Flughafen Zürich erteilt Klimaprotest eine Abfuhr (ZU)

Publiziert von VFSNinfo am
Eine 17-Jährige will mit einer Gruppe ein Sit-In veranstalten. Doch der Flughafen lehnt ab: Die Auflagen seien nicht erfüllt.

Am 3. März hätte die Klimabewegung erstmals das Unterland erreichen können. Das war jedenfalls der Plan von Hanna Fischer. Die 17-Jährige rief in Gruppenchats der Klimastreiks zu einem Sit-In am Flughafen Zürich auf. Wer an der Aktion hätte teilnehmen wollen (gemäss der Grösse der Whatsapp-Gruppe rund 50 Personen), war aufgefordert, sich mit Plakaten zum Flughafen zu begeben. Die Gruppe sollte sich erst verteilen, bis die erste Person sich hinsetzt und die anderen zu ihr stossen. Ein klassisches Sit-In, so hatte sich die Medizinstudentin aus Männedorf die friedliche Aktion vorgestellt. «Es geht mir vor allem darum, dass Flugreisende sich Gedanken zu ihrem eigenen Reiseverhalten machen – und auch mal aufs Fliegen verzichten», erklärt sie. Die Aktion sei zwar für das Klima, aber unabhängig der laufenden Klimastreiks geplant worden.

«Betrieb hat Vorrang»

Doch daraus wird nichts. Denn die Flughafenbetreiberin erteilte der Gruppe keine Bewilligung, trotz einigem Hin und Her, wie Hanna Fischer sagt. «Anfragen für Flashmobs am Flughafen Zürich lehnen wir aus betrieblichen Gründen konsequent ab», erklärt Flughafensprecherin Sonja Zöchling auf Anfrage. Selbst von Flughafenpartnern seien schon Gesuche abgelehnt worden. Denn: «Der Betrieb am Flughafen Zürich hat Vorrang.»

Anfragen für Demonstrationen würden jeweils sorgfältig geprüft und in der Regel mit strengen Auflagen bewilligt, erklärt Zöchling weiter. So sei mitunter die Anzahl Personen für solche Demonstrationen bei maximal 25 festgelegt. Dabei dürften die Demonstrierenden Passagiere, Flughafenmitarbeitende sowie Besucherinnen und Besucher nicht ansprechen und auch keine Flyer verteilen. Ausserdem sei die Dauer zeitlich auf 30 bis 40 Minuten beschränkt. Unter diesen Auflagen würde der Flughafen die Demonstrationen in der Regel bewilligen, «auch wenn sie flughafenkritische Themen behandeln», wie die Flughafensprecherin betont.

Die Flughafenbetreiberin sei sich ihrer Verantwortung durchaus bewusst, so Zöchling weiter: «Zur Klimadiskussion ist auch interessant zu wissen, dass die Flughafen Zürich AG den von ihr verursachten CO2-Ausstoss (Fahrzeug- und Maschinenpark, Wärme- und Kälteversorgungen, Notstromanlagen) seit dem Jahr 1991 trotz fast einer Verdoppelung der Infrastruktur um rund 50 Prozent gesenkt hat und diesen bis 2030 um weitere 10 Prozent senken will.»

Aus rechtlicher Sicht sind Demonstrationen am Flughafen eine komplexe Sache. Denn als Aktiengesellschaft hat der Flughafen Zürich grundsätzlich dasselbe Recht wie jeder Privateigentümer, jemanden vom eigenen Grund wegzuschicken. Allerdings ist die öffentliche Hand Mehrheitsaktionärin des Flughafens. Daher gehört er, wie Bahnhofshallen oder Fussballstadien, zu den halböffentlichen Räumen: Er steht im Privateigentum, übernimmt aber eine Funktion des öffentlichen Raums. Deshalb stellt sich die Frage, inwiefern die nur für den Staat bindende Versammlungsfreiheit (Art. 22 Bundesverfassung) auch für diese Räume gilt – insbesondere angesichts der strengen Sicherheitsvorkehrungen rund um den Flughafenbetrieb.

Halböffentlicher Raum

Dass Ausnahmen für Demonstrationen am Flughafen Zürich möglich sind, zeigte der «Verein Flugschneise Süd – Nein». Bis November 2017 führte er jeden Monat eine Mahnwache direkt beim Terminal durch, mit teilweise über 50 Teilnehmenden. Die Bewilligungspraxis sei jedoch nie eindeutig gewesen, sagt Vereinspräsident Edi Rosenstein. Zeitweise sei sie erteilt, zeitweise entzogen worden, und teils wurde die Gruppe schlicht geduldet. 2017 habe der Verein von sich aus entschieden, die Mahnwachen durch Infostände an Wochen- und Dorfmärkten in der Region zu ersetzen.

Für Hanna Fischer ist die Absage auf alle Fälle frustrierend. «Die Aktion hätte konkret vor Ort Einzelpersonen erreicht und zum Nachdenken angeregt. Wir werden sie nun in der Stadt Zürich durchführen. Aber der Effekt wird nicht derselbe sein.»

Zürcher Unterländer, 28.02.2019