Bäumle ist Regierungsratskandidat (TA)

Publiziert von VFSNinfo am
Der 42-jährige Nationalrat Martin Bäumle hat die schwere Aufgabe, für die Grünliberalen den Sitz in der Regierung zu verteidigen.

Er hat vieles, was es für einen Regierungsrat braucht – 20 Jahre politische Erfahrung in Exekutive und Parlament, einen grossen Schulsack und viel Fachwissen vor allem im Umweltbereich und in der Finanzpolitik. Martin Bäumle aber steht, seit er kein Grüner mehr ist und vor zwei Jahren bei der Spaltung der Grünen an vorderster Front mitgewirkt hat, ziemlich einsam in der politischen Landschaft. Dazu kommt, dass Bäumle kein Blender ist, der es mit persönlichem Charisma und grosser Klappe in alle Medien schafft – trotz gelegentlicher TeleZüri-Präsenz.

Senkrechtstarter mit 23 Jahren

Bäumle war ein politischer Senkrechtstarter: Er wurde als 23-jähriger Chemiestudent 1987 zum jüngsten Kantonsrat gewählt und gleich auch zum Präsidenten der EKZ-Kommission. In diesem Amt wurde er von der bürgerlichen Mehrheit bereits nach zwei Jahren abgesetzt, weil der junge Heisssporn und AKW-Gegner der Kommission vorwarf, sie kontrolliere die Elektrizitätswerke zu wenig und habe nicht mal Einsicht in deren Protokolle. Aus heutiger Sicht hatte Bäumle damals zweifellos Recht. 1990 wurde Bäumle auch noch Gemeinderat von Dübendorf, 1996/97 präsidierte er das Stadtparlament, und 1998 wurde er – inzwischen 34-jährig – zum Dübendorfer Stadtrat gewählt, wo er seither als Finanzvorstand amtet. Im letzten Frühling wurde er mit dem besten Resultat aller Kandidierenden in Dübendorf wiedergewählt. Beruflich arbeitet Bäumle als selbstständiger Atmosphärenwissenschaftler und Spezialist für Flugmesskampagnen zur Erfassung von flüssigen Kohlenwasserstoffen.

Bäumle spielte beim Krach der Grünen und beim vorübergehenden Parteiaustritt von Verena Diener eine wichtige Rolle, indem er sich stets auf deren wurde 1998 Präsident der Grünen als Nachfolger von Felix Müller. Es gelang ihm, Verena Diener wieder in die Partei zurückzuholen, die Flügelkämpfe hörten aber nie auf. 2004 kams dann zur Spaltung der Grünen: Diener, Bäumle sowie die grünen Kantonsräte Thomas Weibel und Thomas Maier gründeten die Grünliberale Partei. Bäumles Credo ist denn auch: «Umwelt und Wirtschaft sind keine Gegensätze – ökologisch und liberal beissen sich nicht.» Bäumle und die Grünliberalen haben nun ein Problem: Der Sitz in der Regierung dürfte kaum zu halten sein. Um nicht ganz von der Bildfläche zu verschwinden, müssen sie unbedingt in den Kantonsrat einziehen. Voraussetzung dazu ist, in mindestens einem Wahlkreis die neue Hürde von 5 Prozent – gemäss dem Wahlverfahren nach Pukelsheim – zu überspringen. Gemäss Ko-Parteipräsident Thomas Weibel will man dieses Ziel im Wahlkreis Uster erreichen. Die Grünliberalen wollen überdies einen Wähleranteil von 4 Prozent im ganzen Kanton erzielen, mit vollen Listen in allen Bezirken antreten und in der nächsten Amtsperiode mindestens sieben Mitglieder im Kantonsrat stellen. Vor diesem Hintergrund ist auch die Regierungskandidatur Bäumles zu sehen.

Warten auf Diener beim Ständerat

Auch wenn es die Grünliberalen nicht zugeben: Sie beschäftigen sich bereits mit den National- und Ständeratswahlen im Herbst 2007. Damit Bäumle als Nationalrat wiedergewählt wird, braucht die Partei runde 3 Prozent Wähleranteil. Helfen könnte Bäumle eine gleichzeitige Ständeratskandidatur. Allerdings hat es Verena Diener gestern offen gelassen, selber für den Ständerat anzutreten. Eine Kandidatur Dieners würde die Latte für die Kandidaten von SVP, FDP, SP und Grünen deutlich höher legen. Bei der SP könnte das Justizdirektor Markus Notter davon abhalten, gegen seine ehemalige Regierungskollegin anzutreten. Was bei den Regierungsratswahlen lange Zeit galt, gilt nun neu für die Ständeratswahlen: warten auf Diener.

TA, 30.09.2006, Seite 15