Kein Glauben an die «letzte Chance» (NZZ)

Publiziert von VFSNinfo am

Auftakt zum Mediationsverfahren um den Flughafen Zürich

Als «letzte Chance» einer aussergerichtlichen Lösung im Streit um die Verteildung des Fluglärms haben das Departement Leuenberger, der Kanton Zürich und die Flughafen Zürich AG ein Mediationsverfahren ins Leben gerufen. Heute findet eine erste grosse Versammlung aller involvierten Gruppen statt. An einen Erfolg des Verfahrens will aber im Vorfeld niemand so richtig glauben.

rel. Am heutigen Freitag findet um 18 Uhr in der Stadthalle Bülach der erste Akt des Mediationsverfahrens zum Flughafen Zürich statt - zunächst mit einer grossen Auftaktveranstaltung.  Die Liste der Teilnehmenden ist lang; sie umfasst Vertreter von über 120 Unternehmen, Organisationen, Behörden, Verbänden, Gemeinden, Städten, Bürgerorganisationen und Parteien sowie von Umwelt-, Wirtschafts und Arbeitnehmerorganisationen. Niemand, der nur irgendein Interesse an der Entwicklung des Flughafens Zürich und der künftigen Verteilung des Fluglärms hat, fehlt.

Das erste Wort allerdings haben die Auftraggeber des Mediationsverfahrens: Bundesrat Moritz Leuenberger, Regierungsrätin Rita Fuhrer und Unique-Präsident Andreas Schmid. Sie werden einleitend referieren. Anschliessend wird in Diskussionsrunden erst einmal über die Vorbereitung gesprochen. Im Wesentlichen geht es um die Bestellung einer 15-köpfigen Koordinationsgruppe mit Vertretern der wichtigsten Interessengruppen. Ihre Aufgabe wird es sein, unter anderem die Voraussetzungen für die Mediation zu schaffen. Dazu gehört auch ein sogenannter Mediationsvertrag.

Misstrauen und Befürchtungen

Dass das Verfahren schwierig sein wird, ist offensichtlich. In ihren Vorgesprächen haben die mit dem Prozess betrauten Mediatoren Wolfgang Wörnhard, Ursula König, Richard Eichenberger und Mirjam Bollag Dondi die Stimmung auszuloten versucht. Sie sind in erster Linie Misstrauen und Befürchtungen begegnet.

Weit verbreitet ist die Angst, dass die Mediation selbst lediglich eine Verzögerungstaktik der Promotoren darstelle. Es gehe darum, die Bevölkerung ruhig zu halten, um sie an die neuen An- und Abflugregime zu gewöhnen. Ebenso wird die Befürchtung geäussert, es könnte keine ausreichende Verbindlichkeit für die Umsetzung der Ergebnisse erreicht werden, und ein Scheitern der Mediation würde den Konflikt nur weiter anheizen.

Regierungsrat im Vertrauenstief

Wie viel Geschirr bereits verschlagen wurde, zeigt das Misstrauen, das gegenüber der Flughafen AG und den Bewilligungsbehörden herrscht - insbesondere gegenüber dem Zürcher Regierungsrat. Tatsächlich hat das Durchsickern des Projekts «Relief» der Zürcher Baudirektion nicht gerade zur Vertrauensbildung beigetragen. Es sieht offenbar eine Forcierung des Ostanflugs mit Verlängerung der Westpiste 10/28 vor. Auch bestätigte Volkswirtschaftsdirektorin Rita Fuhrer, dass die Forcierung des Ostanflugs in Kombination mit dem gekröpften Nordanflug unter Verzicht auf Südanflüge eine Lösung für den Lärmkonflikt sein könnte.

Das hat vor allem die Kantone und Gemeinden östlich des Flughafens in Rage versetzt. Sie unterzeichneten am 18. Juni eine «Charta Region Ost», die eine gerechte Verteilung des Fluglärms fordert. Südlich des Flughafens indes wird weiterhin gegen jegliche Anflüge gekämpft, und der Zürcher Stadtrat Robert Neukomm macht gegenüber der NZZ kategorisch klar, dass es eine Lösung mit Südanflügen nicht gebe. Trotzdem sieht Neukomm in der Mediation «eine letzte Chance».

An ein Gelingen der Mediation wollen scheinbar nur die Mediatoren so richtig glauben. Im Zürcher Kantonsrat jedenfalls gab man sich am letzten Montag eher resigniert, zumal man festgestellt habe, dass die einzelnen Interessengruppen in den Flughafenregionen auf ihren Position beharrten und auch die Rechtsmittel nicht sistiert worden seien. Am Ende, so die Befürchtung, wird nichts gewesen sein ausser Spesen.

NZZ, 25.06.2004