Lärmmessung auf Stundenbasis wäre teuer (NZZ)

Publiziert von VFSNinfo am

Anfluggegner üben Kritik am Durchschnittswert Leq 16

Der Fluglärm wird in den Tagesstunden zwischen 6 und 22 Uhr mit dem Durchschnittswert Leq 16 gemessen. Gegner von Süd- und zusätzlichen Ostanflügen bekämpfen die Methode, weil sie ihre Lärmbelastung nur ungenügend wiedergibt.

ark. Gemäss der Lärmschutzverordnung (LSV) des Bundes wird der Fluglärm als Basis für Entschädigungsansprüche in Form eines Tagesdurchschnitts bemessen. Vereinfacht gesagt wird die Belastung in den 16 Stunden zwischen 6 und 22 Uhr zusammengezählt und durch 16 geteilt. Die Gegner der Südanflüge und der zusätzlichen Ostanflüge kritisieren das Instrument als untauglich. Ihre Fluglärmbelastung erhalten die Betroffenen in konzentrierten Dosen: Im Süden zwischen 6 und 7 Uhr am Werktag und zwischen 6 und 9 Uhr an Wochenenden und süddeutschen Feiertagen. Im Osten wird abends zwischen 20 und 22 Uhr beziehungsweise zwischen 19 und 22 Uhr am Wochenende angeflogen. Das heisst, dass die Schallimmissionen aus einer Stunde oder wenigen Stunden Überflug durch 16 geteilt werden, was dazu führt, dass der Immissionsgrenzwert im Fall der Südanflüge nur in einem kleinen Teil von Schwamendingen zusätzlich überschritten wird.

Enorme finanzielle Auswirkungen

Den Ansatzpunkt für eine Verbesserung der Situation sehen die Kritiker in einer neuen Berechnungsart: «Wir wollen, dass der Durchschnittswert Leq auf Stundenbasis gemessen wird», sagt Thomas Morf, Präsident des Verbunds Flugschneise Süd - Nein (VFSN). Diese Messmethode ist bereits heute in der LSV verankert, allerdings nur für die Nachtrandstunden (5 bis 6 Uhr, 22 bis 23 Uhr und 23 bis 24 Uhr). Da in diesen Stunden auch die Grenzwerte tiefer sind, führen hier bereits wenige Flüge zu Grenzwertüberschreitungen. Um dies und die damit verbundenen Entschädigungsforderungen zu verhindern, hat der Flughafen die erste Landung am Morgen auf 6 Uhr 08 gelegt, so dass der Süden nicht vor 6 Uhr überflogen werden muss.

Thomas Morf will aus verhandlungstaktischen Gründen nicht erläutern, auf welche Weise der VFSN die geforderte Änderung anstrebt. Der Weg kann aber nur über politischen Druck und damit wohl in erster Linie über die Bearbeitung von Bundesparlamentariern führen. Diese müssten dann versuchen, den Bundesrat dazu zu bewegen, die von ihm erlassene LSV zu ändern. Dies dürfte aber ein schwieriges Vorhaben sein, da die Anpassung enorme finanzielle oder Flugbetriebs-technische Auswirkungen nach sich ziehen würde. Entweder muss der Flughafen künftig auf An- und Abflüge in den besagten Zeiten verzichten, oder er sähe sich konfrontiert mit massiv gestiegenen Kosten für Schallschutzmassnahmen und exorbitanten Entschädigungsforderungen.

«Steuerzahler müsste geradestehen»

Da eine derart massive Einschränkung des Flugbetriebs für den Flughafen kaum eine Option sein dürfte, käme wohl nur eine Lösung mit einer Entschädigung der Anwohner in Frage. Anwalt Urs Jordi von der Kanzlei Pestalozzi, Lachenal und Patry ist überzeugt, dass diese zusätzlichen Kosten den nicht auf Rosen gebetteten Flughafen überfordern würden. Es ginge hier laut Jordi, der sich als Vertreter von Anwohnern im Osten und Süden für Entschädigungen einsetzt, nicht nur um Schallschutzmassnahmen. «Ein Haus in Kloten, das in 40 Metern Höhe überflogen wird, oder auch ein Haus in Gockhausen können Sie nie genügend isolieren», sagt Jordi. Er ist der Meinung, dass der Flughafen hier eine Enteignung vornehmen und damit noch deutlich tiefer in die Tasche greifen müsste. Für Jordi ist klar, dass das Gemeinwesen und damit letztlich der Steuerzahler geradestehen müsste. Das ist seines Erachtens auch richtig, denn eigentlich handle es sich beim Flugverkehr ja um eine öffentliche Aufgabe.

NZZ, 08.06.2004