Niederlage für Südanflug-Gegner (TA)

Publiziert von VFSNinfo am
Die Gegner der Südanflüge auf den Flughafen Zürich-Kloten sind vor Bundesgericht abgeblitzt. Die Südanflug-Verfahren und das Beschwerdeverfahren zum vorläufigen Betriebsreglement sind zu Recht vereinigt worden.

Die Vereinigung der beiden Verfahren war von der Instruktionsrichterin der Eidgenössischen Rekurskommission für Infrastruktur und Umwelt Ende Juni 2006 verfügt worden.
Dagegen erhoben der Verein «Flugschneise Süd-Nein» und die «Interessengemeinschaft Chapf» sowie insgesamt mehr als 260 Personen Beschwerde ans Bundesgericht. Sie befürchteten eine massive Verfahrensverzögerung und verlangten deshalb, dass die Verfahrensvereinigung aufgehoben und die Notwendigkeit der Südanflüge auf Piste 34 selbstständig und vorab entschieden wird.

Auf Beschwerde nicht eingetreten

Dem Argument der Verfahrensverzögerung konnte das Bundesgericht aber nichts abgewinnen. Mit der Instruktionsrichterin gehen die Lausanner Richter davon aus, dass mit der Genehmigung des vorläufigen Betriebsreglements im März 2005 das Südanflug-Verfahren gar nicht mehr eigenständig vorangetrieben und abgeschlossen werden kann.


Die Verfahrensvereinigung stellt deshalb für die Süd-Anfluggegner nach Meinung des Bundesgerichts kein nicht wieder gutzumachender Nachteil dar, weshalb auf ihre Beschwerde gar nicht eingetreten wird.
(Urteil 1Al.138/2006 vom 17. August 2006) (mu/ap)

TA, 30.08.06


Ein Nichtentscheid
Leserbrief im TA vom 02.09.06 zum Artikel: Schneiser verlieren, TA vom 31.08.06

Wer hat etwas anderes erwartet als einen so genannten Nichtentscheid!? Das bedeutet eine Niederlage für die Südanflug-Gegner. Schade, dass auch die oberste rechtliche Instanz den Bürger im Rechtsstaat Schweiz weiterhin im Ungewissen stehen lässt. Dies spricht absolut gegen Treu und Glauben und widerspricht der Vertrauensförderung! Warum existieren wohl so viele Flughafeninitiativen? Die Bürger und Bürgerinnen haben es satt und möchten endlich Taten sehen. Es ist fünf nach zwölf!
ANDRE EIGENMANN, EBMATINGEN 



siehe auch:
Eine unglaubliche Geschichte - Chronologie der Südanflüge

Das Urteil im Wortlaut:

{T 0/2}
1A.138/2006 /scd
 
Urteil vom 17. August 2006
 
I. Öffentlichrechtliche Abteilung
 
Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Aeschlimann,
Gerichtsschreiberin Schilling.
 
1. Verein Flugschneise Süd - Nein (VFSN) und Mitbeteiligte, Postfach 299,
8121 Benglen,
2.X.________ und Mitbeteiligte,
3.Interessengemeinschaft IG Chapf, 8126 Zumikon,
Beschwerdeführer, alle vertreten durch Rechtsanwalt Christopher Tillman,
Forchstrasse 2, Postfach,
8032 Zürich,
 
gegen
 
unique zurich airport Flughafen Zürich AG, Postfach, 8058 Zürich,
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt Roland Gfeller, Florastrasse
44,
Postfach 1709, 8032 Zürich,
Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL),
Maulbeerstrasse 9, 3003 Bern,
Eidgenössische Rekurskommission für Infrastruktur und Umwelt,
Instruktionsrichterin, Postfach 336,
3000 Bern 14,
 
weitere Verfahrensbeteiligte:
Skyguide, route de Pré-Bois 15-17, Postfach 796,
1215 Genf 15.
 
