Doris Leuthard setzt Zürich unter Druck (NZZ)

Publiziert von VFSNinfo am
Bund soll Flughäfen stärker führen

Bundesrätin Doris Leuthard will, dass der Bund verbindliche Vorgaben zur Entwicklung der drei Landesflughäfen aufstellen kann. Dies schlägt sie dem Bundesrat vor. Die Zürcher Regierung wehrt sich.

Der Antrag an den Bundesrat steht: Doris Leuthard will in der Flughafenpolitik das Zepter stärker übernehmen. Den Kantonen sowie den Betreibern will sie Vorgaben machen können, wie sich die Landesflughäfen Zürich, Genf und Basel-Mülhausen zu entwickeln haben. Wie gutunterrichtete Quellen berichten, hat sich die Verkehrsministerin nun auch für das passende Instrument entschieden. Neu soll der Bundesrat in den jeweiligen Sachplänen zu den Landesflughäfen verbindliche Leistungs- und Kapazitätsvorgaben machen können. Diesen Antrag wird Leuthard laut den gegenwärtigen Plänen am 24. Februar stellen, eingebettet in den aktualisierten Bericht über die Luftfahrtpolitik der Schweiz (Lupo). Dass der Antrag angenommen wird, dürfte Formsache sein.

Liberal – mit Vorbehalten

Enthalten im neuen Lupo ist auch ein brisanter Passus zum Umgang mit der Konkurrenz aus der Golfregion. Insider berichten, dass sich das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) zum Ärger der Schweizer Luftfahrtbranche in der Ämterkonsultation scharf dagegen aussprach, dem Home-Carrier Swiss eine Art Heimatschutz zu geben und Wettbewerber wie Etihad oder Emirates einzuschränken. Durchgesetzt hat sich nun allerdings das Bundesamt für Zivilluftfahrt. Wie aus Leuthards Umfeld zu erfahren ist, soll nun in Bezug auf die Verkehrsrechte zwar ein grundsätzlich liberaler Ansatz beibehalten werden. Der Liberalisierungsgrad sei aber an den Interessen der Volkswirtschaft der Schweiz auszurichten. Volle Liberalisierung sei nur bei Direktflügen ab und nach Zürich, Genf oder Basel-Mülhausen anzustreben. Bei der Gewährung weitergehender Verkehrsrechte, konkret im Fall von Umsteigeflügen wie zum Beispiel Dubai–Zürich–New York, sei zu prüfen, ob sich der zusätzliche Marktzugang negativ auf die Schweizer Luftfahrtpolitik auswirke. Im Lupo-Entwurf, den die NZZ im vergangenen Oktober bekanntmachte, stellte der Bund fest, dass namentlich Airlines aus den Golfstaaten wegen ihrer indirekten Subventionsbezüge die Wettbewerbsfähigkeit des Drehkreuzes in Zürich und der Airline Swiss gefährdeten.

Widerstand formiert sich

Dass Leuthard den Einfluss des Bundes auf die Landesflughäfen stärken will, ist der Tatsache geschuldet, dass vor allem am Drehkreuz in Zürich, aber auch in Genf in Spitzenzeiten Engpässe die Entwicklung behindern. Mit Vorgaben in den Sachplänen will die Verkehrsministerin sicherstellen, dass sich die Landesflughäfen moderat entwickeln können. Nur so sei die im Lupo enthaltene zentrale Zielsetzung zu erreichen, dass die Schweiz auch künftig direkt an die wichtigsten internationalen Zentren angebunden bleibe. Fallen lässt Leuthard indes den brisanten Vorschlag aus dem Konsultationsentwurf vom Herbst, neu solle die Bundesversammlung Grundsatzentscheide zur Entwicklung der Landesflughäfen in referendumsfähigen Beschlüssen fällen können.

Trotzdem kommen Leuthards Pläne in Zürich nicht gut an. Hinter vorgehaltener Hand ist von «Geschwafel aus Bern» die Rede: Sachpläne seien Raumplanungs- und Koordinationsinstrumente für die Behörden; Leistungsvorgaben für die Betreiber hätten in ihnen nichts verloren. Auch offiziell verweist der Regierungsrat darauf, dass verbindliche Leistungs- und Kapazitätsziele einer Grundlage im Gesetz oder in der Betriebskonzession bedürften.

So oder so: Just in Zürich, dem Drehkreuz mit den europaweit restriktivsten betrieblichen Einschränkungen, sieht Leuthard den grössten Handlungsbedarf. Ihr Vorgehen ist geschickt: Zuerst definiert sie Ziele und abstrakte Massnahmen. Richtig hart geführt wird die Auseinandersetzung indes erst dann, wenn es um konkrete Optimierungen des heutigen Betriebssystems geht. In Zürich stehen etwa Südstarts geradeaus in der Mittagsspitze über Teile der Stadt Zürich, das Zürcher Oberland und die Zürichseeregion hoch oben auf der Traktandenliste. Der Widerstand dagegen formiert sich bereits.

NZZ, 02.02.2016




siehe auch:
Zürcher Front gegen Leuthards Pläne (NZZ)