Fragwürdiger Aktien-Deal (Sonntagszeitung)

Publiziert von VFSNinfo am

Von Christian Maurer und Arthur Rutishauser

Andreas Schmid will nächstes Jahr das Flughafen Verwaltungsratspräsidium abgeben. «Voraussetzung ist, dass die grössten Probleme der Flughafenbetreiberin Unique bis dahin gelöst sind, vor allem der Anflugstreit und die Finanzierung der Lärmentschädigungen», sagt Schmid. Ein wesentlicher Schritt war die Vereinbarung mit dem Kanton Zürich zur Absicherung gegen übermässige Lärmzahlungen. Der letzte Schritt wäre ein definitives Anflugregime für den Flughafen.

Doch der Deal mit dem Kanton Zürich, der eine Garantie für die Bezahlung von Lärmentschädigungen übernommen hat, sofern diese einen Betrag von 1,1 Milliarden Franken überschreiten, und die 300 Millionen Eigenkapitalaufstockung könnten sich zum politischen Stolperstein entwickeln. Der Flughafen Zürich will die angekündigte Kapitalerhöhung offenbar mit wenigen Grossinvestoren durchziehen. Nur so ist zu erklären, dass der Ausgabepreis der neuen Aktien im Book Building-Verfahren ermittelt wird. Potenzielle Investoren geben bei diesem auktionsähnlichen System die Bandbreite des Preises an, zudem sie bereit sind, eine bestimmte Anzahl Aktien zu kaufen.

Ist Financier Martin Ebner in den Deal involviert?

Damit sollen die neuen Aktien (Nominalwert 50 Franken) 271 Franken einbringen, mehr der heutige Marktpreis an der Börse beträgt. Bisherige Aktionäre erhalten keine Vorzugskonditionen. Bevorzugt werden die Grossaktionäre der Kanton Zürich und seine Beamtenversicherungskasse, die Stadt Zürich, Capital Partners Unit Trust aus Sydney mit 6,1 Prozent und Martin Ebner damit, dass sie dank Lärmkostengarantie des Kantons praktisch kein Risiko mehr zu tragen haben.

Die Gefahr, dass die Flughafengesellschaft wegen Überschuldung in den Konkurs geschickt wird, ist ebenso gebannt wie die von Unique und Kanton offenbar nicht in Erwägung gezogene zweite Sanierungsmöglichkeit: ein Kapitalschnitt, bei dem die bisherigen Aktionäre, inklusive Kanton, viel Geld verloren hätten. Düpiert sind allerdings jene Kapitalgeber, die 2003 dem Flughafen ihre Obligationen unter dem Nennwert verkauften und 38 Millionen Franken ans Bein strichen. Das hätten sie kaum getan, wenn der Kanton schon damals seine Entschädigungsgarantie abgegeben hätte.

Insider gehen davon aus, dass Martin Ebner in den jetzigen Deal involviert ist. Der Financier mit neu entdecktem Hang zur Aviatik besitzt bereits knapp fünf Prozent des Flughafenkapitals. Eingestiegen ist er vor gut einem Jahr, kurz bevor der Kurs der Flughafenaktien zum bisher nicht gebremsten Höhenflug ansetzte (siehe Grafik). Seither liess er sich mehrfach von Flughafen Finanzchef Beat Spalinger aus erster Hand über den Geschäftsverlauf informieren. Zur gleichen Zeit machte sich der Kanton daran, den Lärmkosten Übernahme Deal einzufädeln.

Federführend bei der Platzierung der Aktien ist die Zürcher Kantonalbank ZKB. Die Staatsbank stand Ebner bereits einmal zu Diensten, als sie ihn vor dem Untergang rettete und 2002 seine Beteiligungsgesellschaften, die «Visionen», übernahm.

Parlamentskommissionen sollen Transparenz schaffen

«Die Finanzkommission und die Geschäftsprüfungskommission müssen den Deal prüfen», verlangt Ruedi Lais, SP Fraktionschef im Kantonsparlament. Im Hintergrund wird sogar über eine Parlamentarische Untersuchungskommission PUK nachgedacht für den Fall, dass FiKo und GPK die gewünschten Antworten nicht freiwillig erhalten

«Wir wollen vollständige Transparenz darüber, wer was wann gewusst hat und ob nicht Private begünstigt wurden», sagt Lais. Juristisch ist dies ein Verdacht auf Insidergeschäfte. Sollten Verdachtsmomente auftauchen, würde die Schweizer Börse SWX «auch in einem halben Jahr noch eine Untersuchung aufnehmen», sagt SWX Sprecher Werner Vogt. (Sonntagszeitung, 19.03.2006, Seite 67)


Risiko auf Staatskosten

Arthur Rutishauser über die Garantie des Kantons Zürich für den Flughafen

Einmal mehr werden die Probleme des schweizerischen Luftverkehrs auf Kosten des Staats gelöst. Diesmal, beim Zürcher Flughafen, nicht mehr mit einer direkten Beteiligung des Staats, sondern mit einer Staatsgarantie. Der Kanton Zürich verspricht die Lärmklagen zu übernehmen, wenn sie einen Betrag von 1,1 Milliarden überschreiten. Die Begründung: Wenn der Staat nicht eingreift, geht ein Stück Infrastruktur Konkurs, und dies hätte Auswirkungen auf die Wirtschaft, die grösser wären als die paar Millionen, die der Staat zahlen soll. Und eine Garantie kostet ja nichts, wird behauptet.

Beim Flughafen sind diese Argumente nicht stichhaltig. Es gibt überhaupt keinen Grund, warum man nicht eine Bilanzsanierung im üblichen Sinn macht, das heisst ein Kapitalschnitt und später eine Kapitalerhöhung. Dazu hätte man beispielsweise das Kantonsdarlehen von 300 Millionen Franken in Aktien wandeln können. Dies alles hätte für das operative Geschäft des Flughafens keine Folgen, für die Investoren hingegen schon. Bei der jetzigen Lösung retten private Aktionäre wie Martin Ebner und GE Capital ihr Risikokapital mit Staatshilfe, obwohl sie zum Zeitpunkt der Investition genau wussten, dass Lärmklagen drohen. Bei einer Bilanzsanierung wären sie leer ausgegangen, doch der Staat wäre Mehrheitsaktionär des Flughafens geblieben. Besitzverhältnisse, die der Realität entsprechen, denn bei der nächsten Krise wird sowieso wieder der Staat zahlen müssen. (Sonntagszeitung, 19.03.2006, Seite 22)



siehe auch:
Der Kanton als Rückversicherer für den Flughafen (NZZ)
Swiss Chef kritisiert Flughafen Lärmfonds (TA)
Flughafen-Deal kostet 73 Millionen (Sonntagszeitung)