Betriebsreglement für den Flughafen Zürich; Verfahrensvereinigung,
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den
Entscheid der Instruktionsrichterin der Eidgenössischen Rekurskommission für
Infrastruktur und Umwelt
vom 26. Juni 2006.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
1.1 Infolge von Flugbeschränkungen im süddeutschen Luftraum wurde das
Betriebsreglement für den Flughafen Zürich vom 31. Mai 2001 verschiedene Male
provisorisch geändert. Mit den Änderungen vom 18. Oktober 2001, vom 15.
Oktober 2002 und vom 16. April 2003 sind anstelle der Nordanflüge in den
Nachtstunden und danach auch in den Tagesrandstunden Ostanflüge auf die Piste
28 eingeführt worden. Mit Verfügung vom 23. Juni 2003 genehmigte das
Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) die Einführung morgendlicher Südanflüge
(von 6 Uhr bis 7.08 Uhr bzw. 9.08 Uhr) auf die Piste 34 auf Ende Oktober
2003. Am gleichen Tag erteilte das Eidgenössische Departement für Umwelt,
Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) die Plangenehmigung zur
Installation eines Instrumentenlandesystems (ILS) und einer Anflugbefeuerung
für die Piste 34. Den gegen die beiden Verfügungen vom 23. Juni 2003
erhobenen zahlreichen Beschwerden ist die aufschiebende Wirkung entzogen
worden.
Die Flughafen Zürich AG legte am 31. Dezember 2003 ein überarbeitetes
Betriebsreglement mit Umweltverträglichkeitsbericht vor. Dieses "vorläufige"
Reglement ersetzt die verschiedenen Provisorien und soll gelten, bis nach
Abschluss des Sachplan-Verfahrens (Sachplan Infrastruktur der Luftfahrt, SIL)
ein endgültiges Betriebsreglement für den Flughafen Zürich erlassen werden
kann. Mit Verfügung vom 29. März 2005 genehmigte das BAZL das vorläufige
Betriebsreglement unter Vornahme gewisser Änderungen. Den gegen die
Genehmigungsverfügung gerichteten Beschwerden ist hinsichtlich der im
Luftfahrthandbuch AIP publizierten An- und Abflugverfahren zum und vom
Flughafen Zürich die aufschiebende Wirkung entzogen worden.
 
1.2 Im vereinigten Beschwerdeverfahren betreffend die Einführung der
Südanflüge und die Ausrüstung der Piste 34 (Verfahren B-2003-48/   Z-2003-65)
beantragten der Verein "Flugschneise Süd - Nein (VFSN)" und die
mitbeteiligten Beschwerdeführer (Beschwerdeführende 42), das
Verwaltungsbeschwerdeverfahren betreffend das vorläufige Betriebsreglement
vom 29. März 2005 (Verfahren B-2005-44) sei zu sistieren, bis die
Rekurskommission für Infrastruktur und Umwelt (Rekurskommission INUM) über
die Rechtmässigkeit der Südanflüge entschieden habe. Die
Instruktionsrichterin der Rekurskommission INUM wies den Antrag mit Verfügung
vom 11. November 2005 ab. Gegen diese Verfügung erhob die Stadt Zürich
Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesgericht trat mit Urteil vom 30.
Januar 2006 mangels formeller Beschwer der Stadt auf die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht ein, stellte indessen aus
prozessökonomischen Gründen auch einige Erwägungen zur Bundesrechtmässigkeit
der angefochtenen Zwischenverfügung an (1A.306/2005 E. 2).
 
1.3 Am 26. Juni 2006 verfügte die Instruktionsrichterin der Rekurskommission
INUM, dass die Südanflug-Verfahren (Z-2003-65/B-2003-48) und das
Beschwerdeverfahren betreffend das vorläufige Betriebsreglement (B-2005-44)
vollständig vereinigt und unter der neuen Dossiernummer B-2005-44/Z-2003-65
weitergeführt würden. Gemäss der Verfügung werden sämtliche noch hängigen
Anträge und Rügen aus dem Südanflug-Verfahren ins vereinigte Verfahren
übernommen und dort - auch hinsichtlich allfälliger Gegenstandslosigkeit -
geprüft.
 
1.4 Gegen die Verfügung der Instruktionsrichterin der Rekurskommission INUM
vom 26. Juni 2006 haben der Verein "Flugschneise Süd - Nein" (VFSN) und
diverse Mitbeteiligte (Beschwerdeführende 81 im Verfahren Z-2003-65/B-2003-48
und Beschwerdeführende 42 im Verfahren B-2005-44), X.________ und
Mitbeteiligte (Beschwerdeführende 82 im Verfahren Z-2003-65/B-2003-48) sowie
die Interessengemeinschaft Chapf (Beschwerdeführende 61 im Verfahren
Z-2003-65/ B-2003-48) Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben. Sie stellen die
Anträge, die Verfügung der Verfahrensvereinigung sei aufzuheben und es sei
festzustellen, dass die Rekurskommission INUM das hängige Verfahren
Z-2003-65/B-2003-48 beförderlich weiterzuführen habe. Mit zusätzlicher
Eingabe verlangen die Beschwerdeführer den Erlass vorsorglicher Massnahmen
bzw. von Anordnungen, durch welche die Rekurskommission INUM zur
Beschleunigung der Beschwerdeverfahren zu verpflichten sei. -
Vernehmlassungen sind nicht eingeholt worden.
 
