Fluglärmorganisationen lehnen Vertrag ab (Landbote)

Publiziert von VFSNinfo am
Die Bürgerorganisationen rund um den Flughafen sind über den Staatsvertrag informiert worden. Alle sprechen sich gegen den Vertrag aus – da «der Flughafen gewinnt, die Bürger verlieren».

Die Meinung bei den Fluglärmorganisationen war nach dem sogenannten «Info-Forum» am Montag so, wie sie schon zuvor gewesen war: Die Vereine aus dem Süden, Westen, Norden und Osten lehnen den zwischen Deutschland und der Schweiz ausgehandelten Staatsvertrag ab. Dieser sei «für den Flughafen und gegen die Bevölkerung», heisst es etwa beim Bürgerprotest Fluglärm Ost (BFO). Der Flughafen verfüge über eine Carte blanche, was dieser wolle, setze Bundesrat und Regierungsrat um, sagt Thomas Morf, Präsident des Vereins «Flugschneise Süd Nein». 

Die Bürgerorganisationen sowie weitere Interessengruppen wie das Komitee «Weltoffenes Zürich» wurden von Vertretern des Flughafens und des Bundesamtes für Zivilluftfahrt über den Staatsvertrag informiert. Unter der Leitung von Volkswirtschaftsdirektor Ernst Stocker fand anschliessend ein Meinungsaustausch statt. 

Das Ziel steht fest 

Ändern werde sich aber nichts, sind die Teilnehmer überzeugt. «Die Pläne sind relativ fix», glaubt Morf. «Wir haben jetzt ein paar Tage Zeit für eine schriftliche Stellungnahme», sagt Felix Jaccaz, Präsident des Dachverbandes Fluglärmschutz, der Vereine aus dem Westen, Norden und Osten vertritt. «Diese wird dann wohl fein säuberlich abgelegt und in der Masse verschwinden.» 

Bundesrätin Doris Leuthard sprach bei der Präsentation des Staatsvertrages von einer «fairen Lastenverteilung», die es zu finden gelte. Doch was sich abgezeichnet hat, wurde nun auch den Bürgerorganisationen klar: Die zusätzlichen Anflüge am Abend – statt ab 21 Uhr schon ab 18 Uhr – dürften über Osten erfolgen. Die Pistenverlängerungen, die zwar nicht explizit im Staatsvertrag aufgeführt sind, werden für die Umsetzung des Vertrags als «unumgänglich» bezeichnet, da sonst eine Kapazitätseinbusse droht. Und auch der Süden bleibt – obwohl die morgendlichen Anflüge zugunsten des gekröpften Nordanfluges verschwinden sollten – witterungsbedingt nicht von Anflügen verschont. 

«Mit erschreckender Kaltblütigkeit wurden uns die Vorteile des Staatsvertrages präsentiert», hält der BFO fest. Es sei nur von betrieblichen Optimierungen die Rede gewesen. «Die Nachteile wird ausschliesslich die Bevölkerung tragen müssen.» Felix Jaccaz sieht ebenfalls alle Regionen als Verlierer. So werde natürlich der Norden nicht entlastet, nur weil drei Stunden früher auf das Ostkonzept umgestellt werde und die Anflüge wegfielen – in dieser Zeit werde dafür die Region durch Starts belärmt. 

Gewisse Ruhezeiten gefordert 

Dass bei einer Ablehnung des Staatsvertrages Deutschland die einseitig erlassenen Massnahmen verschärfen wird, glaubt Jaccaz nicht. «Das kann sich Deutschland gar nicht erlauben – sonst würde die Bevölkerung rund um deutsche Flughäfen ebenfalls solche Forderungen nach Entlastung stellen.» 

Um die Schweizer Bevölkerung zu entlasten, forderte Jaccaz am «Info-Forum», dass An- und Abflugrouten generell getrennt werden: «Wird an einem Ort gerade nicht angeflogen, sollen in dieser Zeit auch keine Abflüge stattfinden, damit die Anwohner nicht gestört werden.» Und Thomas Morf forderte plakativ: «Keine deutschen Flugzeuge während der deutschen Sperrzeiten.» Er verwies auf das Departement für auswärtige Angelegenheiten: Dieses schreibt auf seiner Homepage, dass die Beziehungen zwischen der Schweiz und Deutschland belastet seien. Und: «Die deutschen Massnahmen sind erstaunlich.» Würden doch 70 Prozent der Bewegungen am Flughafen von deutschen Fluggesellschaften ausgeführt oder solchen, die in deutschem Besitz seien. 

Oliver Graf

Landbote, 03.10.2012