Fehlende Lust auf eine Flughafendebatte (NZZ)

Publiziert von VFSNinfo am

Sitzung des Kantonsrats

ark. Wenige Monate vor den vermutlich grundlegenden und langwierigen Auseinandersetzungen über diverse Plafonierungs-Ansinnen verspürte am Montag offensichtlich niemand im Kantonsrat Lust auf eine Flughafendebatte. In weniger als einer Stunde war die «Zukunft des Flughafens» erledigt. Dass das gleichnamige Postulat nach wenig spektakulärer Debatte unbestritten abgeschrieben wurde, lag vor allem daran, dass es sich mehrheitlich auf die Vergangenheit bezieht. Die von den Postulanten im Jahr 2003 geforderte Entflechtung von Flughafen und kantonalen Behörden ist mittlerweile teilweise vollzogen oder eingeleitet. Die Vertretung der Regierung im Unique-Verwaltungsrat ist auf die Volkswirtschaftsdirektorin reduziert worden, und die Kapitalbeteiligung soll in absehbarer Frist auf das gesetzlich definierte Minimum reduziert werden.

Murren auf der linken Seite

Der geringen Bedeutung der Vorlage entsprechend hielten die Fraktionssprecher ihre rhetorischen Bemühungen tief. SVP und FDP sind zufrieden, SP und Grüne murrten zwar, eine Grundsatzdiskussion wollten sie aber auch nicht führen. Die SP-Vertreterin Regula Götsch Neukom monierte die fehlende Antwort auf die Frage nach der notwendigen Grösse des Flughafens, und der Grüne Robert Brunner bezeichnete den Bericht der Regierung als «aktive Aktienkurspflege». Volkswirtschaftsdirektorin Rita Fuhrer ging auf die Vorwürfe nur am Rand ein und beschränkte sich darauf, anhand der einschlägigen Studien der letzten Jahre die wirtschaftliche Bedeutung des Flughafens für den Kanton hervorzuheben. Zudem nahm sie die Gelegenheit wahr, einen kurzen Werbespot für den bisher eher ungnädig aufgenommenen Zürcher Fluglärm-Index (ZFI) zu placieren. Insgesamt resultierte aus dieser Mini- Debatte höchstens die Erkenntnis, dass Verhandlungen über dreijährige Postulate in der heutigen schnelllebigen Zeit den Kantonsrat aussehen lassen wie die alte Fasnacht.

Vorstösse mit Symbolgehalt

kg. Danach widmete sich der Rat dem Verkehr auf dem Boden. Eine Mehrheit unterstützte ein Postulat von SVP, FDP und CVP-Vertretern, das verlangte, die Projektierungsarbeiten zur Ostumfahrung Zürichs (Stadttunnel, Ostast, Waidhaldetunnel) seien voranzutreiben, so dass ab 2010 gebaut werden könne. Der Vorstoss hat eher symbolischen Charakter, machte Verkehrsdirektorin Rita Fuhrer doch klar, dass diese zeitliche Vorgabe nicht einzuhalten sei. Sozusagen als Korrektur fand dann ein CVP/EVP-Postulat eine Mehrheit; es trägt den Titel «Elektronik vor Beton». Der Regierungsrat soll einen Bericht zum Verkehrsmanagement vorlegen; erwähnt wurden in der Diskussion Massnahmen wie Road-Pricing oder die elektronische Verkehrslenkung. Solche Massnahmen müssten Vorrang haben vor dem Bau teurer Strassen, argumentierte Willy Germann (cvp., Winterthur).

Mitten in den strassenverkehrspolitischen Grabenkämpfen unterbrach Ratspräsident Hartmuth Attenhofer (sp., Zürich) die Verhandlungen und erinnerte an die Anschläge vom 11. September 2001. Bereits im Eingang zum Rathaus passierten Kantonsräte und Besucher eine amerikanische Flagge, im Ratssaal fand sich ein zweites Sternenbanner. Attenhofer ging das Thema in einer Ansprache mit viel Pathos an («Nichts entzieht dem Terror den Boden mehr, als den aufrechten Gang beizubehalten»). Damit löste der SP-Mann Befremden aus, auch bei seinen Genossen. Man hätte dem Ratspräsidenten die Bescheidenheit und Grösse gewünscht, der Ereignisse im Herbst vor fünf Jahren mit einer einfachen Schweigeminute zu gedenken und auf rhetorische Kraftmeierei und Flaggen zu verzichten.