Fuhrers Index auf der Kippe (Landbote)

Publiziert von VFSNinfo am
Regierungsrätin Rita Fuhrer reist momentan durch den Kanton, um der Bevölkerung ihren Fluglärm-Index näher zu bringen - morgen Samstag auch in Winterthur. Doch am wahr scheinlichsten ist, dass er gar nicht zur Abstimmung kommt.

ZÜRICH – Wenn man sich umhört in den Parteien und der kantonsrätlichen Verkehrskommission, die sich mit der Volksinitiative zur Begrenzung der Flugbewegungen bei 250\'000 und dem Gegenvorschlag des Regierungsrats – dem Fluglärm-Index – befasst, dann bleiben viele Fragen offen. Klar spürbar ist eine gewisse Ratlosigkeit, aber auch Ablehnung gegenüber dem komplizierten Index, zumal durchgesickert ist, dass die Expertengruppe, die ihn erfunden hat, sich bis kurz vor der Medienpräsentation am 24.August überhaupt nicht einig war. Noch klarer spürbar ist, dass die Fluglärmfrage ein heisses Eisen ist, denn sie wird nächsten Frühling den Wahlkampf entscheidend prägen. Erschwerend kommt hinzu, dass es kaum eine Frage gibt, welche die Parteien eher spaltet. Denn je mehr es auf die Wahlen zugeht, desto eher fühlen sich die Parlamentsmitglieder mehr ihrer Wählerschaft in den Bezirken – östlich, westlich, nördlich oder südlich des Flughafens – verpflichtet als der Parteiräson. Kurz: Wenn es um den Flughafen geht, ist das Resultat der Beratungen offener denn je.

Die Verkehrskommission hat zwar schon heftig über die Plafonierungsinitiative debattiert, sich zum Fuhrer-Index aber erst informiert. Eine Auslegeordnung wird sie am kommenden Dienstag vornehmen, wobei noch unklar ist, welche Einzelanträge, die über die beiden offiziellen Vorschläge hinausgehen, eingereicht werden. Schon die Kommissionssitzungen werden zu Sternstunden der Taktiker werden, denn irgendwann müssen die Politiker entscheiden, ob sie eher für etwas kämpfen wollen – zum Beispiel für die Initiative –, oder ob ihnen wichtiger ist, etwas zu verhindern – beispielsweise den Index. Die CVP hat bereits einen Kompromissantrag in Aussicht gestellt: Statt dem Index will sie dem Volk einen Plafond von 320 000 Bewegungen mit einer Nachtruhe von 7Stunden als Gegenvorschlag vorlegen. Auf dem Tisch ist auch die von 69 Gemeinden eingereichte Behördeninitiative mit ebenfalls maximal 320 000 Bewegungen, aber 8 Stunden Nachtruhe. Im Raum steht auch ein SP-Vorschlag mit maximal 280 000 Bewegungen.

Mehrheit für 320 000 Flüge

In der Kommission ist ein Plafond mit 320\'000 An- und Abflügen derzeit mehrheitsfähig. Das würde bedeuten, dass Rita Fuhrers Index durchfällt. Entscheidender ist aber, wie das Ratsplenum entscheiden wird. Es kann auch mehr als zwei Varianten vors Volk bringen. Die SP scheint am meisten zerstritten, auch wenn sich die Fraktion offiziell zu einer Einheitsmeinung durchringen will. Fraktionspräsident Ruedi Lais engagiert sich als Komiteemitglied heftig für die Volksinitiative, ein (grosser) pragmatischer Flügel will aus taktischen Gründen 320\'000 Bewegungen, und der Gewerkschaftsflügel findet den Fluglärm-Index gar nicht so schlecht. Dazu kommt noch der 280\'000er-Vorschlag von Marcel Burlet, der als Kommissionsmitglied in der Partei immerhin federführend ist in der Flughafenfrage. Die FDP ist dem Index offiziell freundlich gesinnt, doch bröckelt die Front. FDP-Kommissionsmitglied Martin Mossdorf sieht im 320\'000er-Plafond eine mehrheitsfähige Lösung und sagt, er habe in der Partei niemanden getroffen, der für den Index ist. Bei der SVP will man sich auf die Verhinderung der Volksinitiative konzentrieren und bringt dem Index der eigenen Regierungsrätin «wohlwollendes Interesse» entgegen, doch findet man auch in der SVP Plafondbefürworter. Die Grünen wiederum sind pragmatischer als erwartet. Vielen von ihnen geht es vor allem um einen Paradigmenwechsel, also um eine Begrenzung – wie auch immer.

Landbote, 08.09.06