Vereint in der Kritik (NZZ)

Publiziert von VFSNinfo am
Die Fluglärm-Vereinigungen stellen sich mit ihren neuen Forderungen ins Abseits: Die Zürcher Politik reagiert mehrheitlich ablehnend auf den Ruf nach einer Limitierung der Transferpassagiere.

Andreas Schürer

Für Martin Arnold ist es schlicht und einfach ein «Blödsinn». Der SVP-Kantonsrat und Geschäftsführer des kantonalen Gewerbeverbandes meint über den von den beiden grössten Zürcher Bürgerorganisationen lancierten Vorstoss: «Von allen bisherigen Versuchen, den Flughafen Zürich zu beschränken, ist das der untauglichste.»

Arnolds Kritik zielt auf eine am Mittwoch lancierte Forderung der Vereine Flugschneise Süd – Nein (VFSN) und Bürgerprotest Fluglärm Ost (BFO). Die zwei Organisationen, die sich normalerweise über Flugrouten streiten, spannen zusammen und fordern in einer Petition, die Kapazität des Flughafens auf einen Anteil der Transferpassagiere von maximal 20 Prozent auszurichten; heute beträgt dieser rund 34 Prozent. Diese Vorgabe sei als politischer Auftrag im Sachplan Infrastruktur Luftfahrt (SIL) festzuhalten.

«Horrender Markteingriff»
Als «abstruse Idee» wertet diesen Vorstoss das Komitee Weltoffenes Zürich. Auf diese Weise würden die Konkurrenzfähigkeit im Standortwettbewerb und Zehntausende Jobs gefährdet. Auch die kantonale Volkswirtschaftsdirektion betont die Wichtigkeit der Transferpassagiere, die in Zürich umsteigen. Der Heimmarkt würde nicht genügend Passagiere hergeben, um so viele Destinationen direkt anfliegen zu können wie heute, teilt sie mit. Eine gute internationale Anbindung sei für den Wirtschaftsstandort Zürich aber zentral. Grosse Vorbehalte meldet auch Benno Scherrer an, der Chef der GLP-Kantonsratsfraktion. Der Ansatz, der einen «horrenden Markteingriff» bedeuten würde, sei wenig durchdacht und verkenne in seiner Radikalität, dass die Wachstumsmöglichkeiten des Flughafens schon heute begrenzt seien. Beat Walti, Präsident der kantonalen FDP, pflichtet dem bei. Eine gute Anbindung der Schweiz sei aber «absolut matchentscheidend». Mit ihrem Abnützungskampf schadeten die Bürgerorganisationen ihrer Glaubwürdigkeit, meint Walti, zumal der Vorstoss politisch chancenlos sei: «Mit Blick auf die bisherigen Abstimmungen braucht es ein gerüttelt Mass an Demokratie-Blindheit, wenn man verkennt, dass die Bevölkerung mit dem jetzigen Auftrag des Flughafens durchaus zufrieden ist.»

Kritisch äussert sich auch Robert Brunner, Kantonsrat der GP und nicht gerade für eine flughafenfreundliche Politik bekannt. Er meint zum Vorstoss der Bürgerorganisationen: «Das tönt gut, ist aber nicht umsetzbar – wie soll eine solche Limite der Transferpassagiere durchgesetzt werden?»

Lob von der SP
Offene Türen rennen die Bürgerorganisationen dafür bei SP-Kantonsrat Ruedi Lais ein. Bezüglich der Umsetzung setzt zwar auch er Fragezeichen. Die Forderung nach einer Änderung des politischen Auftrags für den Flughafen sei aber richtig. Das im SIL festgeschriebene Ziel, der Flughafen Zürich solle eine grosse europäische Drehscheibe des Weltluftverkehrs sein können, sei völlig falsch. Ab Zürich brauche es einige wenige Interkontinentalverbindungen und eine gute Anbindung an nahe Hubs wie Frankfurt, München oder London. Am allerliebsten wäre Lais, den Flughafen wieder zu verstaatlichen, um so die Wachstumszwänge der heutigen Aktiengesellschaft zu beerdigen. Doch das hält auch er für politisch kaum durchsetzbar.

NZZ, 15.12.2012