Schummeleien mit dem Hub (Tagblatt)

Publiziert von VFSNinfo am
Warum ein Langstrecken-Drehkreuz in Zürich nicht rentieren kann

Wenn die Fluggesellschaft Swiss morgen Bilanz zieht, werden die Zahlen korrekt sein und dennoch falsch. Das Problem liegt beim Thema «Langstrecken-Hub Zürich».

SEPP MOSER/ZÜRICH

Ein Hub ist kein Flughafen, sondern ein auf koordinierten Anschlussverbindungen aufgebautes Verkehrssystem. Viele Leute meinen, dass ein Hub in Zürich mit möglichst vielen Langstreckenflügen in die ganze Welt nicht nur für Swiss, sondern für die Schweiz als Ganzes von existenzieller Bedeutung sei. Die Realität belegt das Gegenteil.

Die spanische Region Katalonien (Hauptstadt Barcelona) mit 6 Mio. Einwohnern ist wirtschaftlich erfolgreich - ohne einen einzigen Langstreckenflug. Norwegen schwimmt trotz fehlender Langstrecken im Geld. Berlin ist vor allem über Frankfurt mit der weiten Welt verbunden.

Die Schweiz als Unikum

Belgien, Finnland, Irland, Portugal, Schweden - all diese kleineren Staaten kommen mit einem auf wenige profitable Strecken beschränkten Langstreckennetz aus, ohne wirtschaftlich Schaden zu nehmen. In Holland, bis vor kurzem neben der Schweiz das einzige kleinere europäische Land mit weltweiten Langstreckenverbindungen, hat sich die Fluggesellschaft KLM unter die Flügel der Air France geflüchtet. Nur in der Schweiz soll angeblich funktionieren, was in allen vergleichbaren Fällen als unmöglich gilt. Das erstaunt umso mehr, als hierzulande die wenigen rentablen Langstrecken ausnahmslos auch noch von anderen Airlines bedient werden; ein Rückzug der Swiss würde von ihnen innert Tagen kompensiert.

«Nie in einen Hub investieren»

Der Langstrecken-Hub in Zürich hat schon für die alte Swissair nie rentiert - weil er gar nicht rentieren kann. Gemäss einer internen Analyse der Swissair von 2000 betrug die betriebswirtschaftliche «Gewinnmarge» der Hub-Operation minus 4%. Die Swissair-Experten zogen den Schluss, dass man, könnte man neu beginnen, «nie in einen globalen Hub mit Basis Schweiz investieren würde». Als Ausweg empfahlen sie die Schrumpfung der Swissair auf vornehmlich europäische Dimensionen, die «Elimination von mehr als 25 (der damals 34; Red.) Grossraumflugzeuge und den Ersatz von mindestens 20 Airbus A320 der Swissair durch kleinere Flugzeuge» (der Crossair) bei gleichzeitiger Entlassung von 80% der Swissair-Piloten. Schwer nachzuvollziehen ist, dass Leute, die all dies hätten wissen müssen (und können), auch heute immer noch dem alten Hub-Traum anhängen. Dabei stützen sie sich auf die hartnäckige Behauptung der Swiss, dass der Langstreckenverkehr rentiere und die Probleme allein im Kurzstreckensektor lägen.

Zubringer subventioniert

Auch diese Behauptung fällt zusammen, betrachtet man die Tatsachen. Über die Hälfte der Swiss-Langstreckenpassagiere fliegt nicht von der Schweiz aus oder in die Schweiz, sondern steigt in Zürich nur um. Dabei ist entscheidend, nach welchem Schlüssel die Ticket-Einnahmen auf die Kurz- und die Langstrecke verteilt werden. Ein Beispiel: Mit dem Dumpingpreis von 723,15 2 retour lockt Swiss Fluggäste von Birmingham über Zürich nach Bangkok. Dabei macht der Flug von England in die Schweiz 9,2% der Gesamtstrecke aus; seine Kosten sind jedoch rund halb so hoch wie jene des Fluges nach Thailand, weil Start und Landung finanziell besonders stark ins Gewicht fallen. Richtigerweise müsste also rund ein Drittel des Flugpreises dem Zubringerflug gutgeschrieben werden. Tatsächlich entfallen aber je nach Swiss-interner Quelle 81% bis 90% des Gesamtertrags auf die Langstrecke und nur 10% bis 19% auf den Zubringer. So kann Swiss dann «beweisen», dass die Langstrecke rentiert und das Europanetz der Quell allen Übels ist. Was dann wiederum zur Stützung der Behauptung dient, der Langstrecken-Hub Zürich zahle sich aus.

Tagblatt, 10.03.2005