Der Drohnen-Boom wird zum Risiko für Flugzeuge (NZZ)

Publiziert von VFSNinfo am
Crash-Gefahr

Ein Passagierflugzeug aus Zürich wäre über der Londoner City beinahe mit einer Drohne zusammengestossen. Auch in der Schweiz hat sich die Zahl der Vorfälle erhöht. Nun werden Massnahmen gefordert.

Nur durch Glück können die Piloten des Flugs LX465 der Swiss im Sommer dieses Jahres eine Katastrophe verhindern. Im Anflug auf die englische Hauptstadt London kreuzt in kurzer Distanz plötzlich eine Drohne den Weg des Linienflugs. Die Piloten berichten nach der Landung, die gelb gefärbte Drohne mit einem Durchmesser von etwa 50 Zentimetern habe sich der Maschine auf rund 20 Meter genähert.

Im Untersuchungsbericht der britischen Behörden heisst es später, ein Zusammenstoss sei nur knapp vermieden worden, dabei habe Glück eine wichtige Rolle gespielt. Dies umso mehr, als sich der Vorfall im Anflug auf den Flughafen Heathrow in noch knapp 1000 Metern Höhe ereignet, direkt über der Londoner City.

Weil der Linienflug mit 87 Passagieren an Bord in Zürich gestartet war, wurde auch die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle (Sust) aktiv. Diese hält in ihrem kurz vor Weihnachten veröffentlichten Bericht fest, die Annäherung habe trotz guter Sicht erst spät erkannt werden können. «Bei einem Kollisionskurs wäre ein Ausweichmanöver zu diesem Zeitpunkt wohl nicht mehr möglich gewesen.»

46 Vorfälle in der Schweiz

Weil die Verkehrsdichte über der britischen Hauptstadt sehr hoch ist, kommt es immer wieder zu gefährlichen Zwischenfällen. Die Zahl der gemeldeten Annäherungen zwischen Drohnen und Flugzeugen in der Umgebung der Londoner Flughäfen lasse ein deutliches Kollisionsrisiko erkennen, befindet die Sust. Tatsächlich registrierten die britischen Behörden allein in diesem Jahr 42 sogenannte Airprox zwischen Passagierflugzeugen und Drohnen. Hinzu kamen zehn Vorfälle unter anderem mit Ballonen und Modellflugzeugen.

Zum Vergleich: 2014 wurden erst sechs Drohnen-Meldungen verzeichnet. Die Sust hält deshalb Massnahmen, um unbemannte Fluggeräte auf dem Radar sowie an Bord von Flugzeugen frühzeitig erkennbar zu machen, aus Sicherheitsgründen für unumgänglich.

Zu ähnlich gefährlichen Annäherungen wie in London ist es in der Schweiz bisher zwar nicht gekommen. Aber auch hier meldeten Piloten der Flugsicherung Skyguide schon ferngesteuerte Flugobjekte. Es sei vorgekommen, dass ein Pilot im Endanflug auf Zürich eine Drohne in der Umgebung gemeldet habe, sagt Skyguide-Sprecher Vladi Barrosa. «In solchen Fällen informieren wir umgehend die Polizei.»

In der Schweiz sind nach Schätzungen der Behörden bereits mehrere zehntausend Drohnen verkauft worden. Entsprechend schlägt sich der Boom auch bei der Zahl der Drohnenmeldungen nieder. Dem Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) wurden allein in diesem Jahr 46 Vorfälle gemeldet, wie Sprecherin Nicole Räz auf Anfrage sagt. Bei zwei Annäherungen leitete die Sust aufgrund des Schweregrads eine Untersuchung ein.

Drohnen-Strategie in Arbeit

Beim Bazl hat man deshalb reagiert und eine interaktive Karte veröffentlicht: Auf dieser sind die Gebiete eingetragen, innerhalb deren nicht oder nur mit einer speziellen Bewilligung geflogen werden darf. Laut Gesetz gilt nämlich in einem Radius von fünf Kilometern rund um einen Flughafen ein komplettes Flugverbot. In den sogenannten Kontrollzonen ist das Fliegen des Fluggerätes zudem ab einer Höhe von 150 Metern über Grund untersagt. Für eine Ausnahmebewilligung muss die Flugverkehrsleitstelle des Flugplatzes angefragt werden. Beim Flughafen Zürich werden jedoch nur in Ausnahmefällen Bewilligungen erteilt, etwa für Vermessungsflüge.

Auch Skyguide ist aktiv geworden. Die Flugsicherung arbeitet laut Barrosa derzeit an einer Drohnen-Strategie. Dazu gehört einerseits die Entwicklung von technischen Lösungen, damit handelsübliche Drohnen auf dem Radarschirm erkennbar werden. Das nehme allerdings noch einige Zeit in Anspruch, sagt der Skyguide-Sprecher. Zudem brauche es neue Rahmenbedingungen für die unbemannten Flugobjekte. Drohnen seien heute nämlich nicht mehr aus dem Alltag wegzudenken. «Sie müssen entsprechend ihren Platz im Luftraum finden und in den bestehenden Verkehr integriert werden.»

NZZ, 28.12.2016




Kommentar VFSN: Auch wenn Drohnen verboten werde, heisst es noch lange nicht, dass nicht trotzdem Drohnen fliegen gelassen werden. Deshalb gibt es nur eines: Dicht besiedelte Gebiete unter keinen Umständen überfliegen!