Lärmgeplagte im Süden des Flughafens rätseln über die beste Abstimmungsstrategie (TA)

Publiziert von VFSNinfo am
Befürworter und Gegner der beiden Flughafen-Vorlagen, über die am 27. November abgestimmt wird, trafen sich zum Streitgespräch.

Zumikon – Soll sich der Regierungsrat künftig gegen Pistenausbauten einsetzen müssen, wie dies 42 Gemeinden aus dem Norden, dem Westen und dem Osten des Flughafens sowie der Kantonsrat befürworten? Oder ist es besser, wenn die Regierung zusätzlich auch zwingend Stellung beziehen muss für die Rückkehr zum Flugbetrieb, der vor dem Jahr 2000 geherrscht hat, wie dies der Verein Flugschneise Süd Nein (VFSN) verlangt? Über diese Fragen müssen die Bürger am 27. November abstimmen. Gestern diskutierten in Zumikon die Vertreter aller Lager darüber.

Wer sich allerdings mehr Klarheit in der Frage erhofft hatte, was denn dem Süden letztlich zu am meisten Ruhe verhelfen würde, wurde nicht wirklich klüger – das zeigten die Voten aus dem Publikum. Die Verwirrung hat einerseits damit zu tun, dass die Gemeindebehörden der Südgemeinden beide Vorschläge verwerfen. Sie setzen auf eine Verlängerung der Piste 10/28 in Richtung Rümlang, weil dann auch bei schlechtem Wetter von Osten her angeflogen werden könnte. «Wir verbauen uns mit einem Ja alle Optionen, bevor wir eine Diskussion geführt haben», sagte Bruno Sauter, Gemeindepräsident von Maur und Vertreter der Südgemeinden.

Anderseits tat sich der sonst eloquente und streitfreudige Thomas Morf, Präsident des VFSN, spürbar schwer damit, sich dezidiert für «seinen» Gegenvorschlag einzusetzen. Zwar betonte Morf, mit der Rückkehr zum früheren Flugregime würden nachweislich am wenigsten Leute beschallt. «Das ist unsere Philosophie: Möglichst wenig Leute mit möglichst wenig Fluglärm zu beschallen.» Dennoch zeigte er Sympathien für eine Verlängerung der Piste 10/28: «Klar ist, dass wir damit abends weniger Anflüge haben.» Auf die Frage von Gesprächsleiter Filippo Leutenegger, weshalb es dann einen Gegenvorschlag brauche, der «alle Optionen, also auch diese, verbaut», meinte Morf sarkastisch: «Wenn wir schon alle Optionen verbauen, dann verbauen wir sie wenigstens so, dass es für alle fair ist.» Deutlich war Morf nur in seinem Nein zur Hauptvorlage: Diese zementiere die Südanflüge und, noch schlimmer, sie führe zu Starts geradeaus nach Süden.

Thomas Kern zerstört Illusionen

Nicht gross punkten konnte Thomas Hardegger, frisch gewählter SP-Nationalrat und Gemeindepräsident von Rümlang. Er trat als Vizepräsident des Schutzverbands für ein doppeltes Ja ein – und nur schon deswegen schlug ihm im Saal ein gewisses Misstrauen entgegen. Hardegger betonte, dass die anderen Gemeinden nichts gegen den Süden hätten: «Wir haben die Südanflüge nicht gewollt.» Er bezweifelte aber grundsätzlich den Nutzen einer Pistenverlängerung: «Die 10/28 ist auch dann noch die kürzeste Piste. Sie steht nicht bei jedem Wetter zur Verfügung, und sie bleibt die am wenigsten sichere Piste.»

Flughafenchef Thomas Kern fand von den vier Rednern die klarsten Worte – zuweilen wirkte er als Einziger wirklich sattelfest. Was er zu sagen hatte, konnte dem Publikum aber nicht gefallen. Er zerstreute jegliche Illusionen, dass Deutschland die Einschränkungen bei den Anflügen fallen lassen könnte; und er machte ebenso klar, dass ein gekröpfter Nordanflug wohl kaum realisierbar ist. Die einzige vernünftige Option sei eine Verlängerung der Piste 10/28.

Zwar zeigte Kern, selbst in Zumikon wohnhaft, gewisse Sympathien für den Gegenvorschlag, aber: «Wenn Sie Ja zum Gegenvorschlag sagen, sagen Sie auch Ja zur Hauptvorlage. Denn diese ist im Gegenvorschlag enthalten. Das ist ein Konstruktionsfehler.»

Tages-Anzeiger, 27.10.2011, Seite 19