragbar sei. Die Swiss stelle sich jedoch klar gegen jede Bewegungsbeschränkung. «Sinnvoller wäre es aus unserer Sicht, eine Lärmmessgrösse einzuführen.»
Als grosse Siegerin durfte sich gestern Rita Fuhrer fühlen. Ihr verschiedentlich bereits totgesagter ZFI kam praktisch ungeschoren davon. «Der Index wurde nicht umgemogelt, das befriedigt mich sehr», sagte sie. Mit dem «ZFI Plus» habe man einfach «doppelt gemoppelt», was nicht weiter dramatisch sei. Die Bevölkerung wolle eine vernünftige Lösung haben, die Bewegungsspielraum zulasse und für Transparenz sorge. Und Fuhrer glaubt, dass man auch in Bern zu einer Umsetzung von «ZFI Plus» Hand bieten werde.

ZOL, 06.02.2007



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