Studie prognostiziert massives Wachstum des Flughafens (NZZ)

Publiziert von VFSNinfo am

Starker Anstieg der Passagierzahlen als Grundlage für Planungsprozess

Der Flughafen Zürich könnte in den nächsten 15 bis 25 Jahren massiv wachsen. Das prognostiziert eine Studie zur künftigen Nachfrage im Schweizer Flugverkehr, die als wichtige Grundlage für die eben begonnenen Arbeiten an der Raumplanung für den Flughafen (SIL) dient. Die Passagierzahlen sollen sich bis 2020 fast verdoppeln. Ohne eine zusätzliche Piste wäre eine solche Zunahme nicht zu bewältigen.

fur. In 15 Jahren könnten fast doppelt so viele Passagiere am Flughafen Zürich ankommen oder abfliegen wie letztes Jahr. Die Steigerung von 17,1 Millionen auf 31,9 Millionen Passagiere im Jahr 2020 ist einer der zentralen Befunde der sogenannten Nachfrageprognose der deutschen Firma Intraplan. Diese Zunahme würde eine Steigerung der jährlichen Flugbewegungen mit sich bringen. Sie würde laut der Studie von 266 700 im Jahr 2004 auf 401 900 im Jahr 2020 ansteigen, was gegenüber heute einer Zunahme um über 50 Prozent entspräche. Die Starts und Landungen pro Stunde würden von 60 auf 96 ansteigen.

Die Prognose wurde deshalb auf das Jahr 2020 ausgelegt, weil dies der Planungshorizont für den Sachplan Infrastruktur Luftfahrt (SIL) ist, das Raumplanungsinstrument des Bundes. Für die eben angelaufene Erstellung dieses Plans ist die Studie eine zentrale Grundlage. Intraplan hat die Zahlen aber auch noch auf das Jahr 2030 hochgerechnet. Zu diesem Zeitpunkt sei mit 39,9 Millionen Passagieren pro Jahr und 450 500 Flugbewegungen zu rechnen.

Kapazitätsgrenze ab 2015 erreicht

Ein solches Wachstum wäre mit dem bestehenden Pistensystem nicht mehr zu bewältigen. Mit der heutigen Infrastruktur können etwa 350 000 Flugbewegungen abgewickelt werden, eine Zahl, die laut der Studie zwischen 2015 und 2020 erreicht werden dürfte. Angesichts der Zahlen darf auch davon ausgegangen werden, dass der Flughafen in den Prognosen weiterhin die Funktion eines Drehkreuzes wahrnehmen soll. Raymond Cron, Direktor des Bundesamtes für Zivilluftfahrt (BAZL), bestätigte am Mittwoch vor den Medien, dass eine Entwicklung des Flughafens, die sich an dieser steigenden Nachfrage orientiert, den Bau einer neuen Piste bedingt. Über konkrete Projekte sei im Rahmen des am Dienstag angelaufenen SIL-Prozesses nicht gesprochen worden. Die Möglichkeiten sind aber begrenzt und laufen auf den Bau der Parallelpiste oder der Verlängerung der Ost-West-Piste hinaus. Cron gab aber auch zu bedenken, was Prognosen im Flugverkehr wert sind. Sars oder als neue Bedrohung die Vogelgrippe könnten ein Wachstum im Flugverkehr schnell zunichte machen. Grundlage der Prognose sind ein Wachstum der Schweizer Bevölkerung sowie ein Wachstum der Schweizer Wirtschaft von 1 bis 1,4 Prozent pro Jahr bis 2020. Weiter wird davon ausgegangen, dass die Swiss eine eigene Marke bleibt und weiter Interkontinentalflüge anbietet, dass das Segment der Billigflieger weiter wächst und dass das Preisniveau für Flugreisen leicht sinkt.

«Wachsende Bedürfnisse der Gesellschaft»

Trotz Unsicherheitsfaktoren gilt die Nachfrageprognose als wichtigste Grundlage bei der Festlegung der Eckwerte für den Flughafenbetrieb. Ob es möglich ist, ein Betriebskonzept zu erarbeiten, das diese Nachfrage deckt und gleichzeitig bei der Bevölkerung auf Akzeptanz stösst, wagte Hans-Peter Lenherr, Regierungsrat des Kantons Schaffhausen, zu bezweifeln. Rita Fuhrer, Volkswirtschaftsdirektorin des Kantons Zürich, erinnerte allerdings daran, dass das prognostizierte Wachstum nicht vom Flughafen bestimmt wird, sondern von der Gesellschaft. Die Studie sei eine Erhebung der Bedürfnisse nach Mobilität. Ob diese Mobilität befriedigt werden soll, ist eine politische Frage. Eine Rolle spielt hierbei die hängige Volksinitiative «Für eine realistische Flughafenpolitik», die verlangt, dass sich der Regierungsrat für eine Begrenzung der jährlichen Flugbewegungen auf 250\'000 einsetzen muss. Im angelaufenen SIL-Prozess sei die kantonale Initiative kein Thema, sagte Cron. Andreas Schmid, Verwaltungsratspräsident der Flughafen Zürich AG, erklärte aber, er habe grossen Respekt vor dem Volksbegehren. Die Initianten forderten am Mittwoch in einer Mitteilung den Regierungsrat auf, die Initiative schnell zur Abstimmung zu bringen. Eine starke Zunahme der Flugbewegungen sei kein taugliches Konzept für nachhaltiges Wirtschaften. Für den SIL-Prozess sei die Studie ungeeignet. Der Bürgerprotest Fluglärm Ost kritisierte, dass mit dieser Prognose als Grundlage des SIL-Prozesses die Wünsche des Flughafens nach Wachstum befriedigt würden. Die Grünen zeigten sich angesichts der Prognose entsetzt. Bei diesem Wachstum würden weite Regionen um den Flughafen unbewohnbar.

NZZ, 27.10.2005



siehe auch:
SIL-Prozess Fluhafen Zürich (UVEK)
Flughafen Zürich: Grundlagen für Erarbeitung der Betriebsvarianten liegen vor (Medienmitteilung BAZL)
Pressemitteilung des VFSN zur Nachfrageentwicklung in Zürich-Kloten (VFSN)
Süddeutsche Zweifel an Flughafenwachstums-Studie (NZZ)