Staatsvertrag im «Tiefkühlfach» (NZZ)

Publiziert von VFSNinfo am
GLP und SP positionieren sich im Kantonsrat als die härtesten Gegnerinnen von Pistenausbauten am Flughafen Zürich. Mit ihrem neusten Vorstoss sind sie nun gescheitert – sogar die Grünen versagten die Unterstützung.

Wieder einmal hat der Kantonsrat am Montag über den Flughafen gestritten – zum Ärger von Volkswirtschaftsdirektor Ernst Stocker (svp.). Sichtlich genervt meinte er, dass er gerne wissen würde, wie viele der Parlamentarier mit dem Flugzeug in die Sommerferien geflogen seien – wie die über 90\'000 Passagiere, die an Rekordtagen zu verzeichnen waren. Antworten gab es keine, aber in der GLP und der SP dürfte Fliegen ein Tabuthema sein, so hartnäckig bekräftigten die Parteien auch am Montag ihre Abneigung gegen den Flughafen.

Keine Protestnote

Auf der Traktandenliste stand ein dringliches Postulat der GLP, das Pistenverlängerungen von einer allfälligen Umsetzung des Staatsvertrags mit Deutschland entkoppeln will. In dem Abkommen ist vorgesehen, die Sperrzeiten des deutschen Luftraums auszudehnen, so dass rund 20\'000 zusätzliche Landungen jährlich nicht von Norden her abgewickelt werden könnten. Vom Regierungsrat wird in dem Vorstoss der GLP das Aufzeigen von Möglichkeiten verlangt, wie das Abkommen auch ohne Ausbauten am Flughafen umgesetzt werden könnte. Die Verkehrskommission des Kantonsrats folgte allerdings der Argumentation der Regierung, wonach es dazu zu früh sei. Da die Ratifizierung des Staatsvertrags in Berlin auf Eis liegt und es keine Anzeichen gibt, dass sich daran bald etwas ändert, setzte der Bund planerische Grundlagenarbeit wie Lärmberechnungen für mögliche neue Betriebsvarianten aus.

Eine Kommissionsminderheit aus SP und GLP drängte aber darauf, dass die Abschreibung des Geschäfts nicht ohne eine Form des Protests erfolgt, sprich mit einer von der Meinung des Regierungsrats abweichenden Stellungnahme versehen wird. In dieser sollte zum Ausdruck kommen, dass der Kantonsrat einen Pistenausbau ablehne, auch wenn er mit dem Staatsvertrag begründet werde. Das heutige Pistensystem biete genügend Kapazität, um die Anbindung des Wirtschaftsraums Zürich an den weltweiten Luftverkehr zu gewährleisten. Mit 102 zu 43 Stimmen lehnte der Kantonsrat den Minderheitsantrag ab – auch die Grünen versagten die Unterstützung. Robert Brunner (gp., Steinmaur) verwies darauf, dass der Kantonsrat in der Richtplandebatte eine klare Stellungnahme abgegeben hatte – dies müsse genügen. Tatsächlich verzichtete das Zürcher Parlament im März darauf, Verlängerungen der Pisten 28 und 32 in den Richtplan aufzunehmen (NZZ 25. 3. 14). Wegen der nationalen Bedeutung des Flughafens hat das letzte Wort allerdings der Bundesrat: Er verfügt über einen Genehmigungsvorbehalt.

Für Brunner steht unabhängig davon fest, dass der Staatsvertrag sowohl für die Schweiz als auch für Südbaden schlecht ist – und somit «im Tiefkühlfach des deutschen Bundestags» gut lagere, wie Brunner es formulierte. Letztlich empfehle er den Deutschen, den Vertrag abzulehnen.

Kapazitätsverlust befürchtet

Für Felix Hoesch (sp., Zürich) kommt ein Pistenausbau grundsätzlich nicht infrage, weil damit ein Kapazitätsausbau verbunden sei, wie er behauptete. Barbara Schaffner (glp., Otelfingen) bekräftigte die grundsätzliche Kritik an den Ausbauplänen. Yvonne Bürgin (cvp., Rüti) hielt dagegen, dass vorzeitige Denkblockaden unsinnig seien: Zuerst müsse der nächste Zug Deutschlands abgewartet werden. Christian Lucek (svp., Dänikon) kritisierte die Anti-Flughafen-Haltung insbesondere der GLP und konterte das Wachstumsszenario des SP-Kantonsrats Hoesch mit der Aussage, dass ohne Pistenausbauten der Staatsvertrag nur mit markanten Kapazitätseinbussen umgesetzt werden könne. Der Flughafen selber beziffert diese auf rund 15 Prozent in den ausgedehnten Sperrzeiten.


Initiative wird bald lanciert

asü.   Nun ist es definitiv: Wirtschaftskreise lancieren eine Volksinitiative, mit der letztlich ein Pistenausbau am Flughafen Zürich ermöglicht werden soll. Angestrebt wird eine Änderung des Flughafen-Gesetzes: Auch ablehnende Entscheide des Parlaments zu beantragten Pistenverlängerungen sollen vor das Stimmvolk gebracht werden können. In der gegenwärtigen Fassung ist ein Kantonsratsentscheid nur referendumsfähig, wenn er zugunsten von Pistenverlängerungen ausfällt. Die Initiative zielt also darauf ab, dass der Kantonsrat einen Ausbau nicht blockieren könnte. Lanciert werde die Initiative im Herbst, sagt Christian Bretscher, Geschäftsführer des Komitees Pro Flughafen.

NZZ, 19.08.2014


Kommentar VFSN

Die GLP möchte, dass der Regierungsrat aufzeigt wie das Abkommen auch ohne Ausbauten am Flughafen umgesetzt werden könnte. Die Antwort ist einfach: Den ganzen Tag Südüberflüge!!! (Entweder Südanflüge oder Südstarts straight)