Mit Augenmass zu tieferen Gebühren (NZZ)

Publiziert von VFSNinfo am
Die BAZL-Verordnung für den Flughafen Zürich

Die Festsetzung von Gebühren an Flughäfen ist eine ziemlich knifflige Angelegenheit, denn die Preise bilden sich nicht im freien Wettbewerb heraus. Das ist auch gar nicht möglich, denn ein Flughafen wie Zürich verfügt über weite Strecken über ein Monopol.   Wer von einem anderen Flughafen aus direkt einen Langstreckenflug antreten will, fährt zunächst mit dem Auto oder mit der Eisenbahn mindestens bis nach Mailand oder München. Das ist keine echte Alternative. Abgestützt auf eine geltende Verordnung, gibt jetzt das zuständige Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) gleichsam den Tarif durch, indem es für den regulierten Bereich, also das Luftfahrtgeschäft, markant tiefere Gebühren fordert.

Der Einbruch des Aktienkurses der Flughafen Zürich AG ist am Montag mit mehr als 15 Prozent drastisch ausgefallen. Aus Investorensicht haben sich die Ertragschancen über Nacht verschlechtert, weil in Zukunft viel weniger Geld in der

Kasse des Flughafens hängenbleiben soll. Das Management des Flughafens rechnet vor, dass ab dem Jahr 2020 die aviatischen Erträge, im Wesentlichen Start-, Landeund Passagiergebühren, um einen Viertel oder jährlich um 150 Millionen Franken einbrechen werden. Das BAZL hält mit dem Argument dagegen, der Flughafen gehe hierbei von höheren Renditeerwartungen aus als die Aufsicht. Abgestützt auf diese Überlegung fordert die Aufsicht etwa, 50 Prozent statt bisher 30 Prozent des ökonomischen Mehrwerts aus dem Kommerzgeschäft und 75 statt 30 Prozent des Mehrwerts auf Parkingerträgen der Flughafenrechnung gutzuschreiben. Die Überlegung dahinter: Der Flughafen macht dank den hohen Kundenfrequenzen gute Geschäfte, was bei der Gestaltung der Passagiergebühren zu berücksichtigen sei.

Als ob es nicht kompliziert genug wäre, stützt das BAZL sich bei der Berechnung der Kapitalkosten für den regulierten Bereich auf eine Formel, um herzuleiten, wie viel Geld der Flughafen erwirtschaften dürfe. Wer weiss das schon so genau? Der Flughafen befürchtet nun weiteren Druck auf die Gebühren, weil tiefere oder sogar negative Franken-Zinsen ins Kalkül neu einfliessen.

All diese Rechnungen und Formeln zeigen, dass eine freie Marktwirtschaft und funktionierender Wettbewerb sehr wertvolle Dienste leisten, um ein Angebot nachfragegerecht bereitzustellen. Jedenfalls stellt sich schon die Frage, ob das BAZL, das quasi anstelle eines Marktmechanismus zum Zug kommt, nicht den Bogen überspannt. Es müssen verschiedene Überlegungen einfliessen, denn eine scharfe Senkung der Passagiergebühren ist mit Blick auf die nahezu erreichte Kapazitätsgrenze kaum der Weisheit letzter Schluss.

Vor drei Jahren bot der Flughafen Zürich für die Jahre 2016 bis 2020 Hand für eine Senkung der Passagiergebühren um gemittelt rund 7 Prozent. Es ist also eine Vorleistung erbracht worden. Das hatte den positiven Effekt, dass der Standort Zürich im innereuropäischen Vergleich seine Position leicht verbesserte. Die Schweiz ist bekanntlich in vielen Belangen ein teures Pflaster, und da darf der Eintrittspreis schon einmal etwas sinken.

Bevor die Gebühren zu drastisch gesenkt werden, sollte vor allem die brennende Frage beantwortet werden, wie der aus allen Nähten platzende Flughafen seine Kapazitäten erweitern kann. Das wird eine schöne Stange Geld kosten; was dazu rät, auch im regulierten Bereich mit Bedacht und Konzept voranzuschreiten. Darum ein Ja für tiefere Flughafengebühren, aber eine Senkung mit Augenmass.

NZZ, 13.11.2018, Seite 11


siehe auch: Tiefere Gebühren am Flughafen Zürich (Leserbriefe NZZ)