2.
Angefochten ist eine Zwischenverfügung, mit der eine Verfahrensvereinigung
angeordnet worden ist. Zwischenverfügungen unterstehen der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde, wenn auch die nachmalige Endverfügung der
Verwaltungsgerichtsbarkeit unterliegt (Art. 101 lit. a OG e contrario) und
wenn die Zwischenverfügung einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil
bewirken kann (Art. 97 OG in Verbindung mit Art. 5 und 45 Abs. 1 VwVG). Die
Beschwerdeführer bringen zu dieser zweiten Voraussetzung vor, dass die Frage
der Rechtmässigkeit und Notwendigkeit der Südanflüge auf Piste 34 selbständig
und möglichst vorab entschieden werden müsse und die Vereinigung des
Südanflug-Verfahrens mit dem Beschwerdeverfahren betreffend das vorläufige
Betriebsreglement auf eine Verfahrensverzögerung hinauslaufe. Diese
Verzögerung sei massiv, müsse doch im Verfahren betreffend das vorläufige
Betriebsreglement das gesamte An- und Abflugregime beurteilt werden, was
voraussichtlich noch mehrere Jahre in Anspruch nehmen werde. Dagegen seien
die Südanflug-Beschwerdeverfahren spätestens im Herbst 2006
entscheidungsreif. Die Verfahrensvereinigung bringe keinerlei
prozessökonomische Vorteile, verletze den Anspruch der Beschwerdeführer auf
eine gerichtliche Beurteilung innert angemessener Frist und bedinge höhere
Rechtsverfolgungskosten.
Diesen Ausführungen sind die überzeugenden Erwägungen der Vorinstanz
entgegenzuhalten. In der angefochtenen Verfügung wird zwar eingeräumt, dass
eine Verfahrensvereinigung an sich zu einer unzumutbaren
Verfahrensverzögerung führen könne. Die Instruktionsrichterin hat hier einen
solchen Nachteil jedoch verneint, weil nach der Genehmigung des vorläufigen
Betriebsreglementes das Südanflug-Verfahren gar nicht mehr eigenständig
vorangetrieben und abgeschlossen werden könne. Im Sinne bisheriger
bundesgerichtlicher Rechtsprechung müsse zumindest von einer teilweisen
Gegenstandslosigkeit des Südanflug-Verfahrens ausgegangen werden. Es sei
praktisch wie auch rechtlich nicht möglich und sinnvoll, noch eine
Beurteilung nicht mehr relevanter Flugverfahren in Verbindung mit den
rechtlichen Vorgaben der Verfügung des BAZL vom 23. Juni 2003 vorzunehmen.
Der - vom ganzen Spruchkörper auszufällende - Abschreibungsentscheid könne
auch nach der Vereinigung der Verfahren bald getroffen werden. Ausgeschlossen
sei ebenfalls, das Südanflug-Verfahren mit einen Grundsatzentscheid (bloss)
über die Rechtmässigkeit der Anflüge zu erledigen. Die in einem separaten
Südanflug-Verfahren materiell beurteilten Bereiche müssten im jüngeren
Verfahren betreffend das vorläufige Betriebsreglement ohnehin sogleich wieder
überprüft und anhand der neuen Unterlagen und Vorgaben beurteilt werden. Es
könne daher nicht gesagt werden, dass die Verfahrensvereinigung mit einer für
die Beschwerdeführenden nachteiligen Verfahrensverzögerung verbunden sei.
Diesen Erwägungen ist beizupflichten. Wie bereits im bundesgerichtlichen
Entscheid 1A.306/2005 vom 30. Januar 2006 (E. 2) dargelegt worden ist, lässt
sich die Auffassung, über allfällige im Südanflug-Verfahren noch materiell
behandelte Fragen müsste aufgrund der veränderten Ausgangslage und der
erforderlichen Gesamtsicht im Verfahren B-2005-44 neu befunden werden,
bundesrechtlich nicht beanstanden. Ist aber nicht anzunehmen, dass die
Einwendungen gegen die Südanflüge ohne Verfahrensvereinigung rascher
beurteilt werden könnten, so führt die Verfahrensvereinigung auch nicht zu
einer Verfahrensverzögerung, die als nicht wieder gutzumachender Nachteil
betrachtet werden könnte. Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist mangels
eines mit der Zwischenverfügung verbundenen nicht wieder gutzumachenden
Nachteils nicht einzutreten.
 
3.
Aufgrund des vorliegenden Entscheides erübrigt sich die Behandlung der
Begehren um Erlass vorsorglicher Massnahmen.
 
4.
Die bundesgerichtlichen Kosten sind dem Ausgang des Verfahrens entsprechend
den Beschwerdeführern aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). Da keine
Vernehmlassungen eingeholt worden sind, sind auch keine Parteientschädigungen
zuzusprechen.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht im Verfahren nach
 
Art. 36a OG:
 
1.
Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird nicht eingetreten.
 
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3\'000.-- wird den Beschwerdeführern auferlegt.
 
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) und
der Instruktionsrichterin der Eidgenössischen Rekurskommission für
Infrastruktur und Umwelt, sowie der Skyguide schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 17. August 2006
 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin:

1A.138/2006